Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Leben. Etwa siebzig Bluthüter haben überlebt. Trutzwart Amorine ist eine Handvoll Krieger geblieben. Nachdem der Wirbelsturm vorüber war, kehrten die Ranyhyn zurück. Sie erretteten viele Pferde. Mein Freund, wir müssen fort.«
    Etwas von Mhorams Gefaßtheit übertrug sich auf Troy, und er begann seine Selbstbeherrschung wiederzugewinnen. Er mochte dem Lord keine Last sein. Bedächtig trat er zurück, hielt sich selbst aufrecht. »Ich muß dir den Rest meines Plans erklären«, sagte er, seine wunde Stirn mit den Händen bedeckend, als versuche er seine Augenlosigkeit zu verbergen. »Kann das warten? Wir müssen fürwahr ohne Verzug fort.«
    »Mhoram«, stöhnte Troy mit zerrütteter Stimme, »ich kann nichts mehr sehen.«

20
     

Die Würgerkluft
     
     
    Zwei Tage später – kurz vor der Mittagsstunde des Tages vorm Mondwechsel – führte Lord Mhoram das Kriegsheer zum Memmeneck, dem südlichsten Zipfel der Würgerkluft. In der mittäglichen Wärme hatte das Heer – mit Geschlurfe und Gestolper wie ein Sterbender – das Vorgebirge umquert und war nordwärts marschiert, und nun kam es direkt vorm Rachen der verhängnisvollen Würgerkluft zu einem unsicheren Halt. Die Krieger standen in einer weiten, grasigen Ebene – das Gras war das erste üppige Grün, das sie seit dem Verlassen der Südlandebenen zu sehen erhielten. Vor ihnen lag der Wald. An beiden Seiten, im Osten und Westen, jeweils vielleicht eine Länge weit entfernt, ragten Berge in die Höhe, unzugänglich steile Gipfel, die wie die Kiefer der Würgerkluft wirkten. Und hinter ihnen näherte sich das Heer Moksha -Markschänders. Der Riesen-Wütrich trieb seine Streitkräfte erbarmungslos vorwärts. Trotz der Verzögerung in Doriendor Korischew waren sie nicht mehr als zwei Längen entfernt.
    Dies Wissen verstärkte Lord Mhorams kalte, zermürbende Furcht. Er hatte wenig Zeit, um den Versuch zu unternehmen, Streitmark Troys Plan zu verwirklichen. Aus seiner Sicht gab es keinen Ausweg und keine Hoffnung außer jener Lösung, die Troy ersonnen hatte. Falls Mhoram keinen Erfolg erzielte – und zwar bald! –, mußte das Kriegsheer zwischen der Würgerkluft und den Truppen des Wütrichs aufgerieben werden. Doch er bezweifelte, daß er überhaupt Erfolg haben konnte, unabhängig von der Zeit, die ihm zur Verfügung stand. Möglicherweise würde er in einem Jahr oder in zwanzig Jahren genauso scheitern. Die Anforderung war so groß ...! Nicht einmal der Wirbel des Entsetzens hatte ihn mit einem solchen Gefühl der Hilflosigkeit erfüllt. Dennoch schauderte es ihn, wenn er sich an den Wirbel erinnerte. Obwohl Troy das Kriegsheer als Ganzes buchstäblich vorm Untergang bewahrt hatte, waren die Männer und Frauen, die das ›Heim der Meister‹ besetzt hielten, wenngleich sie überlebten, doch schwer mitgenommen worden. Lord Callindrill hatte irgendwie durch Markschänders Attacke Schaden erlitten. Die Mühe des Widerstands gegen bittere Übel hatte ihn in irgendeiner Weise gedemütigt, seine Selbstsicherheit erschüttert. Er hatte der Furcht nicht widerstehen können. Seine zuvor klaren, sanftmütigen Augen waren nun schmerzvoll verschleiert. Wenn seine Gedanken mit Lord Mhoram verschmolzen, teilte er mit ihm Wissen und Besorgnis, aber keine Kraft ging von ihm aus; er glaubte nicht länger an seine Kraft.
    Auf gewisse Art war Trutzmark Amorine ähnlich beeinträchtigt worden. Während des Wütrichs Anschlag hatte sie die vom Zusammenbruch bedrohten Reste ihrer Fähnlein durch die schlichte Vorbildlichkeit ihres Mutes beieinandergehalten. Sie nahm das Entsetzen von ihren Kriegern und auf sich selbst. Mit jedem Mal, sobald einer von ihnen der Wucht des Wirbels zum Opfer fiel oder in den Krallen eines der Vögel starb, nahm sie die Überlebenden noch straffer in den Griff. Und danach – als auch der Schirokko vorüber war – hatte sie eine unermüdliche Suche nach Streitmark Troy geleitet. Die entarteten, menschengleichen Wesen, die unterdessen in die Ruinenstadt vordrangen – manche mit Klauen statt Fingern, andere mit gespalteten Fratzen oder Saugnäpfen an den Gliedmaßen, wieder andere mit zusätzlichen Augen oder Armen, jedenfalls alle in irgendeiner Hinsicht durch die Macht des Steins entstellt –, brachten immer mehr davon in ihre Gewalt. Aber sie focht sich den Weg durch ihre Haufen, als wären sie bloß Schemen, die sie zu ängstigen versuchten, während sie suchte. Der Einfall, sich Mehryl anzuschließen, stammte von ihr. Doch die Blindheit des

Weitere Kostenlose Bücher