Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze
nach oben zum Roten Turm, den sie besteigen wollten.
Wie schon Tal zuvor sah er eine Menge Vorsprünge, Gargoyles und eigenartige Ornamente, die sie als Handgriffe und Fußstützen benutzen konnten. Dennoch war es keine einfache Kletterpartie und sie würde unmöglich zu meistern sein, wenn sie sich nicht gegen die Kälte schützten.
Tal konzentrierte sich auf seinen Sonnenstein und schon bald gab er Wärme ab, die zunächst seinen Arm und dann ihn vollständig einhüllte.
„Du hast einen Sonnenstein“, sagte Tal vorsichtig. Er war sich noch immer nicht im Klaren darüber, wie er mit diesem Wissen umgehen musste: Ein Untervölkler, der einen Sonnenstein besaß. „Weißt du, wie man sich damit wärmt?“
„Ich weiß sogar noch mehr als das“, gab Crow zurück. Er holte sein Messer hervor und öffnete die kleine Abdeckung über dem Griff, um den Sonnenstein zum Vorschein zu bringen. Er konzentrierte sich einen Moment darauf, bis Tal den Stein mit einem Blinken antworten sah.
„Ah“, sagte Crow. „Viel besser. Willst du vorgehen oder soll ich?“
„Du zuerst“, sagte Tal müde. „Es wird ein paar Stunden dauern, bis wir den Schleier erreicht haben. Gib auf die Fenster Acht. Ein paar könnten offen sein und hinter einigen gibt es Geistschatten.“
Tal war sich der Gefahr in vollem Umfang bewusst. Er erinnerte sich noch allzu gut an seinen ersten Klettergang – und an seinen Bruder Gref, der durch ein solches Fenster von einem Geistschatten entführt worden war.
Diese Kletterpartie schien sehr lang zurückzuliegen, in Wirklichkeit waren es aber nur ungefähr sechs Wochen. Sein ganzes Leben hatte sich an diesem Tag verändert, und zwar keineswegs positiv. Hoffentlich würde dieser Klettergang eine Wende in die andere Richtung markieren.
Wenigstens hatte er dieses Mal einen Sonnenstein, dachte Tal. Er sah Adras an, der über ihm schwebte. Und einen eigenen Geistschatten.
Einmal mehr wurde er an seinen ersten Aufstieg erinnert. Es bestand die Möglichkeit, dass der Geistschatten noch da war, der ihn das letzte Mal herabgestoßen hatte. Wenn sie jedoch Glück hatten, würde er den Körper seines Meisters bewachen, während der in Aenir war.
,Der Hüter’ hatte er sich genannt.
Crow begann zu klettern. Er zog sich mit Leichtigkeit auf den breiten Rücken des ersten Gargoyle. Tal ließ ihm ein wenig Vorsprung, denn er dachte an den Hüter. Vielleicht war er ein freier Schatten…
„Kommst du?“, fragte Crow. Er war bereits gute zwanzig Spannen über ihm.
„Ja!“, rief Tal. Er begann zu klettern und sprach dann leise mit Adras.
„Adras. Sieh dich aufmerksam um und fang mich, falls ich abrutsche.“
„In Ordnung“, gab Adras zurück. „Was ist mit der Bohnenstange? Soll ich ihn auch fangen?“
Tal zögerte.
„Ja“, sagte er schließlich. „Aber ich muss immer zuerst in Sicherheit sein.“
Das Klettern ging schneller als das erste Mal, als Tal es probiert hatte. Crow war schnell und Tal fühlte sich stärker und war zuversichtlicher. Es dauerte nur eine Stunde, dann hatten sie den Schleier erreicht.
Tal hatte sich schon darauf vorbereitet, Crow aufzuhalten, damit er nicht in die dicke Schicht absoluter Dunkelheit hinein kletterte. Doch Crow war von selbst stehen geblieben. Er saß auf dem Kopf eines Gargoyle, hob langsam die Hand und sah, wie sie im Schleier verschwand. Es schien so, als würde sein Arm in einem Stumpfenden. Er versuchte, mit seinem Sonnenstein Licht in den Schleier zu bringen. Doch das Licht konnte die dunkle Barriere nicht durchdringen.
„Das fühlt sich eigenartig an“, sagte Crow. Er konnte ein Schaudern nicht unterdrücken, als er seine Hand zurückzog. „Was liegt darüber?“
„Sonnenlicht“, sagte Tal. „Vielleicht ein Geistschatten. Ein großer. Er nennt sich der Hüter.“
„Er hat mit dir gesprochen?“, fragte Crow. „Ist das nicht ungewöhnlich?“
„Ja“, gab Tal zurück. Er erwähnte nicht, dass er den Hüter für einen freien Geistschatten hielt.
„Wie kommt man durch den Schleier? Gibt es da irgendein Geheimnis… ein Erwählten-Geheimnis?“
Er konnte den gehässigen Ton bei dem Wort Erwählte nicht unterdrücken.
„Nicht so weit ich weiß“, gab Tal zurück. „Beeil dich nur. Ich kann zuerst gehen, wenn du willst.“
„Gute Idee“, sagte Crow. „Du kannst dich auch mit diesem Hüter herumschlagen. Es macht mir nichts aus, wenn ich nur zusehe.“
„Ich hoffe vielmehr, dass du mir hilfst“, sagte Tal schnell. „Wir
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