Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze
faulig stinkendem Dunst umgeben. Es war ein Geruch, an den sie sich erinnerte – in Zusammenhang mit einer gelben Creme.
Ebbitts Wasserspinnen-Schutzmittel.
Sie drehte sich um. Das Gitter war offen und Ebbitt stand mit seinem bemähnten Geistschatten da. Der alte Mann trug ein kleines Fass mit einer Pumpeinrichtung unter dem Arm. Er war angestrengt damit beschäftigt, überall sein Schutzmittel hinzusprühen.
Gill schleppte Tal durch das Gittertor und Odris zerrte Adras mit.
„Schnell, schnell, das Tor schließt sich gleich wieder“, sagte Ebbitt eindringlich. Milla lief schnell hindurch. Ebbitt folgte ihr, noch immer sprühend. Als er hindurch war, rumpelte das Gitterrost herunter.
„Eine Spinne hat Tal gebissen“, sagte Milla. „Ich konnte sie nicht abhalten.“
„Davon gehe ich auch nicht aus.“ Ebbitt schien nicht sonderlich besorgt zu sein. „Sie beißen übel zu, wenn sie in Laune sind. Und das ist eigentlich meistens so. Du und die junge Gillimof werden ihn tragen müssen.“
„Ich habe Euch gesagt, Ihr sollt mich nicht so nennen!“, protestierte Gill.
Milla wollte Ebbitt gerade fragen, woher er ihren Aufenthaltsort gewusst hatte. Dann sah sie Crow und die anderen Freivölkler neben einem großen Rad stehen, mit dem offensichtlich das Gitter geöffnet und geschlossen wurde. Sie schob sich sofort an Ebbitt vorbei, das Messer bereit zu einem wilden Hieb.
„Verräter!“
Bevor sie Crow erreichte, sprang Ebbitts Geistschatten zwischen die beiden. Ein gleißender Ring aus indigofarbenem Licht legte sich um Millas Brustkorb und zog sie zurück.
„Lass mich los!“, brüllte Milla. „Er hatte versprochen, uns zu dir zu bringen und hat uns dann zu den Wasserspinnen hinuntergeworfen!“
„Das machen wir immer, wenn wir verdächtige Besucher bekommen“, sagte Crow unbeschwert. „Und mit allen Erwählten. Wir können sie den Wasserspinnen vorwerfen, wann immer wir wollen.“
„Das stimmt“, sagte Ebbitt. „Eine Vorsichtsmaßnahme, auf die der Anführer des Freivolks besteht. Leider war der blaubuschige Blumenwürger hier etwas langsam, mir den Besuch mitzuteilen.“
„Crow!“, korrigierte Crow ihn und berührte die schwarzen Federn an seinem Hut. „Ihr wisst, dass ich Crow heiße!“
„Was ist mit Tal?“, fragte Milla. „Ich sagte doch, dass er von einer Spinnen gebissen wurde.“
„Und mit Adras ist auch etwas geschehen!“, fügte Odris hinzu. „Ich kann ihn nicht aufwecken!“
Ebbitt spähte zu Odris, die ihren Geistschatten-Begleiter über den Schultern liegen hatte. Zunächst sah er sie mit beiden Augen an, dann schloss er das rechte. Als Nächstes versuchte er, nur mit dem rechten Auge zu schauen und dann schloss er beide Augen.
Schließlich öffnete er wieder beide Augen. „Sturmhirten? Und in freier Begleitung, nicht gebunden?“
„Ja“, sagte Odris.
„Naja, da werden ja eine Menge Erwählter bibbernd herumlaufen, wenn sie von euch hören!“, rief Ebbitt. „Jetzt macht euch keine Sorgen um Tal und… äh… Pladros. Das Spinnengift ist nur ein schwach wirksames Soporifikum und die Schreivölkler haben ein Gegengift.“
„Es heißt Freivolk, nicht Schreivolk!“, korrigierte Crow ihn.
„Was ist ein Soporifikum?“, fragte Milla. Sie kannte das Wort nicht, obwohl sich vieles in der Eiscarl- und der Erwähltensprache glich.
„Etwas, das einen einschlafen lässt“, erklärte Ebbitt. „Es kann ein Mittel oder etwas anderes sein, so wie in dem Satz ,Die Märchen über Blauwürgers Heldenhaftigkeit sind extrem soporifisch’.“
Gill und Clovil lachten, verstummten aber sofort, als sie Crows giftigen Blick sahen.
„Los jetzt“, sagte Ebbitt und klatschte in die Hände. „Milla und Gill, ihr könnt Tal tragen. Wir müssen zum Versteck der Schreivölkler gehen. Ich meine, das Gedeck der Freivölkler. Also, die Festung der Freivölkler. Oh, wo ist eigentlich der Kodex? Unter deinem Mantel vielleicht? Wir brauchen ihn für das Treffen.“
„Er ist oben im Mausoleum“, gab Milla zurück. „Wir mussten ihn dort verstecken. Er war zu groß, um ihn herumzutragen.“
Ebbitt hielt inne und ein Ausdruck echter Verwunderung kam über sein Gesicht.
„Du meinst, ihr habt ihn zurückgelassen? Er ist das einzige Ding, das wir wirklich brauchen! Ihr hättet lieber euch selbst zurücklassen sollen!“
„Wir haben ihn aus Aenir mitgebracht und das war alles andere als leicht“, verteidigte Milla sich. „Aber wir haben ihn versteckt. Er wird noch immer im
Weitere Kostenlose Bücher