Der siebte Sinn der Tiere: Warum Ihre Katze weiß, wann Sie nach Hause kommen, und andere bisher unerklärte Fähigkeiten der Tiere (German Edition)
dass Jaytees Verhalten mit einer Art von Zeitempfinden zusammenhing.
Pam verlor 1993 ihren Arbeitsplatz und war arbeitslos. Jetzt war sie oft stundenlang von zu Hause weg, ohne an ein regelmäßiges Tätigkeitsschema gebunden zu sein. Normalerweise wussten ihre Eltern nicht, wann sie wiederkommen würde, aber Jaytee ahnte noch immer ihre Rückkehr voraus. Seine Reaktionen schienen um die Zeit einzusetzen, als sie die Heimfahrt antrat.
Im April 1994 las Pam im Sunday Telegraph einen Artikel über meine Forschungen zu diesem Phänomen [47] und meldete sich, um daran mitzuarbeiten. Die erste Phase bei dieser Untersuchung bestand darin, dass Pam und ihre Eltern Tagebuch führten. Zwischen Mai 1994 und Februar 1995 ließ sie Jaytee 100-mal bei ihren Eltern, wenn sie ausging, und diese notierten Jaytees Verhalten. Pam selbst hielt fest, wo sie gewesen war, wie weit sie gefahren war, welches Verkehrsmittel sie benutzt hatte und wann sie den Heimweg angetreten hatte. In 85 von diesen 100 Fällen reagierte Jaytee, indem er sich vor die Terrassentür setzte, bevor Pam heimkam, normalerweise zehn oder mehr Minuten im Voraus.
Als diese Daten statistisch ausgewertet wurden, zeigte sich, dass Jaytees Reaktionen in einer ganz signifikanten [48] Beziehung zu der Zeit standen, zu der Pam aufbrach, als ob er wüsste, wann sie den Heimweg antrat. [49] Anscheinend spielte es keine Rolle, wie weit entfernt sie war. [50]
Allerdings reagierte Jaytee in 15 von 100 Fällen nicht. War etwas ungewöhnlich an diesen Fällen? Bei einigen war Mrs Smart nicht zu Hause, oder sie schlief. Jaytee war eng mit Mrs Smart verbunden, hatte aber Angst vor Mr Smart. Wenn Jaytee mit Mr Smart allein war, versteckte er sich im Schlafzimmer und konnte nicht beobachtet werden. In einigen Fällen gab es größere Ablenkungen, etwa eine läufige Hündin in einer Nachbarwohnung. In anderen Fällen war er krank. Aber in drei Fällen gab es keine offenkundigen Ablenkungen oder Gründe, warum er nicht reagierte. Somit reagierte Jaytee nicht immer auf Pams Rückkehr, und er ließ sich ablenken.
Jaytees vorausahnende Reaktionen setzten gewöhnlich dann ein, wenn Pam über sechs Kilometer entfernt war – in einigen Fällen war sie sogar über 60 Kilometer entfernt. Bei derartigen Entfernungen hätte er unmöglich ihren Wagen hören können, besonders wenn sich das Auto in Windrichtung sowie im dichten Verkehr im Großraum Manchester und auf der Autobahn M66 befand, die nahe an Ramsbottom vorbeiführt. Darüber hinaus hatten Mr und Mrs Smart bereits festgestellt, dass Jaytee auch dann Pams Rückkehr erwartete, wenn sie in unbekannten Fahrzeugen ankam.
Doch um sicher zu sein, dass Jaytee nicht auf das Geräusch von Pams Wagen oder anderer vertrauter Fahrzeuge reagierte, untersuchten wir, ob er sich auch dann noch auffällig zeigte, wenn sie nicht mit den üblichen Verkehrsmitteln kam – also per Fahrrad, per Zug oder mit dem Taxi. Und das tat er. [51]
Normalerweise sagte Pam ihren Eltern nicht im Voraus, wann sie heimkommen würde, und sie teilte ihnen dies auch nicht telefonisch mit. Ja, oft wusste sie selbst nicht einmal, wann sie wiederkommen würde, wenn sie am Abend ausging, Freunde besuchte oder beim Einkaufen war. Aber möglicherweise hatten ihre Eltern in manchen Fällen vermutet, wann sie kommen könnte, und ihre Erwartung Jaytee dann bewusst oder unbewusst vermittelt. Einige seiner Reaktionen könnten daher auf die Erwartung ihrer Eltern statt auf irgendeinen geheimnisvollen Einfluss von Pam selbst zurückgeführt werden. Um diese Möglichkeiten zu testen, führten wir Experimente durch, bei denen Pam zu zufällig ausgewählten Zeiten losfuhr, nachdem sie ihr Zuhause verlassen hatte. Niemand sonst wusste über diese Zeiten Bescheid. Bei diesen Experimenten begann Jaytee zu warten, wenn sie aufbrach, oder vielmehr eine oder zwei Minuten bevor sie sich zu ihrem Wagen begab, auch wenn niemand zu Hause wusste, wann sie kommen würde. [52] Daher ließen sich seine Reaktionen nicht mit den Erwartungen ihrer Eltern erklären.
In dieser Phase war es natürlich wichtig, Jaytees Verhalten mit der Videokamera zu filmen, damit es sich genau und objektiv festhalten ließ. Und gerade zu diesem Zeitpunkt trat die Wissenschaftsabteilung des Österreichischen Fernsehens (ORF) an mich heran, die ein Experiment mit einem Hund filmen wollte. Pam und ihre Eltern waren freundlicherweise bereit, an diesem gefilmten Experiment mit Jaytee teilzunehmen.
Dr. Heinz Leger und
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