Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Sprößling, und ritt weiter gen Memmeneck. Den Großteil des Tages brachte er damit zu, auf den Streitmark achtzugeben. Aber am folgenden Morgen, als das Kriegsheer die letzte Strecke zur Würgerkluft antrat, sah er sich dazu gezwungen, seine Aufmerksamkeit der übernommenen Aufgabe zu widmen. Er mußte ein Vorgehen ersinnen, das ihm verhieß, sein Versprechen erfüllen zu können. Er beriet sich auf geistiger Ebene mit Lord Callindrill, und gemeinsam erforschten sie ihr vereintes Wissen und all ihre Eingebungen nach einem Schlüssel zur Lösung von Mhorams Zwickmühle. In seiner Zaghaftigkeit erhoffte sich Mhoram von der Geistesverschmelzung einen Gewinn an Mut, aber die innere Wunde von Callindrills Selbstzweifel vereitelte diese Hoffnung. Statt neue Stärke zu finden, mußte Mhoram welche geben.
Mit Callindrills Unterstützung legte er einen Weg des Inangriffnehmens seiner Aufgabe fest, sprach mit ihm eine Reihe möglicher Auswege ab, die das Ausmaß ihrer Gefahr und die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs berücksichtigten. Doch zur Mittagsstunde hatten sie noch keine endgültige Entscheidung gefällt. Aber damit lief ihre Frist ab. Das Kriegsheer kam am unmittelbaren Rand der Würgerkluft zu einem Halt. Dort – von Angesicht zu Angesicht mit dem letzten verbliebenen Bewußtseinshort des Einholzwaldes – begann Lord Mhoram die volle Bitternis seiner Unzulänglichkeit zu kosten. Vorm düsteren, urtümlichen Grimm des Waldes war er ratlos; ihm war zumute wie einem Mann ohne Finger. Nur fünfzehn Schritte trennten ihn noch von den ersten Bäumen. Sie ragten schroff aus dem Erdreich hervor wie unregelmäßige Säulen, ohne jedes Vorfeld aus Büschen oder Gesträuch, und das Gras dazwischen war frei von Unterholz. Anfangs standen sie spärlich. So weit, wie er in den Wald hineinzuspähen vermochte, war der Bestand nirgends dicht genug, um den Sonnenschein auszuschließen. Dennoch vertieften sich waldeinwärts die Schatten; immer stärker trübte Düsternis das Sonnenlicht. In der Entfernung verwandelte sich der verdunkelte Wille des Waldes in eine nahezu handgreifliche Verweigerung des Zugangs. Mhoram hatte das Gefühl, in einen Abgrund zu blicken. Der bloße Gedanke, man könne mit einem solchen Ort einen Handel zustande bringen, mußte zwangsläufig im Ruch des Wahnsinns stehen, wie irrwitzige Anmaßung, gesponnen aus dem Garn der Träume. Für lange Zeit verharrte Mhoram vor der Würgerkluft und starrte in ihren Schlund, ein Ächzen kalter Furcht in seiner Seele.
Troy jedoch kannte kein Zögern. Als Quaan ihm meldete, wo sie sich befanden, schwang er Mehryl herum und begann Befehle zu erteilen.
»Dann los, Schwertmark!« rief er. »Alles vorbereiten! Essen für jeden. Die Vorräte sind aufzubrauchen, aber schnell. Anschließend ziehen die Krieger sich auf Pfeilschußweite zurück und bilden um Lord Mhoram einen Halbkreis. Er soll so weit wie möglich sein, aber nicht zu dünn – ich will nicht, daß Markschänder durchbricht. Lord Callindrill, du solltest beim Kriegsheer bleiben und es im Kampf unterstützen. Quaan, ich spreche zu den Kriegern, während sie essen. Ich werde ihnen alles erklären.«
»Sehr wohl, Streitmark.« Quaans Stimme klang entfernt, zurückgezogen ins rückwärtigste Bollwerk seiner Tapferkeit; die Falten seines Angesichts waren straff vor Entschlossenheit. Er erwiderte Troys blind vollführten Gruß, wandte sich um und erteilte dann seinerseits Amorine Anweisungen. Gemeinsam gingen die beiden hin, um die letzten Vorbereitungen des Kriegsheers zu veranlassen.
Troy lenkte Mehryl wieder herum. Er versuchte, sich in Mhorams Richtung zu wenden, verfehlte ihn jedoch um mehrere Fußbreit. »Vielleicht gehst du jetzt besser los«, sagte er. »Du hast nicht mehr viel Zeit.«
»Ich warte, bis du zum Kriegsheer gesprochen hast.« Traurig sah Mhoram, wie Troy infolge der Erkenntnis, den Standort des Lords fehl erkannt zu haben, verdrossen das Gesicht verzog. »Ich brauche Kraft. Ich bedarf einer Frist, um genug zu sammeln.«
Troy nickte eckig und wandte sich ab, wie um die Maßnahmen des Kriegsheers zu beobachten. Zusammen warteten sie auf Quaans Zeichen. Lord Callindrill blieb noch lange genug für eine kurze Äußerung bei ihnen. »Mhoram, der Hoch-Lord hegte keine Zweifel an deiner Eignung für die Bürden unseres Zeitalters. Er ist kein herkömmlicher Bewerter von Menschen. Mein Bruder, deine Treue wird unserer Sache Genüge tun.« Seine Stimme klang sanft, aber sie drückte wortlos seine
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