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Der Sichelmoerder von Zons

Der Sichelmoerder von Zons

Titel: Der Sichelmoerder von Zons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
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blickte sich dabei suchend um.
    „Wo habe ich sie nur aufbewahrt“, sprach er mehr zu sich selbst als zu Bastian.
    „Ah, mir fällt es wieder ein!“
    Er ging auf einen alten Schrank in der Ecke des Raumes zu und versuchte ihn beiseitezuschieben. Bastian sprang zu ihm hin und half ihm. Der schwere Eichenschrank bewegte sich zunächst gar nicht. Dann spannte Bastian seine Muskeln an und mit einem schrillen Quietschen schrammte der Schrank über den uralten Steinboden. Dieser Schrank musste hunderte Jahre dort gestanden haben. Riesige Spinnweben kamen zum Vorschein und auf dem Boden konnte Bastian jede Menge Kellerasseln entdecken, die mit schnellem Krabbeln versuchten, wieder in die Dunkelheit zu entrinnen. Pfarrer Johannes schenkte dem Ungeziefer wenig Beachtung und griff mitten durch die Spinnweben hindurch an die Wand. Dort tastete er eine Weile herum, bis er einen kleinen Hebel erreichte und diesen mit Schwung nach oben drehte. Mit einem leisen Klick öffnete sich ein Spalt in der dicken Kirchenwand. Pfarrer Johannes griff in den Spalt hinein und holte ein Leinentuch hervor. Das Tuch sah uralt und verblasst aus. Ein unangenehmer, muffiger Geruch breitete sich in Bastians Nase aus, doch er war viel zu neugierig, um sich dadurch ablenken zu lassen. Gebannt beobachtete er, wie Pfarrer Johannes das Leinentuch auf einen kleinen Tisch ablegte und dann begann, das Tuch aufzuschlagen. Bastian traute seinen Augen nicht, als eine silberne Kette zum Vorschein kam. Die Kette sah genauso aus, wie die, die er in der Hand hielt. Am Ende der Kette baumelte ein Schlüssel. Auch dieser hatte frappierende Ähnlichkeit mit dem Schlüssel in Bastians Hand.
    Der alte Pfarrer grinste Bastian an.
    „Ich hätte nie gedacht, dass mich das hier zu meinen Lebzeiten trifft und dass ausgerechnet Ihr derjenige seid, der mit dem Schlüssel zu mir kommt.“
    Bastian verstand kein Wort. Was wollte der Pfarrer ihm damit sagen? Verständnislos blickte er den Alten an.
    „Setzt Euch mein lieber Junge und ich werde Euch in mein Geheimnis einweihen. Ein Geheimnis, welches seit vielen Generationen von einem zum Nächsten getragen wird und welches heute Euch, dem Überbringer des silbernen Schlüssels, offenbart wird.“
    Fassungslos setzte Bastian sich auf den nächsten Stuhl, den er erblickte. Was ging hier vor sich? Was für Geheimnisse verbarg Johannes da vor ihm?
    „Als der Erzbischof Friedrich von Saarwerden vor über einhundert Jahren zuerst den Rheinzoll von Neuss hierher nach Zons verlegte und ein weiteres Jahr später diesem Ort die Stadtrechte verlieh, beschloss er, die Stadt zu befestigen. Er ließ eine riesige mit Basaltsteinen verstärkte Mauer rund um die Stadt herum errichten. Diese Mauer sollte dem Schutz der Stadt und der Sicherung der Zolleinnahmen dienen. Doch der Erzbischof hatte noch etwas anderes, was er zu schützen versuchte. Da der Bau der Stadtmauer jedoch fast einhundert Jahre andauern sollte und Friedrich von Saarwerden wusste, dass er zu seinen Lebzeiten die Vollendung der Festung nicht mehr erleben würde, beauftragte er den damaligen Pfarrer mit dem Schutz seines Heiligtums.
    Von diesem Tag an wurde jedem neuen Pfarrer von Zons das Geheimnis der silbernen Kette mit dem Schlüssel weitergegeben, damit er es hüte und notfalls mit seinem Leben verteidige. Erst wenn jemand mit dem gleichen Schlüssel in der Kirche erscheint, muss das Geheimnis offenbart werden, um den Schatz des Erzbischofs Friedrich von Saarwerden zu schützen.“
    Nachdenklich ließ der alte Pfarrer Johannes den silbernen Schlüssel vor seinen Augen hin- und herpendeln. Dann fuhr er fort:
    „Bastian, Ihr habt doch sicher schon davon gehört, dass die Bruderschaft St. Sebastianus eine Truhe hütet. Diese Truhe kann nur mit drei Schlüsseln gemeinsam geöffnet werden.“
    Bastian erinnerte sich daran, wie Wernhart an dem Abend in der Schenke „Zur alten Henne“ über die Schützentruhe und die drei Schlüssel, die zu ihrer Öffnung nötig sind, gesprochen hatte. In seinem Geiste sah er deutlich vor sich, wie die Kette mit dem Schlüssel quer über den Tisch gereicht wurde. Wahrscheinlich war es genau die Kette, die er einen Tag später aus dem Hals des armen Benedict Eschenbach herausgezogen hatte.
    „Die St. Sebastianus-Bruderschaft soll diese Truhe hüten. Sie darf nicht geöffnet werden. Deshalb werden alle drei Schlüssel an drei verschiedenen Orten aufbewahrt. An dem Tag, an dem zwei Schlüssel an einem Ort gleichzeitig auftauchen, muss der

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