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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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rücklings ins Gras sinken, um sie nicht anschauen zu müssen. »Woher ich komme«, sagte er leise und angeödet, »dort gibt's kein ›Land‹. Nur ›Erdboden‹. Leblose Erde. Und es ist ständig Krieg.«
    »Wenn ich richtig vernommen habe«, sagte sie nach kurzem Schweigen und mit einem Lächeln in der Stimme, »sind's derartige Reden, die Schwertwart Quaan so wider dich erbittern.«
    »Ich kann's nicht ändern. Das sind Tatsachen.«
    »Mich dünkt, du bringst Tatsachen allzu große Achtung entgegen.«
    Er atmete vorsichtig rings um sein wundes Herz ein, ehe er antwortete. »Nein. Ich hasse sie. Aber sie sind alles, was ich habe.«
    Ein geruhsames Schweigen entstand. Elena streckte sich neben Covenant aus, und sie lagen beide still da, um sich von der Sonne trocknen zu lassen. Die Wärme und der Duft des Grases schienen ihm ein Gefühl des Wohlbehagens anzutragen; doch als er den Versuch machte, sich zu entspannen und der Verlockung nachzugeben, begann auf unerfreuliche Weise sein Pulsschlag in der Brust zu dröhnen. Zu sehr war er sich Elenas Gegenwart bewußt. Nach und nach fiel ihm jedoch auf, daß sich ein übergeordnetes Schweigen auf Glimmermere senkte. Alle Vögel und sogar der Wind waren leise, irgendwie gedämpft geworden. Eine Zeitlang atmete Covenant flach und erkundete die Luft ringsherum mit seinem Gehör. »Er kommt«, sagte kurz darauf Elena und ging ihren Stab holen. Covenant setzte sich auf und blickte umher. Dann vernahm er ihn – einen leisen, klaren Klang, wie von einer Flöte, der sich ohne ersichtlichen Ursprung über Glimmermere verbreitete, als habe die Luft selbst ein Lied angestimmt. Das Singen wanderte, kam näher. Bald konnte er die Worte verstehen.
     
    »Frei und ungebunden,
    Abgesegnet und frei,
    Träume, daß Träume in Erfüllung gehen,
    Schließ deine Augen, bis sie sehen,
    Sing von der Weissagung Wohlverstehen,
    Und sei
    Ungebunden,
    Frei.
     
    Allein und ohne Freund,
    Ohne Band und allein,
    Trink vom Entsagungs-Kelch bis zur Neige,
    Bis Einsamkeit kam, nur um zu scheiden,
    Und Verständigung ist Schweigen –
    Mußt doch sein
    Ohne Freund und Band,
    Allein.
     
    Tief und ohne Grund,
    Ohne Ende und tief
    Erkunde die wahrhafte Rätselstätte,
    Wo Treue lacht, weint, geht zu Bette,
    Derweil Verräter krauchen, gefällt durch Verrates Glätte,
    Durch Blut,
    Ohne Grund und Ende,
    Tief.«
     
    »Erhebe dich, um ihn zu grüßen«, sagte der Hoch-Lord ruhig. »Er ist Freischüler. Sein Wissen geht über die Schule der Lehre hinaus, weil er ein ureigenes Gesicht verfolgt, nur ihm allein offen.«
    Covenant stand auf, lauschte noch immer dem Lied. Es hatte eine mitreißende Wirkung, die seine Fragen und Zweifel zum Verstummen brachte. Er stand aufrecht da, den Kopf erhoben, als habe ihn Eifer erfaßt. Kurz danach betrat der Freischüler auf den Hügeln nördlich Glimmermeres das Blickfeld. Er hörte zu singen auf, als er Covenant und Elena sah, aber seine Erscheinung sicherte seinen Einfluß auf sie. Er trug ein langes Gewand, das ihn umwallte und keine eigene Farbe aufzuweisen schien; statt dessen fing es die Farbschattierungen der Umgebung ein, war unterhalb der Taille grasgrün, an den Schultern himmelblau, und an der rechten Seite flimmerten die Farben von Fels und Schnee der Berge. Das ungekämmte Haar wehte, spiegelte den Sonnenschein wider. Er kam direkt auf Covenant und Elena zu, und binnen kurzem konnte Covenant sein Gesicht erkennen – weiche, zwitterhafte Gesichtszüge mit dichtem Bartwuchs und tiefen Augen. Als er vor ihnen stehenblieb, tauschten er und der Hoch-Lord keine Grußworte aus, befleißigten sich keiner rituellen Begrüßung.
    »Laß uns allein«, sagte er bloß mit hoher, mädchenhafter Stimme zu Elena. Sein Tonfall drückte weder Ablehnung noch Befehlsgewohntheit aus, sondern nur etwas, das nach Notwendigkeit klang, und sie verbeugte sich ohne eine einzige Frage. Doch bevor sie ging, legte sie nochmals die Hand auf Covenants Arm, forschte eindringlich in seiner Miene. »Thomas Covenant«, wandte sie sich mit einem Beben in der Stimme an ihn, als fürchte sie sich vor ihm oder um ihn, »Ur-Lord ... wenn ich in diesen Krieg ziehen muß, wirst du mich begleiten?«
    Er sah sie nicht an. Er stand da, als hätten seine Zehen im Gras Wurzeln geschlagen, und starrte in die Augen des Freischülers. Als er nach einer Weile noch nicht geantwortet hatte, neigte sie den Kopf, drückte kurz seinen Arm und entfernte sich in die Richtung Schwelgensteins. Sie schaute sich nicht

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