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Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Wesemann
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bestimmten Winkel besser erkennbar schien. Er drehte sich das Licht so, dass er die Arbeit in den Ziegeln genau erkennen konnte, und seine Augen wurden unscharf.
Er saugte das Bild vor sich auf und genoss es. Er wusste, dass ER derjenige war, der dieses Geheimnis der Wand entlockt hatte.
Er dachte sich auch, dass Ellie deswegen einen Hauch neidisch war und lag damit völlig richtig.
Aber sie hatte es ja nun einmal selbst entschieden, sich mit den Schmökern einzugraben und sich all dem Terror der schlaflosen Nächte und wüsten Träume auszusetzen.
Er gönnte sich diesen kleinen Triumph, ohne dabei schadenfroh oder überheblich zu sein.
Er streichelte über die Wand und sagte zu Elvira:
    „Komm, Ellie. Lass uns essen gehen. Ich habe Hunger irgendwie.“
     

055
     
    Elvira war nicht wirklich neidisch auf Gerd. Sie gönnte ihm seinen Triumph auf eine generöse Art.
Aber dennoch fühlte sie sich etwas in die zweite Reihe zurückgedrängt.
Und am meisten beschäftigte sie der Brief von Parker.
Ihr war völlig unverständlich, wieso er ihnen einfach so, ohne Vorankündigung die Gelder gestrichen hatte.
Und erreichbar war er ja nun auch nicht mehr. Zurückgezogen sei er, hieß es.
„ Von wegen. Abgeschottet hat er sich, und wohl einen Batzen Geld mit in seinen Urlaub für den Rest des Lebens eingepackt.
So wird’s sein“ , mutmaßte Elvira drauflos.
    Sie war den Abend über vergleichsweise still, und zog sich mit Hinweis auf die restlichen zu lesenden Schriften auch ziemlich früh zurück.
Gerd verstand das. Natürlich verstand er das.
Wie er immer alles verstand.
Auch dann, wenn er gar nichts verstand, „verstand“ er es.
So war Gerd einfach.
Als Ellie nun wieder in ihrer Kemenate war, Pardon. Als sie auf ihrem Zimmer war, verfolgte sie wieder ihr kleines Ritual und wappnete sich mit all dem, was sie zum Lesen brauchen würde.
Und sie begann erneut damit, in Amadeus Welt abzutauchen.
    „Ich erholte mich langsam und die Freiin Katterein half an meiner Statt in unserem Lager, dass sich schon alsbald das Hospital schimpfte.
Es gab immer wieder neue Fälle, von Beulenkrankheit und auch – wenn auch ungleich seltener- der Krankheit der Wiederkehrer.
Auch wenn die umliegenden Dörfer und Weiler von Leon und seinen Mannen besucht wurden, so gab es doch rechte Wellen der Krankheiten, die immer wieder über uns wogten.
Wir hatten Zeiten, in denen unser Lager beinahe leer zu sein schien, und dann kamen ein halbes Dutzend Kranker an einem Tag hinzu.
Wir pflegten einen Jeden. Ob alt ob jung, ob mit Beulen oder einem Arm der geschient werden musste.
Wir besaßen kaum genug Erfahrung einen Menschen zu schneiden, oder gar ihm die rechte Medizin zu geben.
Aber dennoch gaben wir unser Bestes.
Jeden einzelnen Tag.
Und dass wir die Beulen schnitten, verhalf vielen ins Leben zurück.
Manch einer mag sagen, dass es diese auch ohne das Öffnen der eitrigen Geschwülste überlebt hätten, da es alleine Gottes Entscheidung ist, wen er leben lässt und wen nicht.
Aber dennoch waren wir alle der Meinung, dass es das Richtige sei.
So gingen viele, viele Tage ins Land, an denen die Geißel auszog um die Seuche zu schlagen.
So viele, die sich glichen wie ein Ei dem anderen.
Menschen kamen, Menschen starben, Leichen erhoben sich und wir töteten sie erneut, Körper die brannten. So viele Tage, die immer gleich waren, aber wir blieben eisern und kämpften gegen die Seuche.
    Jedoch einer der Tage war besonders, und von diesem möchte ich euch noch erzählen.
Ich war in unserem Lager und verband einem verletzten Mann den Arm.
    ‚Amadeee-us!‘, hörte ich hinter mir.
    Niemand sprach diesen Namen mit einem so lang gedehnten E aus, wie ein Italiener. Und ich erkannte die Stimme auch sofort. Schon bevor ich mich zu ihm herum drehte, wusste ich, wer bei mir stand.
Luciano Saltonato.
    ‚Ciao amico mio, come stai? Quello che stai facendo qui?’, platzte es aus ihm heraus.
Ich beantwortete die Frage nach meinem Befinden und was ich hier tun würde, gewissenhaft und doch kurz.
    ‘Mir geht es gut, Luciano. Gracie. Und ich pflege hier in diesem, unserem Hospital, Kranke und Sterbende. Doch, was führt Euch her?’
    ‘Michele geht es schlecht. Es fing an in Colonia. Er hustete stark und immer stärker.
Wir waren sogar in der großen heiligen Kirche und am Schrein der Drei Könige, aber es half nichts. Er wurde immer matter.
Die Medici schickten uns fort, weil wir aus dem Süden stammen. Sie murmelten etwas von Bringer der Pestilenzia und ließen uns

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