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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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den Bestimmungen des Abkommens entsprach. Soviel zu essen, wie ihr euch nur wünschen könnt, überall auf dieser weichen rosa Haut verteilt. Und sicher lauert dort nicht die leiseste Gefahr, ihr braucht euch nicht die geringsten Sorgen zu machen, ihr braucht dort einfach nur hineinzukrabbeln und das Essen auf der weichen rosa, glibschigen, glatten Haut zu suchen.
    Tatsächlich huschten einige Schaben unter Alvins Tür hinaus, dann mehr und mehr von ihnen, und schließlich verschwand die ganze Truppe in einem einzigen großen Kavallerieangriff unter der Tür, ohne jede Angst, weil Al ihnen gesagt hatte, daß es nichts zu fürchten gab.
    Keine zehn Sekunden, da hörte er aus dem Nachbarzimmer den ersten Aufschrei. Und schon eine Minute später war das ganze Haus in einem solchen Aufruhr, daß man hätte glauben können, es würde brennen. Kreischende Mädchen, schreiende Jungen und große alte Stiefel, die umherstampften, als Papa die Treppe hinaufgeeilt kam und Schaben zerquetschte. Al fühlte sich so glücklich wie ein Schwein, das sich im Schlamm suhlte.
    Schließlich begannen die Dinge sich im Nebenzimmer zu beruhigen. Gleich würden sie kommen, um nach ihm und Calvin zu sehen, daher blies er die Kerze aus, huschte unter die Laken und flüsterte den Schaben zu, sie sollten sich verstecken. Und tatsächlich, wenig später ertönten draußen im Gang auch schon Mamas Schritte. Im allerletzten Augenblick fiel Alvin Junior ein, daß er ja gar nicht sein Nachthemd trug. Er ließ die Hand hervorschießen, packte das Nachthemd und riß es unter das Laken, gerade als sich die Tür öffnete. Dann konzentrierte er sich darauf, leicht und regelmäßig zu atmen.
    Mama und Papa kamen mit Kerzen herein. Er hörte, wie sie Calvins Laken umschlugen, um es nach Schaben zu überprüfen und fürchtete schon, daß sie auch sein Bett untersuchen würden, denn es war eine Sünde, splitternackt zu schlafen wie ein Tier. Aber die Mädchen, die genau wußten, daß er unmöglich nach ihrem Streich schon schlafen konnte, hatten natürlich Angst davor, von Alvin verpetzt zu werden, daher sorgten sie dafür, daß Mama und Papa das Zimmer schnell wieder verließen. Alvin behielt eine völlig reglose Miene bei, zuckte nicht einmal mit den Augenlidern. Die Kerze verschwand, leise schloß sich die Tür.
    Er wartete ab, und tatsächlich öffnete die Tür sich bald wieder. Er hörte nackte Füße über den Boden trappeln. Dann spürte er Annes Atem und vernahm ihr Flüstern: »Wir wissen zwar nicht, wie du das gemacht hast, Alvin Junior, aber wir wissen genau, daß du diese Schaben auf uns gehetzt hast.«
    Alvin tat so, als würde er überhaupt nichts hören. Er schnarchte sogar ein bißchen.
    »Mich legst du nicht rein, Alvin Junior. Heute nacht solltest du lieber nicht einschlafen, denn wenn du es tust, wirst du nie wieder aufwachen, hast du mich gehört?«
    Draußen vor dem Zimmer fragte Papa gerade: »Wohin ist Anne verschwunden?«
    Sie ist hier drin, Papa, und droht, mich umzubringen, dachte Alvin. Aber natürlich sprach er es nicht laut aus. Außerdem wollte sie ihm ja sowieso nur Angst einjagen.
    »Wir lassen es wie einen Unfall aussehen«, sagte Anne. »Du hast ja ständig Unfälle, da wird niemand es für einen Mord halten.«
    Alvin begann, ihr immer und immer mehr zu glauben.
    »Wir werden deine Leiche hinaustragen und sie in das Loch vom Örtchen stopfen, dann werden alle glauben, daß du dich erleichtern wolltest und hineingefallen bist.«
    Das würde tatsächlich funktionieren, dachte Alvin. Es sah Anne ähnlich, daß sie sich so einen teuflischen Plan ausdachte; sie war unschlagbar darin, einen heimlich zu kneifen und bereits zehn Fuß weit entfernt zu sein, noch bevor man angefangen hatte zu kreischen. Deshalb hielt sie ihre Fingernägel auch immer so lang und spitz. Schon jetzt konnte Alvin einen dieser spitzen Nägel spüren, wie er über seine Wange kratzte.
    Die Tür ging ein Stückchen weiter auf. »Anne«, flüsterte Mama, »komm sofort da raus.«
    Der Fingernagel hörte auf zu kratzen. »Ich wollte nur sichergehen, daß Kleinalvin in Ordnung ist.«
    Ihre nackten Füße trippelten wieder aus dem Zimmer, und die Tür schloß sich.
    Er wußte, daß er eigentlich über Annes Drohungen zu Tode verängstigt sein müßte, doch das war er nicht. Er hatte die Schlacht gewonnen. Er stellte sich vor, wie die Schaben von oben bis unten über die Mädchen krochen, und er fing an zu lachen, doch er durfte sich nicht verraten, sondern mußte

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