Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze
Wind und dem leisen Klacken der Sonnensamen in den Netzen drang nichts an ihre Ohren.
„Vielleicht gibt es Fallen“, sagte Crow. „Ich sehe besser zuerst einmal nach.“
„Vielleicht“, sagte Tal. „Fallen aus Lichtmagie. Besser, wir gehen zusammen.“
Crow nickte. Er kroch an einer Hand hängend an der Stange entlang und griff mit der freien Hand nach dem Geländer über ihm. Er musste dabei Acht geben, dass er sich nicht an den scharfkantigen Streben schnitt. Tal schob sich neben ihm voran und musste daher etwas weiter hinausgreifen. Adras schwebte neben ihm und stützte ihn mit einer Wolkenhand.
Crow sprang. Einen Moment später folgte Tal ihm nach.
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
Tal und Crow landeten gemeinsam auf dem Laufsteg. Beide zogen sich an dem scharfkantigen Geländer ein paar Kratzer zu, jedoch keine ernsthaften Verletzungen. Sie blieben vorsichtig an der äußersten Kante des engen Weges stehen und sahen in den Raum hinein, der vor ihnen lag.
Die Spitze des Roten Turmes war ein kuppelförmiger Raum. Er hatte in alle vier Himmelsrichtungen bogenförmige Öffnungen, die in den runden Steg mündeten. Die Decke das Raumes war von einem Mosaik aus winzigen roten Sonnensteinen bedeckt, die wie eine Einfassung aus juwelengefülltem Fels aussahen. Der Boden war rot-weiß gekachelt, allerdings in keinem regelmäßigen oder offensichtlichen Muster.
Von der Decke hing – oder wuchs – genau im Zentrum ein Baum aus rotem Kristall. Sein glatter Stamm war ein paar Spannen lang und teilte sich dann in ein Astwerk, das den größten Teil des Raumes einnahm. Jeder Ast trug eine kleine, silberfarbene Glocke an seiner Spitze.
Tal starrte den Baum an und versuchte dahinter zu kommen, wofür er da war. Am höchsten Punkt der Kuppel sah er mehrere kleine, silberfarbene Hände um den Stamm angeordnet. Sie schienen irgendeinen Zweck zu haben… jede Hand hielt einen dünnen Draht, der in den Stamm des Baumes führte.
„Was ist das?“, fragte Crow. Er sprach recht ruhig und zeigte auf den Baum.
„Ich weiß es nicht“, flüsterte Tal. Seine Aufmerksamkeit galt nun mehr dem, was sich unter dem Kopf stehenden Baum befand.
Auf dem Boden des Raumes stand ein kristallener Pyramidenstumpf in einem dunkleren Rot, der Tal vielleicht bis zur Brust reichte. Darauf montiert waren zwei silberne Hände, zwischen denen ein großer, pulsierender Sonnenstein klemmte. Es musste der Schlüsselstein sein.
„Ich mag mir all diese Glocken gar nicht ansehen“, sagte Crow, der sie mit den geübten Augen eines Diebes untersuchte. „Oder die silbernen Hände.“
Dann sah Crow den Schlüsselstein. Er begann loszulaufen, blieb dann aber vor dem Eingang stehen.
„Vielleicht sollten wir Adras vorausschicken?“, schlug er vor.
„In Ordnung“, sagte Adras, bevor Tal etwas sagen konnte. Der Geistschatten schwebte los. Doch bevor er durch den bogenförmigen Eingang gelangte, flammte der Schlüsselstein hell auf und eine feste Wand aus rotem Licht schloss sich wie eine Tür in dem Durchgang. Adras prallte mit einem überraschten „Uff“ zurück.
Das rote Licht verschwand wieder, als er zurückwich und der Schlüsselstein war wieder friedlich.
„Kein Zutritt für Geistschatten“, sagte Tal. „Es gibt sicher noch mehr Abwehrmechanismen.“
Er sah zu dem Baum hinauf, betrachtete sich noch einmal die Äste mit den Glocken und dann den Boden. Die roten Kacheln schienen jeweils genau unter den Glocken zu liegen.
„Ich glaube, die Glocken läuten, wenn man auf die falschen Kacheln tritt“, sagte Tal langsam, als er darüber nachdachte.
„Vielleicht“, sagte Crow. „Mal sehen…“
Er beugte sich vor und drückte mit dem Finger leicht auf eine der weißen Kacheln. Nichts geschah. Crow drückte etwas fester. Noch immer nichts.
„Jetzt die roten“, sagte er und schob seinen Finger zur nächsten roten Kachel.
Als sein Finger sie berührte, zuckte eine der kleinen silbernen Hände am Baumstumpf ganz leicht und brachte die Glocke zum Läuten – ein leises, zögerliches Läuten.
„Also lösen die roten Kacheln die Glocken aus“, stimmte Crow Tal zu.
Sie sahen beide auf den Fußboden. Die Anordnung der Kacheln schien völlig willkürlich zu sein, doch jetzt wurde ihnen klar, dass es beinahe unmöglich war, den Pyramidenstumpf zu erreichen. Die weißen Kacheln waren nicht groß genug, um einen Fuß darauf zu setzen und die roten Kacheln waren so ausgeklügelt verteilt, dass sie immer dichter lagen, je näher man
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