Der silberne Buddha
muß, ein gutes Gedächtnis ist.“
Perry Clifton sah irritiert auf. „Was hat mein gutes Gedächtnis mit diesem albernen Wischtuch zu tun?“
„Es gehört Miß Julie!“ antwortete Dicki kurz und fühlte sich trotz der späten Stunde ausgesprochen wohl.
„Das gehört Julie?“ Perry schüttelte den Kopf. „Du hast recht, Dicki, ich bin manchmal eine regelrechte Null!“
Dicki schwieg, obwohl er die „Null“ natürlich für maßlos übertrieben hielt.
Als Perry Clifton das letzte Stück verstaut hatte, ließ er sich in den Sessel fallen, grinste und tippte sich gegen die Stirn: „Meine kleinen fleißigen Arbeiter hier oben sagen mir, daß jeden Moment Missis Miller auftauchen kann. Und wie auf deinem Gesicht zu lesen ist, möchtest du noch etwas loswerden. Also raus mit der Sprache!“
Dicki musterte seinen großen Freund gewichtig und ebenso gewichtig klang seine Stimme, als er sagte: „Ich habe mir so meine Gedanken zu dem Fall gemacht, Mister Clifton. Kann ich sie loswerden?“
„Natürlich!“ Clifton nickte und begann sich eine Pfeife zu stopfen. Dicki wartete, bis sie brannte und die ersten Rauchkringel gegen die Decke stiegen.
„Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht. Und jetzt, wo Sie mir das von Mister Nichols und Mister Wang Yin erzählt haben, weiß ich genau, wie das Ding rollt. Also, Nummer eins, dieser Mister Drake hat seiner Bande nicht alles verraten. Der Mann aus Korea ist nur vorgeschoben. In Wirklichkeit steckt Mister Unbekannt dahinter.“
Dicki schielte unauffällig zu Perry Clifton hin, doch der tat (obwohl er das Schielen bemerkte!), als erwarte er jetzt die sensationelle Auflösung. Als diese nicht kam, fragte er unschuldig: „Und wer ist dieser Mister Unbekannt?“
Dicki zuckte ratlos mit den Schultern. „Das weiß ich noch nicht genau. Vielleicht Sir Ernest“..., oder der Hausmeister... oder auch Mister Case. Sir Ernest könnte die Ausstellung nur veranstaltet haben, um an den goldenen Buddha zu kommen... oder?“
„Oder nein. Und zwar deshalb nicht, weil...“
Der Rest blieb unausgesprochen, denn in diesem Augenblick klingelte das Telefon.
„Das ist er!“ zischte Dicki aufgeregt.
Perry Clifton meldete sich.
Es war Scott Skiffer. Und er schien es eilig zu haben.
„Hallo, Perry!“ rief er gehetzt. „Mir brennt die Zeit unter den Fußsohlen, ich bin eigentlich schon weg nach Portsmouth. Hör zu, ich habe mit O’Kelly gesprochen...“
„O’Kelly??“ warf Clifton ein, dem Madderling lieber gewesen wäre.
„Madderling hat noch eine Woche Urlaub, du mußt schon mit O’Kelly vorliebnehmen. Für den Fall, daß Caven morgen Anzeige erstattet, wird er sich drum kümmern und auch mit dir Kontakt aufnehmen. Ich habe ihm alle Rufnummern gegeben, unter denen du, wenn er Glück hat, zu erreichen bist. Und wie war’s bei dir? Hat es deinen Sir Ernest aus dem Sessel katapultiert, als du ihm gesagt hast, daß nicht Wang Yin der Eigentümer ist?“
„Ich konnte es ihm noch gar nicht beibringen. Er ist noch nicht zu Hause. Und sein Butler konnte mir auch nicht sagen, wann mit ihm zu rechnen sei. Ich probiere es später noch einmal.“
„Und was ist mit diesem Case? Ist er bereit, dich morgen zu begleiten?“
„Auch ihn kann ich erst nach 22 Uhr erreichen. So habe ich es mit ihm ausgemacht. Ruf mich morgen an, wenn du aus Portsmouth zurück bist, Scotty. Bis dahin gibt’s bestimmt Neuigkeiten!“
„Okay, Perry!“
„Ich wünsche gute Reise!“ rief Dicki, und Clifton wiederholte seinen Wunsch: „Dicki wünscht dir gute Reise!“
„Danke. Sag ihm, er soll das Schlafengehen nicht vergessen. Kinder, die zu wenig Schlaf bekommen, kriegen später abstehende Ohren!“ Perry Clifton lachte. „Ich werde es ihm ausrichten. Bis morgen!“
Dicki sah ihm gleichermaßen gespannt wie mißtrauisch entgegen.
„Ich soll dir ausrichten, daß Kinder, die zu wenig Schlaf bekommen, später mit abstehenden Ohren rechnen müssen.“
Dicki winkte lässig ab. „Großvater sagt, daß abstehende Ohren eine Auszeichnung der Natur seien, weil solche Leute viel besser hören würden. An den eng anliegenden Ohren gingen die wichtigsten Dinge vorbei, sagt er.“
Perry Clifton seufzte theatralisch. „Ich möchte wissen, wofür dein Großvater keinen Spruch parat hat...“
Diesmal klingelte es nicht, diesmal klopfte es. Leise und drängend. Dicki rappelte sich stöhnend auf. Er hatte das typische Mam-Klopfen sofort erkannt.
„Gute Nacht, Mister Clifton!“ sagte er.
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