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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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seines Blicks auf Covenant. »Wir sind die Bluthüter. Das Wohlbefinden der Lords liegt in unseren Händen. Ich bin Morin, seit Tuvors Hinscheiden Blutmark der Bluthüter. Der Hoch-Lord wünscht allein mit dir zu reden. Sinne nicht auf Übel wider ihn, Zweifler. Wir werden so etwas nicht dulden.« Ohne eine Antwort abzuwarten, gab er den Weg zum Eingang frei.
    Covenant wollte schon fragen, was er denn einem Hoch-Lord wohl antun könne, aber Bannor kam ihm zuvor. »An dieser Stätte entledigen sich die Lords ihrer Bürden«, erläuterte der Bluthüter. »Sie lassen ihre Stäbe hier zurück. Hinter diesen Pforten ruhen sie, vergessen die Sorgen ums Land. Der Hoch-Lord erweist dir eine sehr große Ehre, indem er hier mit dir zu unterhandeln bereit ist. Er empfängt dich in seinen eigenen, allein ihm vorbehaltenen Gemächern, ohne Stab oder Wächter, wie einen Freund. Du bist kein Widersacher des Landes, Ur-Lord. Aber du kennst wenig Achtung. Doch hier solltest du Achtung haben.« Für einen Moment starrte er in Covenants Augen, als neige er dazu, seine Forderung notfalls handgreiflich durchzusetzen. Dann ging er hin und klopfte an die Tür. Als der Hoch-Lord die Tür aufmachte, sah Covenant ihn zum ersten Mal deutlich aus der Nähe. Elena hatte die blaue Robe der Lords abgelegt und trug nun statt dessen ein langes, hellbraunes Kleid nach Steinhausener Art, dessen Schultern ein eingewebtes weißes Muster aufwiesen. Eine ebenfalls weiße, um ihre Taille geschlungene Kordel betonte ihre Figur, und ihr üppiges Haar von kräftigem Braun, durchzogen von Strähnen in hellem Honiggelb, fiel bis auf die Schultern und verbarg teilweise das weiße Strickmuster. Sie wirkte jünger als erwartet – er hätte gesagt, sie habe gerade dreißig Jahre überschritten –, aber ihr Gesicht verriet Charakterstärke, und die weiße Haut ihrer Stirn und Kehle zeugte von einem hohen Erfahrungsschatz an Strenge und Disziplin, obwohl sie fast schüchtern lächelte, als sie Covenant sah. Aber hinter den Beweisen von Verantwortungsbewußtsein und Hingabe in ihren Gesichtszügen wirkte sie merkwürdig evokatorisch. Sie kam ihm entfernt vertraut vor, als sei ihr Gesicht in seinen Grundeigenheiten jemandem ähnlich, den er einmal gekannt hatte. Ihre Augen bestätigten diesen Eindruck ebenso stark, wie sie ihn leugneten. Sie waren grau wie seine Augen; doch obwohl sie seinen Blick offen erwiderten, besaßen sie irgendwie eine Abseitsgerichtetheit, eine Entzweiung ihres Fokus, als betrachte sie in Wirklichkeit etwas anderes – als blickten andere, wichtigere Augen, die Augen ihres Geistes, ganz woandershin. Ihr Blick rührte an Teile in ihm, die sich lange nicht geregt hatten. »Ich bitte dich, tritt ein«, sagte sie mit einer Stimme wie heller Frühling. Mit wie hölzern steifen Bewegungen stelzte Covenant an ihr vorüber in ihre Räume, und sie schloß die Tür, sperrte die Helligkeit des Innenhofs aus. Ihr Empfangszimmer war schlicht durch einen Topf mit Glutgestein bis in jeden Winkel erleuchtet. In der Mitte des Raums blieb Covenant stehen und sah sich um. Die Räumlichkeit war kärglich und schmucklos, enthielt nichts als Glutgestein, ein paar steinerne Sitze und einen Tisch mit einer weißen Skulptur darauf; dennoch wirkte er ruhig und behaglich. Das Licht, befand Covenant, schuf diesen Effekt. Der warme Glanz des Glutgesteins verlieh sogar glattem Stein Freundlichkeit, verstärkte das grundsätzliche Sicherheitsgefühl im Innern Schwelgensteins. Man fühlte sich geborgen – umschlungen von Armen aus Stein und umsorgt. Hoch-Lord Elena deutete auf einen der steinernen Sessel. »Wünschst du Platz zu nehmen? Vieles gibt's, über das ich mit dir sprechen möchte.«
    Er verharrte auf den Füßen, mied Elenas Blick. Trotz der heimeligen Atmosphäre der Kammer war ihm sehr unbehaglich zumute. Elena hat ihn herbeschworen, und er mißtraute ihr. Doch als er endlich seine Stimme lösen konnte, überraschte er sich selber damit, daß er einer seiner persönlichsten Sorgen Ausdruck gab. »Bannor weiß mehr«, meinte er gedämpft und mit einem Kopfschütteln, »als er ausplaudert.«
    Elena stutzte in merklicher Verblüffung. »Mehr?« wiederholte sie erstaunt. »Was hat er gesprochen, das noch mehr im unklaren beläßt?« Aber er hatte schon mehr als beabsichtigt geäußert. Er schwieg und beobachtete sie aus den Augenwinkeln. »Die Bluthüter kennen Zweifel«, ergänzte sie verunsichert. »Seit Kevin Landschmeißer sie vor der Schändung und davor, sein

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