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Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Wesemann
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nach dem Maul redet, dünkt mich nicht ungewöhnlich. Aber selbst eure Nichte, euer Gesinde, einfach alle? Das wundert selbst einen wie mich.‘
    Leon erhob sich wieder und stand wackelnd vor dem Herrn seines Herrn.
    ‚Ihr solltet dankbar sein. Dem Herrn auf Knien danken. Dafür, dass es Männer wie Jacobus, Matthes, Konradus und Hensslin gab. Dass es Weiber gab, wie Hanna von der Mittelwerth und Adelheid aus Hergendorf, die Tochter des Schuhmachers, die ihr Leben gab um Hilfe zu holen, die IHR hättet sein müssen.‘
    Schwitzend vor Fieber wankte er auf den Freiherren zu und dieser ließ seine Hand sinken, als er sich auf zehn Fuß genähert hatte.
Pfeile prasselten auf Leonhardt ein und durchschlugen seinen Körper.
Beinahe ein ganzes Dutzend durchbohrten ihn und er röchelte Blut hervor.
Sein Blick traf den der Freiin, die ihn kalt und dennoch fast mitleidig anblickte.
Sie hatte versucht sein Herz zu brechen und nun auch dafür gesorgt, dass es aufhören würde zu schlagen.
Er hatte nie Hand an sie gelegt, auch wenn es ihn gewiss danach gelüstet hatte.
Er war bis zum Ende ein Mann der Ehre.
Er hatte sich nur ein einziges Mal widersetzt und das wurde ihm nun zum Verhängnis.
    Warum von Wanda nicht schon früher seine Schützen ihre Pfeile senden ließ, sondern sich die schmähenden Worte des sterbenden Mannes über sich ergehen ließ, erfuhren wir nie.
Vielleicht war er zu aufgeregt und involviert. Vielleicht gedachte er auch, sich das anzuhören, was der Bogenschütze seines Schwagers zu sagen hatte, um sich am Ende über Leben und Tod zu entscheiden.
Aber so aufbrausend und wütend wie er war, erschien uns allen das was er tat, nicht als logische Folge von Leonhardts Rede, sondern vielmehr als Denkzettel und Exempel für Andere.
    Ich eilte zu ihm und warf mich zu Boden. Ich nahm Leons Kopf und bettete ihn auf meinem Schoß.
Er blickte mich an. Blutend und dahinscheidend.
Sein Atem war voller Blut und er hustete aus.
Sein Blick fragte mich ‚Warum?‘ und ich konnte ihm keine Antwort geben.
    Erst Jahre später verstand ich das Kalkül des Freiherren, der dafür sorgen musste, dass die Autorität seines Standes erhalten bleibt.
Hätte sich gezeigt, dass ein einfacher Bogenschütze, sich das Recht herausnehmen konnte, seine Tochter zu entführen und all die Streifzüge ungestraft zu unternehmen, so wäre dies einer Erlaubnis gleichgekommen, sich gegen ihn aufzulehnen.
Auch, wenn weder das Eine, noch das Andere der Wahrheit entsprach.
So war es, wie es Heinrich von Wanda und mein Onkel verkündeten. Wie es überliefert und in jedem Dorf südlich von Köln bekannt gemacht wurde.
    So lag Leonhardt also in meinen Armen. Und alles was ich ihm hätte sagen wollen in all den Jahren endete in einem Satz.
    ‚Lebe wohl, mein Sohn!‘
    Er sollte nie erfahren, dass es die Wahrheit war.
Er starb im Glauben, dass er der Sohn des Jacobs aus Hergendorf und seiner Frau Maria war.
Und nicht der Sohn eines jungen Novizen, der in einer sündigen Nacht seiner Lust erlegen war.
Eines Mannes, der sich entschied, den Weg Gottes zu gehen und der von Gotthilf aus Zudendorp zu Amadeus aus Blaubach wurde.
Ja, so war es.
Leonhardt war die Frucht meiner Lenden.
Dies beichte ich hier und jetzt, im Angesicht des Gottes, dem ich abgeschworen habe.
Im Angesicht des einen Gottes, dem ich nun entsage, da mein Ende naht und ich meinen Sohn wiedersehen werde.
In welcher Nachwelt auch immer ich sein werde, ich werde ihn sehen und auch ihm beichten.
Welch feiger Hund ich war, nicht zu seiner Mutter zu stehen und meinen Altvorderen zu trotzen.
Welcher Stolz mich getrieben hat, doch das Studium der Theologen aufzunehmen.
Ich werde ihm beichten, wie ich voller Neid und Missgunst den Mann sah, der Maria aufgenommen hatte, obwohl sie das Kind eines anderen unter dem Herzen trug.
Der ihn aufgenommen hat, als wäre er sein eigen Fleisch und Blut.
Ich werde ihm erzählen welche Bußen ich mir selbst auferlegt habe, und ihm meinen narbigen Rücken zeigen.
So, dass er sehen kann, wie ich gebüßt habe in vielen, vielen Nächten.
    Er starb in meinen Armen, und er kehrte in eben diesen wieder zu uns zurück.
Ich wachte viele Stunden mit ihm bei mir und spürte, wie die Bewegungen in seinen Körper zurückkehrten.
Sein Geist jedoch blieb ihm fern.
    Seine Hand packte meinen Arm und hielt mich fest. Erst zaghaft und zuckend, dann immer bestimmter und fester.
Und als er die Augen aufschlug, sah ich, dass sie leblos waren.
Es waren die weißen, trüben, gierigen

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