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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sicher, daß die gewöhnlichen Leute ohnehin schon in Angst vor dieser Stadt leben. Die schreckliche Geschichte der Schandtat, der Fluch, das Geschwätz von Geistern, die in den Ruinen hausen, die unheimliche Aura des Ortes - nun, Ihr wißt, wie die Leute sind, Majestät. Wie verzagt sie im Angesicht des Unbekannten sein können. Ich hatte Angst, wenn Ghorbans wahre Geschichte bekannt würde - der geheime Schrein, die Suche eines obskuren uralten Pontifex nach mysteriösen magischen Gegenständen, die Ermordung dieses Pontifex durch einen Piurivar -, dann würde die Stimmung der Öffentlichkeit sich gegen die Ausgrabungen in Velalisier wenden und das Projekt beendet werden. Ich wollte nicht, daß es dazu kommt. Das ist alles, Euer Majestät. Ich habe versucht, meinen Job zu retten, nehme ich an. Mehr nicht.«
    Es war ein demütigendes Eingeständnis. Ihr Tonfall, der lebhaft genug gewesen war, als sie die Geschichte erzählt hatte, war nun niedergeschlagen, müde, fast leblos. Valentine fand, daß er sich durch und durch aufrichtig anhörte.
    »Und Dr. Huukaminaan stimmte nicht mit Euch überein, daß es eine Gefahr für die Fortsetzung Eurer Arbeit hier wäre, die Entdeckung des Grabes publik zu machen?«
    »Er sah das Risiko ein. Es war ihm egal. Für ihn kam immer zuallererst die Wahrheit. Sollte die Ausgrabung unter dem Druck der Öffentlichkeit beendet werden und fünfzig oder hundert oder hundertfünfzig Jahre niemand mehr hier graben, ihm wäre es recht gewesen. Seine Integrität hätte nicht zugelassen, eine derart erstaunliche historische Entdeckung zu verheimlichen, aus welchen Gründen auch immer. Deshalb hatten wir einen heftigen Streit, aber schließlich konnte ich ihn zum Nachgeben überreden. Ihr habt gesehen, wie störrisch ich sein kann. Aber ich habe ihn nicht getötet. Wenn ich jemanden hätte töten wollen, dann ganz gewiß nicht Dr. Huukaminaan. Es wäre der Khivanivod gewesen, der tatsächlich will, daß die Ausgrabung beendet wird.«
    »Tatsächlich? Ihr sagtet, daß er und Huukaminaan Hand in Hand gearbeitet hätten.«
    »Im allgemeinen, ja. Wie ich gestern sagte, gab es ein Thema, bei dem er und Huukaminaan uneins waren: wenn es darum ging, den Schrein zu öffnen. Huukaminaan und ich, müßt Ihr wissen, hatten vorgehabt, ihn zu öffnen, sobald Ihr und Lord Hissune dabeisein konntet. Aber der Khivanivod war leidenschaftlich dagegen. Den Rest unserer Arbeit hier fand er akzeptabel, aber das nicht. Der Schrein des Untergangs, sagte er immer wieder, ist die heiligste Stätte der Piurivar, ihr Allerheiligstes.«
    »Damit könnte er nicht ganz unrecht haben«, sagte Valentine.
    »Findet Ihr auch, daß wir nicht in den Schrein hineinschauen sollten?«
    »Ich denke, es gibt eine ganze Reihe bedeutender Führer der Piurivar, die ganz und gar nicht wünschen, daß das passiert.«
    »Aber die Danipur selbst hat uns die Erlaubnis gegeben, hier zu graben! Nicht nur das, sie und alle anderen Anführer der Piurivar haben gewußt, daß wir hierhergekommen sind, um die Stadt zu restaurieren - daß wir hoffen, soviel wie möglich von dem Schaden zu beseitigen, den Jahrtausende der Vernachlässigung angerichtet haben. Sie haben keine Einwände dagegen. Um ganz sicher zu sein, daß unsere Arbeit der Gemeinschaft der Piurivar kein Dorn im Auge sein würde, waren wir uns alle einig, daß die Expedition zu gleichen Teilen aus Piurivar- und Nicht-Piurivar-Archäologen bestehen sollte und Dr. Huukaminaan und ich ihre gleichberechtigten Leiter sein würden.«
    »Aber als es zu einer größeren Unstimmigkeit zwischen euch beiden kam, stellte sich heraus, daß Ihr ein kleines bißchen gleichberechtigter wart als er, nicht wahr?«
    »In dem Fall von Ghorbans Grab, ja«, sagte Magadone Sambisa, die nur ein wenig außer Fassung zu sein schien. »Aber nur dies eine Mal. Bei allem anderen stimmten er und ich vollkommen überein. Zum Beispiel, als es darum ging, den Schrein zu öffnen.«
    »Eine Entscheidung, gegen die der Khivanivod dann sein Veto einlegte.«
    »Der Khivanivod besitzt keine Befugnis, ein Veto einzulegen, Majestät. Wir waren uns einig, daß jeder Piurivar, der sich aus religiösen Gründen gegen einen Aspekt unserer Arbeit aussprach, eine Eingabe bei der Danipur machen konnte, die das Problem dann nach Konsultation mit Euch und Lord Hissune bereinigen sollte.«
    »Ja. Dieses Dekret habe ich sogar selbst geschrieben.«
    Valentine machte einen Moment die Augen zu und preßte die Fingerspitzen darauf. Ihm

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