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Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze

Titel: Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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durchschnitt Arlas Panzerungen und Felle.
    Arlas Schrei erstickte. Odris ließ sie los und zog Milla zurück.
    Die Schildmutter versuchte, mit gehobenem Messer nach vorn zu kommen. Doch sie schaffte gerade vier Schritte, bevor sie zusammenbrach. Dunkles Blut floss aus ihrer Brust und breitete sich im makellosen Weiß des Schnees aus.
    „Zu mir!“, brüllte Odris in einer schlechten Imitation von Arlas Stimme. Dann ließ sie Milla los. Das Mädchen begann sofort wieder zu laufen.
    Odris folgte ihr mit besorgtem Händeringen. Millas Verstand schien durch die Kälte oder die Dunkelheit gelitten zu haben. So weit Odris es fühlen konnte, existierte ihr Verstand noch, lag aber hinter einer dicken Schicht aus einem einzigen, sich immer wiederholenden Gedanken.
    Das Ruinenschiff und die Mutter-Crone.
    Eine weitere Schildmutter tauchte aus der Dunkelheit auf und lief auf Milla zu. Odris schoss nach vorn und stieß sie aus dem Weg, bevor Milla etwas Schlimmeres mit ihr anstellen konnte.
    Die Schildmutter schrie Worte, die Odris nicht verstand. Der Schrei wurde aus allen Richtungen der Dunkelheit erwidert. Odris spürte und sah das gedämpfte Leuchten vieler schwacher Lichtquellen überall um sie herum. Dann sah sie eine plötzliche Explosion aus winzigen grünen Lichtern, die hoch in die Luft schossen. Es wäre ein wunderschönes Schauspiel, wäre es nicht offensichtlich ein Alarmsignal gewesen.
    Einen Augenblick später wurde es vom plötzlichen Donnern eines tiefen Horns beantwortet. Ein Horn, das in aller Verzweiflung geblasen wurde, so als hinge jemandes Leben daran. Eine Warnung.
    Milla lief dennoch weiter, wobei sie zielsicher den festesten Schnee und die dicksten Eisbrocken fand. Sie schien geradezu über der Oberfläche zu schweben, begleitet vom golden flimmernden Licht ihres Sonnensteins und von ihrem Geistschatten, der in seiner vollen Sturmhirten-Größe und -form neben ihr flog.
    Die Schildjungfrauen und die Schildmutter, die nach dem Alarm durch das Horn aus dem Ruinenschiff gekommen waren, sahen sie den Hügel hinablaufen, aber es war nicht Milla, die sie sahen. Es war ein blutüberströmtes, von einem Phantomlicht beleuchtetes Monster mit einer dunklen Schattenbestie als Begleitung.
    „Speere bereit!“, rief die befehlshabende Schildmutter. „Wartet! Wartet!“
    Doch Milla lief weiter und Odris’ Schreie, mit denen sie Milla aufhalten wollte, ließen das Paar nur noch grauenhafter und gefährlicher erscheinen.
    „Wartet!“, brüllte die Schildmutter noch einmal. Dann, als das Licht aus Millas Sonnenstein die erste Reihe der Schildjungfrauen traf, ließ die Anführerin den Arm fallen und rief:
    „Werft!“

 
KAPITEL ZWANZIG
     
     
     
    Die bleischwere, atemraubende Dunkelheit lastete auf Tal. Er kämpfte sich von einem Handgriff zum nächsten, um hinaus ins Licht zu gelangen.
    Gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass er die Augen schließen musste, um nicht zu erblinden, wenn er oben herauskam. So wurde er nur von der aufblitzenden Farbe unter seinen Augenlidern und der plötzlichen Wärme auf seinem Gesicht begrüßt.
    Langsam öffnete er seine Augen ein wenig und kletterte vollständig aus dem Schleier. Dann setzte er sich auf eine lange Bronzestange, die aus der Wand hervorragte.
    Adras hielt sich noch immer an seiner Schärpe fest. Als der Geistschatten in die Sonne kam, stieß er erst einen überraschten Schrei aus und räkelte und streckte sich dann genüsslich in der Sonne.
    „Ich habe die Sonne und den Himmel vermisst“, polterte er, viel zu laut für Tals Begriffe. „Sieh mal, da sind Wolken!“
    Es gab tatsächlich eine Menge Wolken. Der Sonnenuntergang stand bevor und die Sonne leuchtete rot und tief durch ein Wolkenband am Horizont.
    Tal sah sich die Wolken nicht lange an. Er war zu sehr damit beschäftigt, den Turm über ihnen abzusuchen. Hier gab es keine Gargoyles und Steinornamente mehr, nur noch lange Bronzestangen und die goldenen Netze, die dazwischen hingen und junge Sonnensteine trugen – aenirische Juwelen, die langsam die Kraft und das Licht über dem Schleier absorbierten.
    Tal interessierte sich dieses Mal nicht für sie. Er suchte nach dem Hüter.
    Nicht weit über ihm war ein Balkon. Dort hatte er den Hüter das letzte Mal gesehen. Doch jetzt war der Balkon leer. Auf dem Steg weiter oben gab es auch keinerlei Anzeichen von Bewegung.
    Tal sah wieder hinunter zum Schleier. Es war seltsam anzusehen, wie er sich horizontal über den ganzen Himmel erstreckte. Er sah aus,

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