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Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein

Titel: Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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riss sie aus dem Weg, womit ihre Konzentration wieder verflogen war. Außerdem konnte sie an nichts anderes denken als die Lawine. Immer wenn sie versuchte, nicht daran zu denken, wurde der Gedanke in ihrem Kopf noch stärker. Selbst wenn sie sich auf den Sonnenstein konzentrieren konnte, war es höchstwahrscheinlich, dass sie nur eine weitere violette Welle schaffen würde. Und zwei von dieser Sorte würden mit Sicherheit alle töten.
    „Wir müssen es noch einmal bei einer der Türen versuchen“, sagte Saylsen grimmig. „Wir können dieser Welle nicht ewig ausweichen.“
    „Odris! Sieh nach, was sich hinter dieser Tür befindet“, befahl Milla und zeigte auf eine der Türen. Von den fünf Türen gab es nur noch zwei, bei denen sie es versuchen konnten. Eine Steintür sowie ein Teil des dahinter liegenden Korridors waren von der Welle völlig zertrümmert und damit unpassierbar. Zwei andere Ausgänge waren so stark verbarrikadiert und verteidigt, dass es unmöglich sein würde durchzudringen.
    „Sie werden mir den Kopf herunterreißen, wenn ich darunter hindurchschaue“, protestierte Odris. „Guck du doch durch, wenn du es wissen willst.“
    „Ich kann meinen Kopf nicht unter einer geschlossenen Tür hindurch stecken“, sagte Milla. „Du schon. Willst du lieber von der Welle überrollt werden?“
    „Ich bin nicht müde“, sagte Odris trotzig. „Ich kann mich von der Welle fern…“
    „Nach links!“, rief Saylsen. „Nach links!“
    Odris hatte als Einzige nicht auf die Welle geachtet. Als Saylsen schrie, bewegte sie sich nach rechts anstatt nach links.
    „Da hinüber!“, brüllte Milla. „Da hinüber!“
    Die Welle rollte weiter. Odris befolgte Millas Anweisung nicht. Stattdessen rannte sie vor der Welle her, sprang dann in die Luft und schwang sich auf die Tür zu, auf die Milla gezeigt hatte. Eine Sekunde später glitt sie geradewegs durch das Türblatt und die Welle schlug mit einem ohrenbetäubenden Donner ein. Einmal mehr prallte sie unter dem Stöhnen der Eiscarls von der Wand ab und kam zurück.
    „Die Welle muss irgendwann schwächer werden“, keuchte Malen. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sonnensteine so stark sind.“
    „Ich auch nicht“, murmelte Milla. Alle Lichtmagie, die sie bisher gesehen hatte, hatte nur so lange angedauert, wie sich die auslösende Person konzentrierte. Doch das Ding, das sie geschaffen hatte, schien ein Eigenleben zu fuhren. Sie mussten ihm ausweichen.
    Milla sah erwartungsvoll zu der Tür, durch die Odris verschwunden war. Sie spürte die Abwesenheit des Geistschattens – ein dumpfer Schmerz, der schwer einzuordnen war. Er erinnerte am ehesten an Zahnschmerzen. Aber zumindest spürte sie keine starken Schmerzen. Wenn Odris von anderen Geistschatten verletzt worden wäre, hätte Milla etwas von ihrem Schmerz gespürt.
    „Geht zu der Tür“, befahl Milla nach einem schnellen Blick, mit dem sie sich vergewisserte, dass sie der zurückkehrenden Welle noch einmal ausweichen konnten. „Odris ist nicht in einen Kampf verwickelt, also können wir vielleicht durchbrechen.“
    Sie befanden sich gerade auf halbem Weg, als sich die Tür öffnete. Doch anstatt Odris kam eine Erwählte herein. Sie hatte einen Sonnenstein in der Hand und trug einen Milla unbekannten Geistschatten auf dem Rücken. Es war ein großes, vogelartiges Ding mit Augenbrauen wie Hörner.
    Milla öffnete den Mund, um einen sofortigen Angriff zu befehlen, doch sie schloss ihn gleich wieder, als sie hinter der Frau einen anderen Erwählten hereinkommen sah. Jemanden, den sie kannte. Tals exzentrischer Großonkel Ebbitt, eingepackt in eine eigentümliche Sammlung verschiedener Kristallpanzerungen, die in allerhand Farben leuchteten. Aber das alles wurde noch von seiner Kopfbedeckung übertroffen: einer Suppenschüssel aus goldenem Metall, die er mit einem hellen indigofarbenen Schal ausgepolstert hatte.
    Milla konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie hatte Ebbitt vom ersten Treffen an gemocht, zu dem Tal sie in die seltsame Unterkunft seines Großonkels mitgenommen hatte. Dieses Treffen schien eine Ewigkeit zurückzuliegen. Jetzt war Tal irgendwo, sie war umzingelt… doch Ebbitts Anblick machte ihr wieder Hoffnung.
    „Schnell! Schnell!“, rief Ebbitt. „Wir sind alle auf der Flucht.“
    Die Eiscarls mussten nicht angetrieben werden. Die Welle rollte bereits wieder auf sie zu. Trotz ihrer Erschöpfung rannten sie auf die Tür zu, die gerade breit genug war, dass zwei Leute nebeneinander

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