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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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seinem Vater hinüber. »Du kannst mich doch jetzt nicht nach Hause schicken!«
    »Wir können keinen zehnjährigen Jungen gebrauchen, während wir einen Stein von dieser Größe bewegen«, widersprach sein Vater.
    »Aber ich muß doch auf den Stein aufpassen, um sicherzugehen, daß er nicht bricht oder platzt, Pa!«
    Die älteren Söhne musterten abwartend ihren Vater. Geschichtentauscher fragte sich, worauf sie wohl hoffen mochten. Sicherlich waren sie schon zu alt, um die besondere Liebe ihres Vaters zu seinem siebenten Sohn übelzunehmen. Auch sie mußten darauf hoffen, daß Schaden von dem Jungen ferngehalten wurde. Und doch bedeutete es ihnen allen so viel, daß der Stein sicher und heil am Ziel ankam, um seinen Dienst in der Mühle tun zu können.
    »Du kannst bis zum Sonnenaufgang mit uns reiten«, entschied Miller. »Dann sind wir fast zu Hause, so daß du und Geschichtentauscher zurückkehren und die Nacht im Bett verbringen könnt.«
    »Das behagt mit sehr«, meinte Geschichtentauscher.
    Offensichtlich war Alvin Junior nicht ganz zufrieden, doch er erwiderte nichts.
    Noch vor dem Mittag hatten sie den Schlitten in Bewegung gesetzt. Zwei Pferde vorne, zwei hinten, um ihn zu bremsen, waren an den Stein selbst angeschirrt. Dieser ruhte auf der hölzernen Plattform des Schlittens, der wiederum auf sieben oder acht der kleineren Rollen gleichzeitig glitt. Der Schlitten bewegte sich vor, auf weitere Rollen zu, die vor ihm lagen, während die Jungen hinten sofort die Rollen unter den Seilen des Folgegespanns hervorzogen, nach vorne eilten und sie hinter das Zuggespann legten. Das bedeutete, daß jeder Mann für jede Meile, die der Stein sich bewegte, etwa fünf Meilen laufen mußte.
    Geschichtentauscher wollte mithelfen, doch David, Calm und Measure ließen es nicht zu. So wurde ihm schließlich die Bewachung des Hintergespanns übertragen, wobei Alvin auf einem der Pferde saß. Miller trieb das Zuggespann voran und ging die Hälfte der Zeit dabei rückwärts, um sicherzugehen, daß er für die Jungen nicht zu schnell war.
    So verging Stunde um Stunde. Miller bot ihnen an, anzuhalten und sich auszuruhen, doch sie schienen nicht zu ermüden. Geschichtentauscher war überrascht, wie gut die Rollbalken durchhielten. Ohne größere Schwierigkeiten kamen sie voran.
    Und als die Sonne in einer Flut roter Wolken allmählich hinter dem Horizont verschwand, erblickte Geschichtentauscher vor ihnen die Gemeindeweide. Sie hatten die ganze Reise an einem einzigen Nachmittag geschafft.
    »Ich glaube, ich habe die kräftigsten Brüder auf der ganzen Welt«, murmelte Alvin.
    Daran zweifle ich keinen Augenblick, dachte Geschichtentauscher. Du, der du ohne Werkzeuge mit deinen bloßen Händen einen Stein aus dem Berg hauen kannst, indem du einfach nur die richtigen Risse im Fels ›findest‹, in deiner Gegenwart überrascht es nicht, daß deine Brüder über beinahe genausoviel Kraft verfügen. Wie schon so oft zuvor, versuchte Geschichtentauscher auch diesmal, Klarheit über die Natur der verborgenen Mächte zu bekommen. Gewiß gab es doch irgendein Naturgesetz, das ihren Gebrauch beherrschte – der Alte Ben hatte das immer gesagt. Und doch dieser Junge hier konnte durch bloßen Glauben und durch bloßes Wollen Gestein schneiden wie Butter. Es gab eine Theorie, die besagte, daß die verborgene Kraft aus der Freundschaft zu einem bestimmten Element herrührte, doch welches Element konnte all das vollbringen, was Alvin tat? Die Erde? Die Luft? Das Feuer? Gewiß nicht das Wasser, denn Geschichtentauscher wußte, daß Millers Geschichten stimmten. Wieso konnte Alvin Junior sich irgend etwas wünschen, so daß die Erde selbst sich seinem Willen beugte, während andere sich so sehr nach etwas sehen konnten, ohne damit auch nur eine Brise in Bewegung zu setzen?
    Als sie den Stein durch die Tore rollten, brauchten sie Laternen im Inneren des Mühlhauses. »Jetzt können wir ihn auch gleich an Ort und Stelle bringen«, meinte Miller. Geschichtentauscher stellte sich die Befürchtungen vor, die Millers Geist durchzogen. Wenn er den Stein aufrecht stehen ließe, würde er mit Sicherheit am Morgen davonrollen und ein ganz bestimmtes Kind zerquetschen, während es gerade in aller Unschuld Wasser ins Haus trug. Da der Stein auf wunderbare Weise an einem einzigen Tag vom Berg heruntergekommen war, wäre es töricht gewesen, ihn irgendwoanders aufzubewahren als an seinem vorgesehenen Platz.

Sie führten ein Gespann hinein und schirrten es an

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