Der Sichelmoerder von Zons
dachte er und fügte laut hinzu: „Sie war als Kundenberaterin bei einer Düsseldorfer Bank tätig.“
„Was ist mit dem Güllewagen?“, fragte Steuermark.
„Es konnten eindeutig Spuren von Salzsäure nachgewiesen werden. Allerdings nur im Gülletank des Wagens direkt. Die Bodentanks waren alle sauber.“ Oliver huschte ein Grinsen bei seinen letzten Worten über das Gesicht. „Na ja, so sauber, wie ein Bodentank vollgestopft mit stinkender Gülle eben sein kann!“
Steuermark machte halt und dachte nach.
„Dann wurden die Knochenreste also direkt in den Güllewagen entsorgt?“
„Offenbar, ja.“
„Wusste Frederick Köppe, was er da auf den Feldern verteilt hat?“
„Wir glauben, dass er es wusste. Aber aufgrund seiner geistigen Einschränkungen kann er es nicht alleine gewesen sein. Wir können es nur noch nicht beweisen. Aber seine Reaktion bei der Befragung war ziemlich eindeutig.“ Oliver erinnerte sich deutlich an die Lüge, die Frederick Köppe ihm so offensichtlich aufgetischt hatte.
„Also gut, meine Herren. Ich möchte, dass Sie sämtliche Telefonate, Facebook-Kontakte und sonstige Internetaktivitäten von Köppe untersuchen. Begeben Sie sich sofort an die Arbeit und finden Sie heraus, was für Hintermänner er hat.“ Steuermark blickte auf seine Uhr. „Morgen um dieselbe Zeit erstatten Sie mir wieder Bericht. Und diesmal will ich etwas Handfestes von Ihnen haben. So eine Pressekonferenz wie heute brauche ich so schnell nicht wieder!“ Er wischte sich bei diesen Worten kleine Schweißperlen von seiner Stirn.
„Ach ja und vergessen Sie nicht, vorher diesem Materialfriedhof im Chemiepark Dormagen einen Besuch abzustatten. Ich will wissen, was dort alles herumliegt und wie gut dieses Restelager gesichert ist. Also meine Herren, ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag!“
...
Am Montag nach der Kundenveranstaltung war Jimmy immer noch verschwunden. Anna hatte ihm am Wochenende ein paar SMS geschrieben und sogar einmal versucht, ihn anzurufen, doch sein Handy war ausgeschaltet. Sie hatte sich geärgert und vor ihrem inneren Auge sah sie, wie Jimmy zusammen mit der blonden jungen Frau von der Bar ein amouröses Wochenende verbrachte, während sie selbst anfing, sich zu sorgen. Aber die Tatsache, dass er heute nicht in der Bank erschienen war, ließ sie stutzig werden. Keine Frau auf dieser Welt könnte den ehrgeizigen Jimmy von seinem Job abhalten. Er war geradezu süchtig danach, auf den Bildschirm zu starren und die Kurse etlicher Wertpapiere im Sekundentakt zu verfolgen.
Anna überlegte angestrengt, was sie jetzt tun sollte. Einem ersten Instinkt folgend griff sie zu ihrem IPhone und wollte Emily anrufen, doch dann hielt sie inne. Sie hatte Emily das halbe Wochenende mit ihrer Sorge genervt und wollte ihre Geduld nicht überstrapazieren. Die fleißige Emily hatte fast die ganze geplante Tour ins Zonser Labyrinth alleine vorbereitet, weil Anna mit ihren Gedanken einfach nicht bei der Sache war. Angefangen von Outdoor Taschenlampen, die man mit einer kleinen Kurbel wieder aufladen konnte, bis hin zu atmungsaktiver Kleidung und selbstleuchtender Farbe, mit der man die verschlungenen Wege im Labyrinth markieren konnte, hatte Emily an alles gedacht. Annas Nerven vibrierten. Sie musste irgendetwas unternehmen. Emily könnte es vielleicht ihrem Kommissar Oliver erzählen. Anna war sich sicher, dass dieser innerhalb kürzester Zeit herausfinden konnte, wo Jimmy sich aufhielt. Sie zögerte noch einen Augenblick und wählte schließlich Emilys Nummer.
...
Oliver konnte diesen arroganten Typen einfach nicht ausstehen. Bewundernd betrachtete er Klaus, der - obwohl er Karl Rotenburg ebenfalls nicht leiden konnte - freundlich mit dem Pressesprecher des größten Chemiekonzerns in Dormagen plauderte. Mit einem kleinen weißen Firmenbus waren sie bis ganz an den hintersten Rand des riesigen Chemieparks gefahren und standen jetzt auf dem sogenannten Materialfriedhof, der sich wie ein unendlicher Schlauch, von dickem Stacheldraht umzäunt, einen Kilometer in der Länge ausdehnte. Sie liefen einen schmalen Pfad inmitten von altem Gerümpel entlang. Riesige ausgediente Stahlbehälter wechselten sich mit Eisengerüsten und alten Messgeräten ab. Als sie am Ende des Materialfriedhofs angekommen waren, nahm Oliver eine Bewegung in seinem rechten Augenwinkel wahr. Er sah sich um und erblickte einen großen schwarzen Raben, der sich wie ein Todesvogel auf einen Kadaver
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