Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Gelächter, das darauf antwortete. Andere Stimmen erklangen.
»Ein Mensch, ja. Der Schlächter hol ihn!«
»Seht. So feine Kleider. Ein Feind.«
»Ha! Schau besser hin, Narr. Das ist kein Mensch.«
»Er hat keine Augen.«
»Ist's ein Urböser?«
»Nein – ein Mensch, sag ich. Ein Mann ohne Augen! Das gibt 'nen Ulk, Brüder.«
Wieder lachten alle Stimmen. Troy hielt sich nicht damit auf, darüber nachzudenken, wieso man ihn sehen konnte. Er machte kehrt und lief zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Sofort verfolgte man ihn. Er konnte das Klatschen nackter Füße auf dem Stein hören, schnelles Atmen. Man holte ihn rasch ein. Jemand gelangte in Reichweite, stellte ihm ein Bein. Als er stürzte, kreiste das Geräusch der Füße ihn ein. »Macht langsam, Brüder. Nicht gleich abmurksen. Wir können alle unseren Ulk haben.«
»Bringt ihn nicht um.«
»Nicht umbringen? Ich will töten. Töten und essen.«
»Der Riese wird ihn haben wollen.«
»Aber erst machen wir uns 'nen Ulk.«
»Warum sollen wir dem Riesen was verraten, Brüder? Er ist gierig genug.«
»Er ißt unser Fleisch.«
»Wir behalten den hier für uns, jawohl.«
»Der Schlächter hol den Riesen.«
»Seine teuren Urbösen! Wenn Gefahr droht, müssen Kämpfer nach vorn.«
»Ja! Brüder, das Fleisch hier essen wir selber.«
Troy raffte sich hoch. »Geh voran!« hörte er durch das Gebrabbel der übrigen Stimmen. Beinahe fiel er nochmals. Falls diese Geschöpfe die ersten Angehörigen von Markschänders Heer waren, die das ›Heim der Meister‹ betraten ...? Doch er verscheuchte die Implikationen dieses Gedankens und zückte sein Schwert.
»Ein Schwert? Hoho!«
»Seht, Brüder! Der Mann ohne Augen möchte ein Spielchen mit uns treiben.«
»Dann spiel!« Troy hörte das Zischen einer Peitsche; ihr Flechtwerk ringelte sich um sein Handgelenk. Er erhielt einen Ruck, der ihn erneut von den Beinen riß. Starke Hände entwanden ihm das Schwert. Jemand trat ihn gegen den Brustkorb und warf ihn auf den Rücken. Aber seine Brustplatte schützte ihn vor ernsteren Folgen.
»Beim Schlächter!« kreischte eine Stimme. »Mein Fuß!«
»Tölpel«, lautete die Entgegnung. Gelächter erscholl.
»Tötet ihn!« Eine metallene Waffe klirrte gegen seine Brustplatte, fiel auf den Untergrund. Er klaubte danach im Sand, aber sofort schubsten Hände ihn beiseite. Er wich aus und stand von neuem auf. Wieder hörte er die Peitsche fauchen, und diesmal traf sie seine Fußknöchel. Aber er kam nicht noch einmal zu Fall.
»Bringt ihn noch nicht um. Wo bleibt da der Ulk?«
»Er soll uns sein Spielchen zeigen.«
»Ja, Brüder. Wir wollen unser Spielchen haben.«
»Zeig uns dein Spielchen, Mann ohne Augen!«
Ein Peitschenhieb brannte in seinem Nacken. Er taumelte unter dem wuchtigen Schlag. Das verwirrende Kreuzfeuer von Stimmen ging weiter. »Dein Spielchen, der Schlächter hole dich!«
»Wir wollen unseren Ulk haben.«
»Wozu Ulk? Ich will Fleisch.«
»Der Riese gibt uns Sand zu fressen.«
»Dein Spielchen, sag ich! Bist du blind, Mann ohne Augen? Blendet dich die Sonne?«
Diesen miesen Scherz belohnte man mit lautem Gelächter. Aber Troy verharrte in seiner Bestürzung völlig still. Die Sonne? dachte er fassungslos. Dann hatte er die falsche Richtung eingeschlagen, nach Osten statt nach Westen; er war diesen Kreaturen direkt in die Arme gelaufen. Er wollte schreien. Aber er war längst übers Schreien hinaus. Er fühlte sein Lebenslicht erlöschen. Seine Hände zitterten, als er vergeblich seine Schutzbrille zurechtzurücken versuchte. »Guter Gott«, stöhnte er auf. Benommen, als wüßte er gar nicht, was er da tat, hob er seine Finger an die Lippen und stieß einen schrillen Pfiff aus. Die Peitsche knallte um seine Taille und warf ihn nieder.
»Dein Spielchen!« brüllten die Stimmen verworren durcheinander. »Dein Spielchen!« Als er wieder hochtorkelte, hörte er Hufschlag. Einen Moment später drang Mehryls Wiehern durch das Geschnatter der Stimmen. In Troys Ohren klang es wie ein Trompetenstoß. Er hob ruckartig den Kopf, seine Ohren lauschten in die Ferne, um zu ermitteln, wo sich der Ranyhyn befand. Die Stimmen gingen über in hungriges Krakeelen, während die Hufe näher donnerten.
»Ranyhyn!«
»Tötet ihn!«
»Fleisch!«
Fäuste packten Troy. Er rang mit einer Hand, die ein Messer hielt. Doch dann erreichte das Dröhnen der Hufe seine Nähe. Ein Stoß schleuderte seinen Bedränger zur Seite. Troy drehte sich, versuchte auf
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