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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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die Maus.
    Die Möwe bemerkte, dass die Maus ihre Flügel anstarrte:
    ›Das arme Tier. Es wurde von Ungeheuern angegriffen, die es taub gemacht und ihm die Flügel geraubt haben.‹
    Mitleidig nahm die Möwe die Maus in ihren Schnabel und mit auf einen Rundflug in der Höhe. ›So kann es wenigstens seine Sehnsucht stillen‹, dachte sie, während sie dahinflogen. Dann setzte sie die Maus vorsichtig auf dem Boden ab.
    Die Maus war einige Monate lang tieftraurig: Sie hatte die Höhe kennengelernt und eine weite, schöne Welt gesehen.
    Doch im Laufe der Zeit gewöhnte sie sich wieder daran, eine Maus zu sein, und fand, dass das Wunder, das in ihrem Leben geschehen war, nichts als ein Traum gewesen war.
     
    Das war eine Geschichte aus ihrer Kindheit. Aber in diesem Augenblick befindet sie sich hoch oben am Himmel: Sie kann das türkisblaue Meer sehen, die luxuriösen Jachten, Menschen, klein wie Ameisen, die am Strand aufgebauten Zelte, Hügel, den Horizont links von ihr, hinter dem Afrika liegt und all seine Probleme.
    Der Boden nähert sich mit hoher Geschwindigkeit. ›Wann immer möglich, sollte man die Menschen von oben betrachten‹, denkt sie. ›Nur so begreifen wir, wie klein der Mensch wirklich ist.‹
    Ewa wirkt nervös. Hamid weiß nie genau, was im Kopf seiner Frau vor sich geht, obwohl sie seit mehr als zwei Jahren zusammen sind. Cannes ist für alle strapaziös. Doch er kann unmöglich früher abreisen. Für Ewa war der Stress sicher nichts Neues; das Leben mit ihrem Exmann war nicht viel anders gewesen: Abendeinladungen, das Organisieren von Veranstaltungen, der ständige Wechsel von Ländern, Sprachräumen, Kontinenten.
    ›War sie schon immer so, oder... liebt sie mich etwa nicht mehr so wie früher?
    Solche Gedanken sind verboten. Ich muss mich auf andere Dinge konzentrieren.‹
    Der Motorenlärm erlaubt keine Unterhaltung, es sei denn, man benutzte die Kopfhörer mit eingebautem Mikrofon. Sie hat sie nicht einmal aus der Halterung neben ihrem Sitz genommen. Es hat keinen Sinn, Ewa zu bitten, sich die Kopfhörer aufzusetzen, damit er ihr zum tausendsten Mal sagen kann, dass sie die wichtigste Frau in seinem Leben ist und dass er alles tun wird, damit sie ihren ersten Festivalbesuch genießen kann. Wegen des Soundsystems an Bord würde das Gespräch immer vom Piloten mitgehört, und Ewa hasste öffentliche Zärtlichkeitsbekundungen.
    Er kann bereits den großen weißen Maybach erkennen, die teuerste Limousine der Welt. Noch exklusiver als ein Mercedes Benz. Bald schon würden sie darin sitzen, es würde entspannende Musik und aus der Bar des Wagens eisgekühlten Champagner geben und Mineralwasser. Aber noch sitzen beide in der gläsernen Kugel, die gleich auf dem Hubschrauberlandeplatz des Jachthafens landen wird.
    Er schaut auf seine Platinuhr, ein Nachbau mit Zertifikat eines der ersten in einer kleinen Fabrik in der Stadt Schaffhausen produzierten Modelle. Anders als Frauen, die ein Vermögen für Brillanten ausgeben können, ist das einzige für einen Mann mit gutem Geschmack erlaubte Schmuckstück eine Uhr, und nur die wahren Kenner würden dieses Modell zu würdigen wissen, das nur selten in den Anzeigen der Luxusmagazine erschien.
    Das war wahre Raffinesse: das Beste zu besitzen, noch bevor andere überhaupt davon gehört hatten.
    Und sich damit zu zeigen, selbst wenn andere deswegen über einen herzogen.
     
    Es ist fast zwei Uhr nachmittags, er muss mit seinem Börsenmakler in New York sprechen, bevor die Wertpapierbörse öffnet. Er wird, gleich nachdem er angekommen ist, einen Anruf tätigen – nur einen – und die Anweisungen für den Tag durchgeben. Geld im »Casino« verdienen, wie er die Investmentfonds nennt, ist nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung. Aber er muss Interesse zeigen, seinen Finanzmanagern, die wie er letztlich dem Scheich unterstehen, deutlich machen, dass er weiß, was gespielt wird, und dass er alles unter Kontrolle hat.
    Er wird nur einen einzigen, kurzen Anruf tätigen. Heute gilt all seine Aufmerksamkeit etwas anderem: An diesem Nachmittag werden mindestens zwei Schauspielerinnen – eine berühmte und eine unbekannte – seine Kreationen auf dem roten Teppich vorführen. Selbstverständlich hat er Personal, das sich um alles kümmert, aber es ist ihm ein besonderes Anliegen, sich um alles persönlich zu kümmern und so die Verbindung zu dem zu behalten, was die Grundlage seines Imperiums ausmacht: die Herstellung und Präsentation von Mode. Ansonsten will

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