Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Verwendung der offiziellen Bezeichnung der Station ihrer Familie.
    »Das wird genügen«, sagte der Mann keuchend und schwer atmend nach dem langen Lauf. »Das wird vollauf genügen.« Er rang keuchend nach Luft. »Es ist dringend«, brachte er heraus. »Wie heißt du?«
    »Tenna.«
    »Eine . . . von . . . Fedris?« fragte er, worauf sie nickte. »Das soll . . . mir recht sein. Bist du bereit . . . dich auf den Weg zu machen?«
    »Klar.« Sie streckte die Hand nach dem Beutel aus, den er von seinem Gürtel löste, und er notierte nur die Übergabezeit, bevor er ihn ihrer Obhut übergab. »Du bist?« fragte sie, befestigte den Beutel an ihrem Gürtel und schob ihn auf den Rücken.
    »Masso«, sagte er und griff nach dem Becher Wasser, den Irma ihm rasch gebracht hatte. Er lotste sie zum Weg nach Westen. Mit einem letzten dankbaren Abschiedsgruß an Mallum setzte sie sich in Bewegung, während Mallum sie mit dem traditionellen »Jo-ho« der Läufer anfeuerte.
    Sie schaffte es in weniger Zeit nach Hause, als sie auf dem Hinweg zu Irmas Station gebraucht hatte, und einer ihrer Brüder war da, um den Beutel den nächsten Streckenabschnitt nach Westen zu befördern. Silan nickte anerkennend, als er die Übergabezeit notierte, quittierte den Empfang und lief los.
    »So, Mädchen, jetzt gehörst du offiziell dazu«, sagte ihre Mutter und umarmte sie. »Und es war völlig überflüssig, daß du dir Sorgen gemacht hast, nicht wahr?«
    »Laufen ist nicht immer so einfach«, sagte ihr Vater von der Bank, »aber du bist eine gute Zeit gelaufen, und das ist ein großartiger Anfang. Ich hatte dich nicht vor Mitte des Nachmittags zurück erwartet.«
    Tenna legte in jenem ersten Sommer und bis in den Winter hinein alle Kurzstrecken rund um Station 97 zurück, baute Kondition für die längeren Strecken auf und machte sich in allen umliegenden Stationen einen Namen. Ihre längste Strecke war bis Greystone an der Küste, das sie kurz vor einem schlimmen Schneesturm erreichte. Weil sie die einzige verfügbare Läuferin in Station 18 war, als der erschöpfte Überbringer einer dringenden Nachricht eintraf, mußte sie diese Nachricht zwei Stationen weiter nach Norden bringen. Ein Fischereiboot würde verspätet im Hafen einlaufen, weil ein neuer Mast aufgerichtet werden mußte. Da das Schiff überfällig war, würden viele sehnsüchtig auf die Nachricht warten.
    Solche Notfallmeldungen hätten getrommelt werden sollen, aber der starke Wind würde eine solche Botschaft bis zur Sinnlosigkeit entstellen. Es war ein anstrengender Lauf, Kälte und Wind und Schnee auf dem größten Teil des tiefliegenden Weges. Sie bezwang ihre Ungeduld und suchte eine Stunde Unterschlupf in einem der Sporenbunker, die einen Pfad säumten. Sie schaffte die gesamte Strecke unter den gegebenen Bedingungen in einer so guten Zeit, daß sie zusätzliche Stiche an ihrem Gürtel bekam, was ihren Aufstieg in den Rang einer Reisenden einleitete.
     
    Dieser Lauf zur Burg Fort bedeutete zwei weitere Stiche an ihrem Gürtel, wenn sie eine gute Zeit schaffte. Und sie war sicher, daß sie die schaffen würde . . . mit der tröstlichen Gewißheit, die man den älteren Läufern zufolge verspürte, wenn man die Wege eine Zeitlang bereist hatte. Sie war inzwischen auch daran gewöhnt, am Gefühl in ihren Beinen abzuschätzen, wie weit sie gelaufen war. Sie spürte nichts von der Bleischwere in ihren Gliedern, die mit wahrer Erschöpfung einherging, und sie lief immer noch mühelos. Sie wußte, wenn sie keinen Krampf in einem Bein bekam, konnte sie bei diesem Tempo mühelos durchhalten, bis sie Station 300 in Fort erreichte. Krämpfe waren immer eine Gefahr und konnten einen unvorbereitet überfallen. Sie achtete geflissentlich darauf, einen Vorrat an Tabletten bereitzuhalten, die Läufer nahmen, um Krämpfen vorzubeugen. Und sie zögerte auch nicht, eine Handvoll Heilkräuter zu pflücken, die gegen das Übel helfen konnten, wenn sie welche sah.
    Sie durfte ihre Gedanken eigentlich nicht auf diese Weise abschweifen lassen, aber aufgrund des problemlosen Laufs und der angenehmen Nacht für die Reise fiel es ihr schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Sollten Komplikationen wie schlechtes Wetter oder unzureichendes Licht auftreten, wäre sie klug genug, sich auf die Strecke zu konzentrieren. Darüber hinaus war dies so vielbereistes Gelände, daß keine Gefahren wie Tunnelschlangen drohten, das schlimmste Risiko, dem Läufer begegneten - für gewöhnlich in der Morgen- oder

Weitere Kostenlose Bücher