Der Sieger bleibt allein (German Edition)
Nachlässigkeit – zu ihren eigenen Schlussfolgerungen und damit der Polizei nicht ins Gehege kommt.
»Was stand auf dem Zettel?«, lautet die erste Frage.
Der Kommissar erklärt, dass er darüber jetzt nichts sagen dürfe, weil es sonst die Ermittlungen behindern könnte. Savoy merkt allmählich, wohin der Kommissar die Pressekonferenz lenken will, und kann nicht umhin, ihn erneut zu bewundern – der Mann hat seinen Posten wirklich verdient.
»Könnte es ein Verbrechen aus Leidenschaft sein?«, fragt jemand.
»Alle Möglichkeiten werden diskutiert. Und jetzt, meine Damen und Herren, müssen wir wieder an die Arbeit.«
Der Kommissar steigt in den Polizeiwagen, stellt die Sirene an und braust davon. Savoy geht zu seinem Fahrzeug. Er ist stolz auf seinen Chef. Großartig! Er kann sich die Schlagzeilen bereits vorstellen, die kurz darauf erscheinen werden:
›Filmstar wird Opfer eines Verbrechens aus Leidenschaft.‹
Nichts kann hier mehr Interesse wecken als das. Berühmt wie der Filmschauspieler war, drängt sein Tod alle anderen Morde in den Hintergrund. Wen kümmert daneben schon ein armes, möglicherweise drogensüchtiges Mädchen, das auf einer Parkbank gefunden wurde? Oder der Herzinfarkt eines Filmverleihers mit hennagefärbtem Haar bei einem der offiziellen Lunchs? Was soll man über ein Verbrechen – ebenfalls aus Leidenschaft – auf einem entlegenen Pier sagen, in das zwei Personen verwickelt waren, die keiner kennt und die niemals im Scheinwerferlicht gestanden haben? Über so etwas wurde täglich in den Abendnachrichten berichtet, aber interessant wurde es nur, wenn das Opfer jemand Berühmtes war. Und wenn es einen Briefumschlag gab und darin einen Zettel, auf dem etwas stand!
Savoy stellt die Sirene seines Wagens an und fährt in die entgegengesetzte Richtung, zur Polizeiwache. Um keinen Verdacht zu erwecken, benutzt er das Funkgerät im Wagen. Er geht auf die Frequenz des Kommissars.
»Meinen Glückwunsch!«
Der Kommissar ist auch stolz auf sich. Sie haben ein paar Stunden gewonnen, vielleicht ein paar Tage, aber beide wissen, dass es einen Serienmörder gibt, der raffinierte Waffen benutzt. Er ist männlich, grauhaarig, gut gekleidet, etwa 40 Jahre alt. Er ist in der Kunst des Tötens versiert. Er könnte sich mit den bereits begangenen Morden zufriedengeben oder noch einmal zuschlagen, und zwar jederzeit.
»Schicken Sie Beamte zu allen offiziellen Partys!«, ordnet der Kommissar an. »Die Beamten sollen Ausschau nach allein auftretenden Männern halten, die dieser Beschreibung entsprechen, und sie überwachen. Fordern Sie Verstärkung an, ich möchte diskrete, dem Anlass entsprechend gekleidete Beamte in Zivil. Jeans oder Smoking. Ich wiederhole, bei allen offiziellen Partys. Und wenn wir die Verkehrspolizisten mobilisieren müssen...«
Savoy gibt die Anweisungen sofort weiter. Währenddessen erhält er eine sms auf seinem Handy: europol braucht noch mehr Zeit, um die erbetene Liste der Laboratorien zusammenzustellen. Mindestens drei Werktage.
»Schicken Sie mir das bitte schriftlich! Ich möchte nicht die Verantwortung dafür tragen, wenn hier etwas schiefläuft.«
Er lacht sich ins Fäustchen. Bittet auch darum, dass pro forma eine Kopie an den ausländischen Agenten geschickt wird. Er rast mit Höchstgeschwindigkeit ins Hotel Martinez, lässt seinen Wagen am Eingang stehen, versperrt die Auffahrt. Der Portier schimpft, aber Savoy wirft ihm die Autoschlüssel zu, zeigt ihm seine Polizeimarke und rennt hinein.
Er fährt in den ersten Stock hinauf, wo ein Polizist neben der diensthabenden Managerin und einem Kellner steht.
»Wie lange müssen wir hier noch warten?«, erkundigt sich die Managerin. Savoy ignoriert ihre Frage und wendet sich an den Kellner.
»Sind Sie sicher, dass die ermordete Frau, deren Bild in den Nachrichten gezeigt wurde, dieselbe ist, die heute Nachmittag bei Ihnen auf der Hotelterrasse gesessen hat?«
»Ich bin mir so gut wie sicher. Auf dem Foto sieht sie jünger aus, die Haare sind gefärbt, aber ich bin gewöhnt, mir die Gesichter meiner Kunden zu merken, damit keiner weggehen kann, ohne zu zahlen.«
»Sind Sie sicher, dass sie mit dem Gast zusammen war, der den Tisch reserviert hatte?«
»Absolut. Ein etwa vierzigjähriger Mann, gut gekleidet, mit grauen Schläfen.«
Savoys Herz klopft heftig. Er wendet sich an die Managerin und den Polizisten.
»Gehen wir in sein Zimmer!«
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«, fragt die Managerin.
Savoy
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