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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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über Troy in die allgemeinere Aschenglut seiner Erbitterung darüber eingesunken, ins Land geholt worden zu sein. Nun spürte er Kälte im Herzen, fühlte sich allein und verlassen. Der Entschluß, dem er Mhoram gegenüber Ausdruck gegeben hatte, seine Entschlossenheit zum Überleben, kam ihm jetzt arrogant und egozentrisch vor, hochmütig und greisenhaft starrsinnig. Und das Runzeln an seiner Stirn war so krampfhaft, als weigere sich das Fleisch auf seinem Schädel, seine Heilung anzuerkennen. Er spielte mit dem Gedanken, vom Balkon zu springen. Um seine Höhenfurcht überwinden zu können, müßte er warten, bis vollständige nächtliche Dunkelheit herrschte und er nicht länger den Untergrund in der Tiefe sehen konnte. In dieser Weise erwogen, empfand er seine Idee als sowohl attraktiv wie auch widerwärtig. Sie widersprach seinem Leprakranken-Drill, machte alles lächerlich, was er bisher durchgestanden und getan hatte, um sich ans Leben zu klammern. Sie verhieß eine Niederlage, die bitterer sein mußte als die reinste Galle. Aber trotz allem sehnte er eine Lösung seines Dilemmas herbei. Er fühlte sich ausgedörrt wie eine Einöde; Rationalisierungen fielen ihm nur allzu leicht ein. Zu den wichtigsten zählte das Argument, daß das Land, da es keine Realität war, ihn nicht das Leben kosten könne; hier zu sterben, würde daher nichts anderes zur Folge haben als eine erzwungene Rückkehr in die Realität, das einzige, woran er glauben konnte. In seinem Alleinsein vermochte er nicht zu unterscheiden, ob dies Argument ein Zeichen von Mut war oder von Feigheit. Langsam versank die Sonne völlig hinter den Bergen, und ihr farbenprächtiger Glanz schwand vom Himmel. Aus den Schatten ihrer Gipfel verbreitete sich Düsternis über die Landschaft, legte Trübnis über die Ebenen, bis Covenant sie bloß noch als unerfreuliche, reglose Gebilde unterm Rund des Himmels erkannte. Die Sterne traten hervor und glommen nach und nach heller, wie um eine Weite ohne Weg und Steg zu beleuchten; aber die Abgründe zwischen ihnen waren zu groß, und die Karte, die sie zu zeichnen versuchten, blieb unkenntlich. Sie schienen ihm hinab in seinen trüben, öden Blick zuzuzwinkern, jedoch ohne ihm Trost zu versprechen. Als er von der Tür das höfliche Klopfen vernahm, stöhnte er, weil sein Bedürfnis nach Abgeschiedenheit so stark war, wegen der Störung auf. Aber es gab noch andersartige Bedürfnisse.
    Er raffte sich hoch und ging zur Tür, um zu öffnen. Die steinerne Tür ließ sich an geräuschlosen Angeln mühelos aufschwingen, und sofort fiel aus dem gut erleuchteten Korridor heller Lichtschein ins Zimmer, blendete ihn für einen Moment, so daß er keinen der zwei Männer, die an der Schwelle standen, richtig sehen konnte.
    »Ur-Lord Covenant«, sagte unterdessen der eine, »wir heißen dich willkommen.« Er sprach mit einer Stimme, die von gutmütigem Humor schier überzuquellen schien. Covenant erkannte Tohrm.
    »Sei willkommen und getreu«, fügte Tohrms Begleiter so deutlich hinzu, als befürchte er, ihm könne ein Fehler unterlaufen. »Wir sind die Herdwarte der Herrenhöh. Wir bitten dich, nimm unser Willkommen und unsere Gastfreundschaft an.«
    Während Covenants Augen sich den veränderten Lichtverhältnissen anpaßten, musterte er die zwei Männer. Tohrms Begleiter trug das graugrüne Gewand eines Holzheimers und im Haar einen schmalen Kranz, das Zeichen eines Allholzmeisters. In den Händen hatte er eine Anzahl dünner hölzerner Ruten, die als Fackeln dienten. Beide Herdwarte hatten glattrasierte Gesichter, aber der Allholzmeister war größer und schlanker gewachsen als sein Kollege. Tohrm hatte den stämmigen, muskulösen Körperbau eines Steinhauseners und war in ein lehmbraunes Gewand und eine weiche Hose gekleidet. Der Umhang seines Begleiters war im Blau der Lords gesäumt; Tohrm hatte in die Schultern seines Gewandes so etwas wie blaue Schulterstücke eingenäht, und in jeder Hand hielt er ein kleines, mit einem Deckel verschlossenes Steingefäß. Covenant begutachtete aufmerksam Tohrms Gesicht. Die flinken Augen des Herdwarts und sein flüchtiges Lächeln wirkten ernster als in Covenants Erinnerung, waren im wesentlichen jedoch unverändert. Wie Mhoram sah man ihm zuwenig Alterserscheinungen an, um auf volle zusätzliche vierzig Jahre zu kommen.
    »Ich bin Borillar«, stellte sich Tohrms Begleiter vor, »Allholzmeister des Lillianrill und Herdwart der Herrenhöh. Das ist Tohrm, Glutsteinmeister des

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