Der siebte Schrein
Wein greifen wollte. Der Herzog nahm sie ihm ab und trank zuerst; erst nach einem Moment reichte er sie weiter. Außerdem bestand er darauf, Valentines Würste für ihn zu kosten, ebenso das gekochte Gemüse, das dazu serviert wurde.
Valentine wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß die Dorfbewohner versuchen könnten, ihn zu vergiften. Aber er ließ Nascimonte sein reizendes kleines Ritual mittelalterlicher Ritterlichkeit ohne Einwände spielen. Er hielt zu große Stücke auf den alten Mann, um ihm diese Geste zu verweigern.
Als das Fest schon einige Zeit andauerte, sagte Vathiimeraak: »Ich gehe davon aus, Euer Majestät, Ihr seid wegen des Todes von Dr. Huukaminaan hier?«
Die Direktheit des Vorarbeiters war erstaunlich. »Könnte es nicht sein«, entgegnete Valentine gutgelaunt, »daß ich einfach nur sehen wollte, welche Fortschritte an der Ausgrabungsstätte gemacht werden?«
Damit ließ sich Vathiimeraak nicht abspeisen. »Ich werde tun, was Ihr von mir verlangt, um Eure Suche nach dem Mörder zu unterstützen«, sagte er und klopfte heftig auf den Tisch, um seine Worte zu unterstreichen. Einen Moment verschwammen die Umrisse seines breiten, kantigen Gesichts, als wäre er kurz davor, eine unwillkürliche Verwandlung durchzumachen. Valentine wußte, daß dies bei den Piurivar ein Zeichen für heftige Gefühlsregungen war. »Ich hatte den größten Respekt vor Dr. Huukaminaan. Es war ein Privileg, mit ihm zu arbeiten. Ich habe oft für ihn persönlich gegraben, wenn ich der Meinung war, eine Grabungsstätte wäre zu empfindlich, sie in ungeschicktere Hände zu geben. Anfangs hielt er das für unangemessen, daß der Vorarbeiter selbst grub, aber ich sagte: Nein, nein, Dr. Huukaminaan, ich bitte Euch, mir diese Ehre zu gewähren, und er verstand und gestattete es. Wie kann ich Euch helfen, denjenigen zu finden, der dieses grauenhafte Verbrechen begangen hat?«
Er wirkte so ernst und geradeheraus und offen, daß Valentine auf der Stelle argwöhnisch wurde. Vathiimeraaks kräftige, dröhnende Stimme und seine äußerst förmliche Ausdrucksweise hatten etwas Theatralisches. Seine übertriebene Aufrichtigkeit wirkte genau wie die extreme Überschwenglichkeit der Begrüßung durch die Dorfbewohner, das Knien und Küssen seines Saums: exzessiv und deshalb unglaubwürdig.
Du bist diesen Leuten gegenüber zu mißtrauisch, sagte er sich. Dieser Mann spricht einfach nur so, wie man seiner Ansicht nach mit einem Pontifex sprechen muß. In jedem Fall denke ich, kann er nützlich sein.
Er sagte: »Was wißt Ihr darüber, wie der Mord begangen wurde?«
Vathiimeraak antwortete ohne Zögern, als hätte er eine gut einstudierte Antwort parat gehabt. »Ich weiß, daß es spät in der Nacht geschah, vergangene Woche, irgendwann zwischen der Stunde des Gihorna und der Stunde des Schakals. Eine oder mehrere Personen lockten Dr. Huukaminaan aus seinem Zelt und führten ihn zu den Tischen der Götter, wo er getötet und in Stücke geschnitten wurde. Wir fanden die verschiedenen Teile seines Leichnams am nächsten Morgen auf der westlichen Plattform, bis auf den Kopf. Den entdeckten wir später am selben Tag in einem der Alkoven am Fundament des Schreins des Untergangs.«
Weitgehend die übliche Darstellung, dachte Valentine. Mit einer kleinen Ausnahme.
»Schrein des Untergangs? Diesen Ausdruck habe ich bisher noch nicht gehört.«
»Den Schrein der Siebten Pyramide, den meine ich«, sagte Vathiimeraak. »Den ungeöffneten Schrein, den Dr. Magadone Sambisa gefunden hat. Der Name, den ich genannt habe, ist der, den wir ihm unter uns gegeben haben. Wie Ihr hört, sage ich nicht, daß sie ihn ›entdeckt‹ hat. Wir haben immer gewußt, daß er da war, neben der zerstörten Pyramide. Aber niemand hat uns je danach gefragt, und darum haben wir nie etwas gesagt.«
Valentine sah zu Deliamber, der fast unmerklich nickte. Wieder hsirthiir, ja.
Aber etwas stimmte nicht ganz. »Ich glaube, Dr. Magadone Sambisa sagte mir, daß sie und Dr. Huukaminaan den siebten Schrein gemeinsam gefunden haben«, sagte Valentine. »Sie deutete an, daß Dr. Huukaminaan so überrascht gewesen war, ihn dort zu finden, wie sie selbst. Wollt Ihr behaupten, daß Ihr von seiner Existenz wußtet, er aber nicht?«
»Es gibt keinen Piurivar, der nicht von der Existenz des Schreins des Untergangs weiß«, sagte Vathiimeraak ungerührt. »Er wurde zur Zeit der Schandtat versiegelt und enthält, wie wir glauben, Beweise für die Schandtat selbst. Wenn Dr.
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