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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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apokalyptischen Drang durch eine unabsehbare Zukunft zu einem unbekannten Ziel steuern. Doch besagter Drang war etwas, das sich ausnutzen ließ. Womöglich war er dazu in der Lage, ihr persönliche Macht zuzuschanzen – sie mächtig und schutzlos zu machen, weil sie geblendet war durch ihre Besessenheit. Und sie verfügte über den Stab des Gesetzes. Vielleicht konnte er es bewerkstelligen, daß sie an seine Stelle trat, seinen Platz unter der Last von Lord Fouls Machenschaften einnahm. Unter Umständen konnte er sein Weißgold als den Entscheidungspunkt übers Schicksal des Landes von ihrer außergewöhnlichen Leidenschaft ablösen lassen. Wenn er sie dazu bringen konnte, die bittere Verantwortung zu übernehmen, die so unentrinnbar an ihm haftete, war er frei. Dann verschwand sein Kopf vom Hackklotz seiner Wahnvorstellungen. Und er brauchte nicht mehr zu tun, als Elena in jeder Hinsicht zu fördern, die ihre inneren Antriebe gleichrichtete statt zerstreute – sie auf diese Weise unter Kontrolle zu halten, bis der richtige Moment kam.
    Dieser Handel war aufwendiger als die alte Abmachung mit den Ranyhyn. Er gestattete ihm keine Passivität; er verlangte, daß er ihr half, sie zielstrebig manipulierte. Doch der Aufwand war gerechtfertigt. Während der Suche nach dem Stab des Gesetzes hatte er gekämpft, bloß um einen unmöglichen Traum voller Zwänge durchzustehen. So viel Zeit war verstrichen, seit er Freiheit zuletzt für möglich gehalten hatte, daß sein Herz aus freudigem Schaudern fast stehenblieb, während er sich seinen Plan ausmalte. Aber nach der ersten Aufregung merkte er, daß er zitterte wie Espenlaub. Seine Kleidung war klatschnaß. Er kehrte zurück zur Mulde und dem Hoch-Lord, jede einzelne Bewegung schmerzerfüllt. Er fand Elena in nachdenklicher Bedrücktheit an einem hellen Lagerfeuer vor. Sie hatte sich über ihrer Robe eine Decke um die Schultern gelegt; die anderen Decken lagen neben den Flammen ausgebreitet.
    Als er die Mulde betrat, sah sie erwartungsvoll auf. Er vermochte ihren Blick nicht zu erwidern. Doch allem Anschein nach bemerkte sie den Verdruß hinter seinen blauen Lippen und der gerunzelten Stirn nicht.
    Sie ergriff eilig eine der vorgewärmten Decken und zog ihn ans Feuer. Ihre wenigen leisen Äußerungen verrieten Besorgnis; sie stellte ihm keine Fragen, bevor die Flammen sein schlimmstes Schlottern behoben hatten. Dann beugte sie sich schüchtern vor, als versuche sie zu erkunden, wie ihr Verhältnis nun beschaffen sei, und küßte ihn. Er erwiderte die Zärtlichkeit ihrer Lippen. Diese unbedeutende Bewegung schien ihm über eine innere Hürde zu helfen. Er war nun wieder dazu imstande, sie anzuschauen. Sie lächelte sanft; die mörderische Gewalt ihres Blicks war wieder verborgen in der Abseitsgerichtetheit.
    Anscheinend fand sie sich mit dem äußeren Wert des Kusses ab. Sie drückte ihn an sich, ehe sie sich neben ihn setzte.
    »Hat's dich überrascht«, fragte sie einen Moment später, »zu erkennen, daß ich so unbändig bin?«
    Er fühlte sich zu einer Entschuldigung veranlaßt. »So etwas bin ich nicht gewöhnt. Du hast mich kein bißchen gewarnt.«
    »Vergib mir, Liebster«, sagte sie zerknirscht. »Hat dich so arg erschreckt – was du in mir geschaut hast?« fragte sie dann weiter.
    Er überlegte für ein Weilchen, bevor er antwortete. »Ich glaube, würdest du mich nochmals so ansehen, so wäre ich so gut wie tot.«
    »Du bist ungefährdet«, versicherte sie ihm.
    »Und was, wenn du's dir anders überlegst?«
    »Dein Zweifel straft mich. Geliebter, du bist ein Teil meines Lebens und Atmens. Glaubst du wahrlich, ich vermöchte von dir zu lassen?«
    »Ich habe keine Ahnung, was ich glauben soll.« Sein Tonfall offenbarte seine Gereiztheit, und um ihr entgegenzuwirken, drückte er Elena. »Träumen, das ist ... das ist wie Sklave sein. Alle Träume stammen aus Bereichen unseres Innenlebens, über die wir keine Gewalt besitzen. Deshalb ... deshalb ist in Träumen die einzige Gefahr der Wahnsinn.« Er war froh, daß sie nicht versuchte, mit ihm darüber zu diskutieren. Als seine Gliedmaßen nicht länger zitterten, befiel ihn unwiderstehliche Schläfrigkeit. Sie half ihm, sich am Lagerfeuer zur Ruhe zu betten, und hüllte ihn behaglich in die warmen Decken, und der einzige Umstand, der ihn daran hinderte, ihr völlig zu vertrauen, war die Überzeugung, daß sein Handel irgendeine Unehrenhaftigkeit enthielt.
    In den darauffolgenden drei Tagen vergaß er diese Überzeugung

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