Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
verbrennt mich das Blut des Wurms - selbst im Schlaf. Selbst wenn ich auf der Straße der Träume wandle!«
    »Das Blut des Wurms . . .?« Mein Stiefvater war verwirrt. »Ein Drache? Was sagst du da?«
    »Sie war wie eine große schwarze Schlange«, murmelte Hakatri. »Mein Bruder und ich, wir folgten ihr an ihren tiefen Ort und kämpften gegen sie und töteten sie, aber ich habe ihr sengendes Blut auf mir gespürt und werde nie wieder Frieden finden. Beim Garten, es tut so weh!« Er gab einen erstickten Laut von sich, danach verstummte er einen Moment. »Unser beider Schwerter fanden das Ziel«, sagte er, und es war fast ein Gesang, ein Lied, »aber mein Bruder Ineluki war der Glückliche. Er entging den schrecklichen Verbrennungen. Schwarz, schwarz war es, das Götterblut, und heißer als selbst die Flammen der Schöpfung! Ich fürchte, nicht einmal der Tod könnte diese Qualen lindern . . .«
    »Sei still!« donnerte Sulis voll Zorn und Elend. »Hexe, ist dieser Zauber vergebens? Warum hört er mir nicht zu?«
    »Es gibt keinen Zauber, außer dem, der die Tür öffnet«, antwortete sie. »Hakatri kam möglicherweise zu dieser Tür, weil das Blut des Drachen ihn verbrannt hat - es gibt auf der ganzen Welt nichts, das man mit dem Blut der großen Lindwürmer vergleichen könnte. Seine Wunden halten ihn immer in der Nähe der Straße der Träume, glaube ich. Stellt ihm Eure Frage, Mann aus Nabban! Er ist so geeignet, sie zu beantworten, wie jeder andere Unsterbliche, den Ihr hättet finden können.«
    Jetzt konnte ich sie spüren - konnte die Schicksalsmacht spüren, die uns alle hierhergebracht hatte und nun in ihrem Griff hielt. Ich hielt den Atem an und war hin und her gerissen zwischen einem Grauen, das wie ein Eiseswind durch meinen Kopf wehte und mich anschrie, Tellarin und alles andere zu verlassen und wegzulaufen, und einem unerbittlichen Drang, zu erfahren, was meinen Stiefvater zu diesem ungewöhnlich seltsamen Treffen geführt hatte.
    Lord Sulis neigte einen Moment das Kinn auf die Brust, als wäre er nun, da der Zeitpunkt gekommen war, nicht sicher, was er sagen sollte. Schließlich begann er, anfangs zitternd, aber dann zunehmend sicherer:
    »Unsere Kirche lehrt uns, daß Gott in Gestalt von Usires Ädon in diese Welt kam, viele Wunder vollbrachte, Heilung für die Kranken und Lahmen brachte, bis ihn schließlich Imperator Crexis am Galgenbaum hängen ließ. Weißt du davon, Hakatri?«
    Die blinden Augen des brennenden Mannes richteten sich wieder auf Sulis. Er antwortete nicht, schien aber zuzuhören.
    »Ädon der Erlöser verspricht, daß alle, die leben, eingesammelt werden - daß es keinen Tod gibt«, fuhr mein Stiefvater fort. »Und das wird bewiesen, weil er in dieser Welt der Fleisch gewordene Gott war, und es wird durch die Wunder bewiesen, die er vollbracht hat. Aber ich habe viel über dein Volk gelesen, Hakatri. Wunder, wie Usires der Ädon sie vollbracht haben soll, hätten von einem deiner Sithileute vollbracht worden sein können, vielleicht sogar von einem nur halb von unsterblichem Geschlecht.« Sein Lächeln war freudlos wie das eines Totenschädels. »Immerhin stimmen selbst meine heftigsten Kritiker der Mutter Kirche mit mir darin überein, daß Usires keinen Menschen als Vater hatte.«
    Sulis neigte wieder einen Moment den Kopf und beschwor Worte oder Kraft. Ich rang nach Luft - ich hatte vergessen zu atmen. Avalles und Tellarin schauten immer noch wortlos zu, und nun mischte sich Staunen in ihre Furcht, aber das Gesicht der Hexe Valada wurde von den Schatten vor mir verborgen.
    »Meine beiden Frauen wurden mir vom Tod genommen, beide vor ihrer Zeit«, sagte mein Stiefvater. »Meine erste Frau schenkte mir einen Sohn, bevor sie starb, einen wunderschönen Knaben namens Sarellis, der selbst vor Schmerzen schreiend starb, weil er in einen Hufnagel - einen Nagel! - getreten war und sich das Wundfieber geholt hatte. Junge Männer, die ich befehligt habe, wurden zu Hunderten abgeschlachtet, zu Tausenden, ihre Leichen türmten sich auf den Schlachtfeldern wie die Hüllen von Heuschrecken, and alles um ein kleines Stück Land hier oder da, manchmal auch nur um Worte. Meine Eltern sind ebenfalls tot, und zuviel blieb zwischen uns unausgesprochen. Alle, die ich je wahrhaftig geliebt habe, wurden mir vom Tod gestohlen.«
    Seine heisere Stimme hatte eine beängstigende Macht gewonnen, eine verrückte Kraft, als wollte er die Mauern des Himmels selbst niederbrüllen.
    »Mutter Kirche sagt mir,

Weitere Kostenlose Bücher