Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
Male öffnen würde. Daß sie nach ihr rufen, sie aus dem Schlaf wecken, sie von ihren Freunden fortreißen und ihr alle Träume rauben würde. Und alles wegen eines kleinen Jungen, der nicht die geringste Zukunft hatte, außer dem Tod durch dunkles Wasser, wenn sie nicht diesen Mutterkuchen benutzte, um ihn zu schützen, so wie er ihn einst im Mutterleib geschützt hatte.
    Einen Augenblick lang war sie zornig darüber, daß ihr eigenes Leben sich so verändert hatte. Es war schlimmer als das Eintreffen des Hufschmieds, schlimmer als Papa und die Haselgerte, mit der er sie verhaute, schlimmer als Mama, wenn ihre Augen zornig waren. Alles würde ab nun völlig anders sein, nur wegen eines Babys, das sie nie gebeten hatte, hierher zu kommen. Was hatte sie schon mit irgendeinem Baby zu schaffen?
    Sie griff nach der Schachtel und öffnete sie wieder, wollte die Nachgeburt hervorholen und sie in eine dunkle Ecke des Dachstuhls schleudern. Doch selbst in der Dunkelheit konnte sie einen Ort erkennen, wo es noch dunkler war: in der Nähe ihres Herzensfeuers, wo die Leere des tiefen, schwarzen Flusses im Begriff war, eine Mörderin aus ihr zu machen.
    Mit mir nicht, sagte sie zu dem Wasser. Du bist nicht Teil von mir.
    Bin ich doch, flüsterte das Wasser. Ich bin überall in dir, und ohne mich würdest du austrocknen und sterben.. Jedenfalls bist du nicht mein Boß, erwiderte sie.
    Sie schloß den Deckel der Schachtel und rutschte die Leiter hinunter. Papa meinte immer, daß sie auf diese Weise Splitter in den Hintern bekommen würde. Diesmal behielt er recht. Es stach ziemlich heftig, so daß sie irgendwie seitwärts in die Küche gehen mußte, wo Altpapi war, der versuchte, ihr den Splitter herauszuziehen.
    »Meine Augen sind nicht gut genug dafür, Maggie«, klagte er.
    »Du hast die Augen eines Adlers, meint Papa.«
    Altpapi gluckste. »Ach ja, meint er das.«
    »Was gibt es zum Abendessen?«
    »Oh, dieses Abendessen wird dir schmecken, Maggie.«
    Kleinpeggy rümpfte die Nase. »Riecht wie Huhn.«
    »Ist es auch.«
    »Ich mag keine Hühnersuppe.«
    »Nicht bloß Suppe, Maggie. Das Huhn wird gerade geröstet, bis auf den Hals und die Flügel.«
    »Ich hasse auch geröstetes Huhn.«
    »Hat dein Altpapi dich jemals angelogen?«
    »Nö.«
    »Dann solltest du mir lieber glauben, wenn ich dir sage, daß dies ein Hühneressen ist, das dich richtig froh machen wird. Kannst du dir nicht denken, welch besonderes Hühnergericht dich froh machen könnte?«
    Kleinpeggy grübelte und grübelte, dann lächelte sie. »Bloody Mary?«
    Altpapi zwinkerte. »Ich habe doch schon immer gesagt, daß diese Henne ein gutes Suppenhuhn abgibt.«
    Kleinpeggy drückte ihn so fest, daß er erstickte Geräusche von sich gab, und dann lachten und lachten sie.
    Später in der Nacht, als Kleinpeggy schon längst im Bett war, brachten sie Vigors Leichnam nach Hause, und Papa und Makepeace machten sich daran, eine Kiste für ihn zu zimmern. Alvin Miller sah beinahe wie ein Toter aus, auch als Eleanor ihm das Baby zeigte. Bis sie sagte: »Dieses Fackelmädchen meint, daß das Baby der siebente Sohn eines siebenten Sohnes ist.«
    Fragend blickte Alvin um sich.
    »Oh, Ihr könnt ihr schon vertrauen«, meinte Mama.
    Wieder stiegen Alvin die Tränen in die Augen. »Dieser Junge hat durchgehalten«, sagte er. »Dort im Wasser. Hat lange genug durchgehalten.«
    »Er wußte, wie wichtig es dir war«, sagte Eleanor.
    Dann griff Alvin nach dem Säugling, hielt ihn fest und blickte in seine Augen. »Er hat doch noch keinen Namen bekommen, oder?« fragte er.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Eleanor. »Mama hat all die anderen Jungen benannt, aber du hast immer gesagt, daß der siebente Sohn deinen…«
    »Meinen eigenen Namen. Alvin. Siebenter Sohn eines siebenten Sohns, mit demselben Namen wie sein Vater. Alvin Junior.«
    Er blickte sich um, dann schaute er zum Fluß hinüber, der fernab im nächtlichen Wald rauschte. »Hast du das gehört, Hatrack River? Sein Name ist Alvin, und du hast ihn doch nicht umgebracht.«
    Schon bald brachten sie die Kiste herein und umgaben Vigors Leichnam mit Kerzen, die für das Feuer des Lebens standen, das ihn verlassen hatte. Alvin hielt den Säugling über den Sarg. »Schau dir deinen Bruder an«, flüsterte er ihm zu.
    »Dieses Baby kann doch noch gar nicht sehen, Papa«, sagte David.
    »Das stimmt nicht, David«, erwiderte Alvin. »Er weiß wohl nicht, was er sieht, aber sehen können seine Augen schon. Und wenn er alt genug

Weitere Kostenlose Bücher