Der Sichelmoerder von Zons
und nahm einen roten Stift zur Hand. Schnell strich er die vier Männernamen, die er kurz zuvor auf seinem Zettel markiert hatte, durch. Dann folgte er einem plötzlichen Impuls, nahm einen blauen Stift in die Hand und fügte den Namen von Jimmy Henders hinzu.
Klaus runzelte erstaunt die Stirn, sagte jedoch kein Wort. Er grinste Oliver an und ergriff seinen blauen Stift. Dann schrieb er zwei weitere Namen auf das Whiteboard.
„Woher hast du diese Namen?“, fragte Oliver verwirrt.
„Dasselbe könnte ich dich fragen!“, entgegnete Klaus.
Oliver fügte zwei weitere Spalten hinzu. In den Überschriften notierte er: „Beruf“ und „Datum des Verschwindens“. Dann füllte er die Zeile für Jimmy Henders aus.
Name: Jimmy Henders
Beruf: Banker
Datum des Verschwindens: Freitag, 22. Juni 2012
Herausfordernd sah er Klaus an. Dieser ließ sich nicht lange bitten und ergänzte seine Zeilen ebenfalls.
Name: Jörg Plaggenwald
Beruf: Banker
Datum des Verschwindens: Freitag, 15. Juni 2012
Name: Kerstin Hohenstein
Beruf: Bankerin
Datum des Verschwindens: Freitag, 08. Juni 2012
Verblüfft stellte Oliver fest, dass alle drei Personen an einem Freitag verschwunden waren. Das war die zweite Gemeinsamkeit, welche die Personen auf der Liste miteinander verband. Die Erste war, dass sie allesamt bei Banken arbeiteten.
„Woher hast du deine Namen?“, fragte Oliver.
„Ich habe nicht nur eingekauft, sondern bin noch am Labor vorbeigefahren. Sie waren gerade fertig mit den DNA-Analysen und hatten bei zwei Funden einen Treffer in der Datenbank.“
...
Sie hatten sie viel schneller gefunden, als er es erwartet hatte. Wahrscheinlich war er doch in zu großer Hektik aus der Waschanlage verschwunden. Es wäre besser gewesen, wenn er ihre Leiche mitgenommen und wie die anderen beseitigt hätte. Wütend schlug er sich mit der Geisel auf seinen nackten Rücken. Wie konntest du nur so unvorsichtig sein? Hätte er die Leiche entsorgt, wären sie ihm längst nicht so dicht auf den Fersen. Aber was hätte ich denn tun sollen? Zur Antwort sauste die Peitsche erneut auf seine Haut nieder. Feine, blutige Rinnsale liefen seinen nackten Rücken hinunter und tropften mit hellroter Farbe auf das Handtuch, auf dem er kniete. Die Glocke schlug. Laut und deutlich konnte er ihren hellen Klang in seinen vom Schmerz rauschenden Ohren hören. Er blickte auf die Uhr. Es war an der Zeit.
Schnell stand er auf und öffnete die Truhe mit der goldenen Sichel. Mit einer ehrwürdigen Geste nahm er sie heraus und fuhr mit seinem Zeigefinger prüfend über die scharfe Klinge. Dann ging er zu einem seiner Monitore und zoomte sein neues Opfer heran. Wie ein Riesenembryo lag der blutende Mann gefesselt in dem kleinen Kofferraum des Wagens, den er extra für ihn besorgt hatte. Er war immer noch bewusstlos. Das war schade, aber er würde sein Bestrafungsritual sowieso ändern müssen. In die Waschanlage konnte er nicht mehr zurück und in so kurzer Zeit würde er auch keine Alternative finden. Es wäre besser, du würdest verschwinden! , sagte eine leise Stimme in seinem Hinterkopf. Jetzt sei kein Feigling! , erwiderte ein strenges Krächzen die Bedenken. Es sind doch nur noch drei Sünder. So schnell werden sie dich nicht entdecken. Du hast alle Zeit, die du brauchst. Gott ist bei dir! Und danach tauchst du unter!
...
Anna und Emily hatten sich in der Toilette des Kreismuseums versteckt. In knapp zehn Minuten würde das Museum seine Pforten schließen und dann könnten sie sich in den Keller schleichen. Emily hatte in den letzten Tagen Erkundigungen eingeholt und herausgefunden, dass es durch den Keller eine Verbindung zu der Baustelle auf dem Museumsvorplatz gab. Bei der Umgestaltung des Museumsvorplatzes, der früher der Marktplatz von Zons war, hatten die Bauarbeiter ein uraltes Kellergewölbe entdeckt. Emily vermutete, von dort aus einen Zugang zum Labyrinth zu finden. Sie war wahnsinnig aufgeregt und konnte es kaum erwarten, endlich loszulegen. Heute Morgen noch hatte sie große Teile ihrer neuen Reportage über den „Sichelmörder von Zons“ vervollständigt und jetzt wollte sie unbedingt dem Schatz des Erzbischofs von Saarwerden auf die Spur kommen. Das würde der Höhepunkt ihrer Geschichte werden.
Schlürfende Schritte rissen Emily aus ihren Gedanken. Das Geräusch kam immer näher. Besorgt blickte sie zu Anna hinüber. Hoffentlich werden wir nicht entdeckt! Die Tür zur Damentoilette wurde
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