Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
gibt keine andere Möglichkeit. Aber vorher müßtest du dich tatsächlich mit Callindrill oder Verement verständigen.«
Lord Mhorams durchdringender Blick erforschte Troys Miene. Dann half Mhoram dem Streitmark beim Aufstehen. »Leben Callindrill und Verement?« fragte der Lord beherrscht.
»Ja. Ich habe ihre Feuer gesehen. Kannst du denn mit ihnen Verbindung aufnehmen? Sie haben doch kein Hehres Holz dabei.«
Mhoram lächelte grimmig. »Welche Kunde soll ich ausrichten?«
Nun musterte Troy den Lord. Ohne seine Schutzbrille fühlte er sich seltsam bloßgestellt, als setze man ihn öffentlichem Widerwillen oder gar Abscheu aus, aber er konnte Mhoram deutlich erkennen. Was er sah, beruhigte ihn. Die Augen des Lords glommen von kühnen Möglichkeiten und Erwägungen, und seine Schädelknochen traten in der zähen Hagerheit des Unbeugsamen hervor. Der Kontrast zu seiner eigenen Schwäche demütigte Troy. Er wandte sich ab und hielt nochmals über die Ebenen Ausschau. Die weiträumige Bewegung von Lord Fouls Armee ging weiter, und bei ihrem Anblick empfand er ein neues Aufwallen von Panik. Aber nun klammerte er sich an die Tatsache seiner Befehlsgewalt, benutzte sie, um seine Scham zu verdrängen. »Na schön«, meinte er schließlich. »Dann mal ran! Tull, du kehrst am besten ins Steinhausen zurück. Man soll die Ranyhyn möglichst weit zu uns heraufbringen. Wir haben einen weiten Weg vor uns.«
»Ja, Streitmark.« Lautlos verließ Tull den Kevinsblick.
»So, Mhoram. Du hast genau den richtigen Einfall gehabt. Amorine muß gewarnt werden. Sie muß den Unheilswinkel noch vor Quaan erreichen.« Ihm fiel ein, daß Quaan vielleicht gar nicht mehr lebte, aber er verscheuchte diese Befürchtung. »Es ist mir egal, wie sie das schafft. Sie muß mit ihren Truppen auf der Lauer liegen, wenn Quaans Reiter eintreffen. Wenn nicht ...« Er mußte die Kiefer aufeinanderpressen, um seine Zähne am Klappern zu hindern. »Kannst du das übermitteln?« Es schauderte ihn, als er an die unmenschlichen Strapazen dachte, die er den Kriegern zumuten mußte. Nach einem fünfundzwanzigtägigen Gewaltmarsch sollten sie nun die letzten siebzig Kilometer praktisch rennen – um anschließend zu erfahren, daß ihre Prüfung alles andere war als ausgestanden. Er stieß sich von der Brüstung ab und schaute Mhoram an. »Also?«
Mhoram hatte bereits den Lomillialor -Stab aus seiner Robe zum Vorschein gebracht und befestigte ihn mit einem Clingor -Strang an seinem Stab. »Mein Freund«, sagte er während dieser Tätigkeit, »du solltest den Kevinsblick verlassen. Unten dürftest du sicherer sein.«
Troy fügte sich ohne Frage. Er spähte noch einmal nach den beiden Heeren, um sich dessen zu vergewissern, daß er ihre Marschgeschwindigkeit richtig geschätzt hatte, dann wünschte er Lord Mhoram viel Erfolg und begann den Abstieg. Die Stufen fühlten sich unter seinen Händen und Füßen schlüpfrig an, aber Ruels Gegenwart dicht an seiner rechten Seite wirkte beruhigend. Bald stand er auf dem Felssims am Sockel des Kevinsblicks und blickte hinauf an den blauen Himmel zu Lord Mhoram. Nach einer Stille, die für Troys zunehmendes Empfinden von Dringlichkeit unerfreulich ausgedehnt zu sein schien, konnte er von der Höhe der schrägen Säule Bruchstücke eines Singsangs hören. Der Gesang stieg höher empor in die Luft und verstummte auf einmal. Im selben Augenblick schoß rings um Lord Mhoram eine Flamme hoch. Sie hüllte die gesamte Spitze des Kevinsblicks ein und erfüllte die Luft mit dem Eindruck eines Widerhalls, als käme von den Bergwänden das Echo eines unhörbaren langgezogenen Heulens. Das lautlose Jaulen schien Troys Ohren zu versengen, gab ihm den Wunsch ein, sie zu bedecken und den Kopf einzuziehen, aber er zwang sich dazu, dem Verlangen zu widerstehen. Er behielt den Kevinsblick unter Beobachtung. Der echoartige Effekt war barmherzig kurz. Nur wenige Sekunden nach dem Verebben der letzten Schwingungen kam Terrel mit Mhoram die Treppe herunter; halb trug er den Lord. Troy befürchtete, der Lord könne sich irgendwie geschadet haben. Aber Mhoram war nur durch plötzliche Erschöpfung gezeichnet – den Preis seiner Verrichtung. Alle seine Bewegungen fielen matt aus, unsicher, und Schweiß troff ihm vom Gesicht, aber es gelang ihm noch, Troy ein schwächliches Lächeln zu schenken. »Ich wäre ungern Callindrills Widersacher«, sagte er schlaff. »Er ist stark. Er schickt Reiter zu Amorine.«
»Gut.« Aus Rührung und Erleichterung
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