Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
fing ihn mit seinem Schlüsselstein ab und reflektierte den größten Teil des Strahls an die Decke. Er erlitt nur Verbrennungen an der Hand.
Milla peitschte mit der Kralle nach Sushins Beinen. Mit unmenschlicher Schnelligkeit konterte Sushin mit einem Violetten Schild, war aber dennoch nicht schnell genug und so schnitt ihm die Peitsche in die Beine, oberhalb der Knöchel.
Wie damals als Milla ihr Merwin-Horn-Schwert nach ihm geworfen hatte, floss kein Blut aus den Wunden. Doch Sushin fiel zu Boden, da seine Kreuzbänder zerschnitten waren. Er kroch wie ein Wurmgeher um den Pyramidenstumpf und kreischte dabei: „Nein, ich bin es nicht! Ich bin es nicht! Tötet Sushin nicht!“
Dann kam eine andere Stimme von irgendwo aus seinem Innern. Es war eine tiefere, lautere Stimme, furchtbarer als alles, was aus einem menschlichen Mund dringen konnte.
„Ihr habt verloren! Der Schleier ist vernichtet! Sharrakors Zeit ist angebrochen!“
Dann sprach die Stimme eine schnelle Folge von Worten. Worte, die weder Tal noch Milla verstehen konnten, aber dennoch irgendwie erkannten.
„Nvarth! Ghesh gheshthil lurese!“
Nun sprach die Stimme Worte, die sie sehr gut verstanden. Worte, die sie wie Schläge trafen.
„Adras eris Aenir! Odris eris Aenir!“
Mit diesen Worten verschwanden Adras und Odris.
Für Tal und Milla war es, als würde ihnen etwas aus dem Leib gerissen, ein so furchtbarer Schmerz, dass beide sofort zu Boden stürzten wie gefällte Bäume.
Durch den Nebel der lähmenden Schmerzen sah Tal, wie Sushin wieder um die Pyramide herum und auf ihn zu kroch. Tal versuchte, sich auf seinen Sonnenstein zu konzentrieren, doch er sah nur noch verschwommen und konnte seine Hand nicht dazu bringen, seinem Willen zu folgen.
Auch Milla versuchte es. Sie schaffte es sogar, sich näher an Tal zu schleppen und ihre Hand mit der Kralle anzuheben. Doch es erschien keine Lichtpeitsche und sie konnte die Kralle nicht lange oben halten. All ihre Kraft war verschwunden.
Tal wurde klar, dass sie sterben würden, auch wenn er aufgrund der Schmerzen nicht klar denken konnte. Das Gleiche war Ethar und den anderen vor dem Audienzsaal widerfahren. Sushin – oder was auch immer in Sushin steckte – hatte ihre Geistschatten nach Aenir zurückgeschickt und der plötzliche Schock hatte die Wachen getötet.
„Ich werde das an mich nehmen“, sagte Sushin in seiner normalen Stimme, als er neben Tal gekrochen war. Eine seiner feisten Hände griff nach Tals Hand und zog ihm den Violetten Schlüsselstein vom Finger. Der Erwählte Junge versuchte, Widerstand zu leisten, doch es nutzte nichts. Sein Arm hing nur leblos herab und der Schmerz fuhr ihm durch die Augen ins Hirn. „Ich glaube, man sollte diese beiden Hälften wieder zusammenfügen.“
Sushin setzte sich auf und inspizierte den halben Schlüsselstein, den er soeben an sich gebracht hatte. Doch bevor er ihn an seinen Finger neben die andere Hälfte stecken konnte, die er schon besaß, schoss von irgendwo ein Roter Lichtstrahl heran und traf ihn mitten auf die Hand. Der Ring mit dem Schlüsselstein fiel zu Boden und rollte davon.
Die tiefe Stimme in Sushin polterte böse. Es war ein Geräusch, das Tal noch über seinen Schmerz hinweg ängstigte.
Ein weiterer Roter Strahl traf Sushin in die Brust und Rauch stieg auf, als der Strahl ein Loch hinterließ. Sushin stöhnte wieder und versuchte aufzustehen. Seine verletzten Beine und seine gewaltige Körpermasse schien er vergessen zu haben. Er fiel hin und schlängelte sich wie ein Wurm zurück zur Pyramide.
Durch die tiefen Risse und Schnitte in der Robe des Erwählten sah Tal keine Haut oder etwa Blut, nur Schatten.
Tal rollte sich schreiend vor Schmerz auf die andere Seite und sah Crow am Eingang stehen. Der Freivölkler-Junge hielt seinen Sonnenstein auf die Art in der Hand, wie sie einem im Lektorium beigebracht wurde. Sein Gesicht zeigte seine Konzentration. Seine Hand war in rotem Licht gebadet, das soeben seine Intensität steigerte. Crow bereitete den nächsten Roten Strahl vor. Eine Sekunde später schoss der Strahl hervor und schlug Funken, als er etwas Metallenes an Sushins Robe traf.
Aber das alles reichte noch immer nicht, um das aufzuhalten, was Sushin in Wirklichkeit war. Er griff nach der Pyramide und zog sich daran hoch. Dann stützte er sich so ab, dass er mit seinem Sonnenstein auf Crow zielen konnte.
„Nein!“, schrie Tal. „Kein Mensch!“ Die Worte waren von Schluchzern begleitet. „Ein Schatten!
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