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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Spuren von Fußabdrücken erkennen, und die Stelle selbst kam mir auch nicht vertraut vor, als hätten sich die Ruinen um mich herum von selbst verändert. Ich machte die Augen zu und lauschte nach dem Klang von Tellarins Stimme, da ich sicher war, mein Herz würde ihn durch alle Steine Erkynlands hören können. Aber ich vernahm nichts außer dem Murmeln der Geister, das wie eine herbstliche Brise wehte, voll von Seufzern und getuscheltem Unsinn.
    Ich hatte mich verirrt.
    Zum erstenmal wurde mir klar, wie närrisch es war, was ich getan hatte. Ich hatte mich an einen Ort begeben, wo ich nichts zu suchen hatte. Kein Mensch wußte, daß ich hier war, und wenn meine letzte Kerze niedergebrannt war, würde ich hilflos in der Dunkelheit sitzen.
    Tränen traten mir in die Augen, aber ich wischte sie weg. Das Weinen hatte weder meinen Vater zurückgebracht noch meine Mutter. Jetzt würde es mir auch nichts nützen.
    Ich gab mir größte Mühe, meine Schritte zurückzuverfolgen, aber die Stimmen flatterten um mich herum wie unsichtbare Vögel, und es dauerte nicht lang, da lief ich orientierungslos dahin. Die Stimmen in meinem Kopf und die flackernden Schatten verwirrten mich so sehr, daß ich zweimal um ein Haar in breite Spalten im Boden des Gangs gefallen wäre. Ich trat einen Stein in eine, der fiel, ohne etwas zu berühren, bis ich es nicht mehr ertragen konnte, weiter zu lauschen.
    Die Dunkelheit schien mich einzuschließen, und ich hätte mich für alle Zeiten verirren, zu einer weiteren Stimme in dem flüsternden Chor werden können, aber durch Glück oder Zufall oder eine Fügung des Schicksals bog ich in einen Gang, den ich nicht wiedererkannte, stand vor einer weiteren Treppe und hörte die Stimme der Hexe Valada aus den Tiefen herauftönen.
    ». . . nicht eine Armee oder ein Haushalt eines Edelmannes, den Ihr herumkommandieren könnt, Lord Sulis. Diejenigen, die hier gelebt haben, sind tot, aber das Gebäude lebt. Ihr müßt nehmen, was Ihr bekommt . . .«
    Es war, als hätte sie meine Gedanken gehört. Während ich noch erschauerte, als ich meine bösen Ahnungen laut ausgesprochen hörte, eilte ich dem Klang entgegen, weil ich schreckliche Angst hatte, daß ich nie wieder eine vertraute Stimme hören würde, falls er verstummte.
     
    Schätzungsweise eine weitere Stunde verstrich, obwohl ich so lange in der verwunschenen Dunkelheit gewesen war, daß ich es kaum beurteilen konnte. Mein Liebster und die übrigen schienen fast selbst schon Phantome geworden zu sein und schwebten wie Löwenzahnsamen vor mir, immer ein Stück außerhalb meiner Reichweite.
    Die Treppen führten weiter nach unten, und als meine dritte und dann meine vierte Kerze brannte, konnte ich flüchtige Eindrücke der riesigen Räume erhäschen, durch die wir alle Stufe für Stufe nach unten gingen, als machten wir eine Pilgerfahrt die Terrassen des Himmels hinab. Manchmal, wenn die Kerzen in dem Holzhalter flackerten, bildete ich mir ein, ich könnte noch mehr sehen. Aus den Augenwinkeln gesehen, schienen die Ruinen manchmal eine Art Eigenleben zu entwickeln. Es gab Augenblicke, da schwollen die Geisterstimmen an, und die Schatten schienen greifbare Formen anzunehmen. Wenn ich die Augen halb schloß, konnte ich es in diesen trostlosen Hallen fast von bunten, lachenden Leuten wimmeln sehen.
    Warum hatten die Nordmänner etwas so Schönes vernichtet? Und wie konnte ein Volk, das eine solche Burg erbaute, von irgendwelchen Sterblichen besiegt werden, so blutgierig und kampfeslustig sie auch sein mochten?
    Ein Licht erblühte vor mir in der Tiefe, rot und gelb, so daß der polierte Stein des Treppenhauses zu beben schien. Einen Augenblick hielt ich es auch für ein Hirngespinst, aber dann hörte ich die Stimme meines Liebsten so nahe, daß es schien, als könnten wir uns küssen, hätten wir den Wunsch danach verspürt.
    »Traut ihr nicht, Sire«, sagte Tellarin, der sich mehr als ein wenig ängstlich anhörte. »Sie lügt wieder.«
    Ich war über die Maßen glücklich, aber auch meine Vorsicht kehrte zurück, als ich die Flamme der Kerze mit der Hand abschirmte und so schnell ich konnte die Treppe hinunterlief. Als ihre Stimmen lauter wurden und ich sah, daß das Licht, das in der Dunkelheit erblühte, von ihren Fackeln stammte, kniff ich die Flamme aus und löschte meine Kerze ganz. So froh ich war, sie zu finden - ich ging davon aus, daß sie diese Gefühle nicht erwidern würden.
    Ich schlich mich näher ans Licht, konnte aber Tellarin und die

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