Der silberne Buddha
uns mit einem Polizeiaufgebot erwartet.“
Allein der Gedanke daran verursachte Penny Nichols Unbehagen und Gänsehaut.
„Was also dann?“ wollte er wissen.
„Es bleibt nur noch ein Ausweg: Einer von uns muß am Freitag vor Schließung der Ausstellung im Keller verschwinden und sich somit im Haus einschließen lassen. Genau zum vereinbarten Zeitpunkt öffnet er die Tür und läßt die anderen ein.“
„Das ist eine gute Idee!“ stimmte Mac Withney zu, und auch Penny war dieser Meinung, wenn auch Drakes dunkle Andeutung sein allgemeines Unbehagen verstärkt hatte.
„Wer läßt sich einschließen?“ wollte Withney wissen.
„Wir werden es auslosen!“
Drei Minuten später stand fest, daß es Penny Nichols war, der den Abend und die halbe Nacht im Heizungskeller verbringen mußte. Sein Kommentar: „Dreckmist!“
Gordon Drake fuhr fort: „Die Ausstellung schließt freitags um 19 Uhr. Die Bibliothek bereits 16 Uhr. Da am Freitag auch keine Theatervorstellungen stattfinden, bedeutet das, daß du bereits vor 19 Uhr dein Quartier im Heizungskeller bezogen haben mußt.“
„Schönes Quartier!“ knurrte Penny.
„Die Putzfrauen arbeiten in der Regel, so war es jedenfalls in den letzten Tagen, bis 21 Uhr. Dann wird die Haustür abgeschlossen. Der Hausmeister ist ein alleinstehender Witwer. Ich nehme an, daß er es ist, der anschließend einen letzten Rundgang macht und die Ausstellungsräume absperrt. Um 21 Uhr 30 taucht zum ersten Mal der Mann vom Wachdienst auf. Er prüft lediglich das Portal. Dasselbe wiederholt sich kurz nach Mitternacht, dann noch um 2 Uhr und um 4 Uhr. Bei den Rundgängen zwei, drei und vier bezieht er auch den Hof Shadwell Lane mit ein. Wir werden also warten, bis er nach seiner letzten Runde verschwunden ist. Penny, merk es dir gut: 2 Uhr 15 entriegelst du die Tür!“
Penny Nichols nickte und brummte: „Eine verdammt lange Zeit, so von sieben bis zwei Uhr nachts in einem stockdunklen Heizungskeller zu sitzen. Was mache ich da nur?“
„Denk über deine Vögel nach“, frozzelte Mac Withney zuerst, dann aber bot er an: „Ich hab’ in meinem Wagen einen kleinen Taschentransistor liegen. Wenn du willst, leih’ ich ihn dir!“
„Den nehme ich!“ sagte Penny spontan, und zu Drake: „Oder hast du etwas dagegen, Gordon?“
„Du wirst ja selbst wissen, wie laut oder wie leise du ihn laufen lassen darfst. Im übrigen solltest du dir die Örtlichkeiten des Heizungskellers genau einprägen, solange es hell ist!“ empfahl Gordon Drake mit Nachdruck. Penny Nichols rümpfte die Nase und fauchte aufgebracht: „Wofür hältst du mich eigentlich? Denke gefälligst daran, daß ich fast dreißig Jahre älter bin als du! Man muß mir nicht jeden Handgriff vorblasen!“
Gordon Drake blieb unbeeindruckt.
„Entschuldige, daß ich dir einen Tip geben wollte. Machen wir weiter. Sobald wir nach oben kommen, öffnest du als erstes den Wandschrank, in dem sich der Schaltkasten für die Alarmanlage befindet...“
„Dazu muß ich aber erst die Tür zu Saal Nummer drei aufmachen. Hast du das vergessen, Mister Drake?“ grinste Penny anzüglich und freute sich. Und auch Mac Withneys Gesicht wurde von einem Grinsen überzogen.
„Ja, das hatte ich vergessen!“ gab Drake lächelnd zu. „Also, du nimmst dir zuerst die Tür und anschließend den Wandschrank vor. Dann setzt Mac die Alarmanlage außer Betrieb, und wir montieren den Glassturz über dem goldenen Buddha ab.“
„Worin transportieren wir das Goldstück eigentlich? Der Buddha muß doch ein ganz schönes Gewicht haben.“
„Er kommt in einen Cellokoffer. Ich habe ihn bereits vorbereitet.“
„Du lieber Himmel“, nörgelte Penny Nichols, „einen Cellokoffer. Größer und umständlicher geht’s wohl nicht, was?“
„Es hat alles einen Grund, Penny. Oder glaubst du, daß ich mich mit einem Instrumentenkoffer herumschleppte, wenn auch ein Rucksack oder ein Matchbeutel ausreichen würde? Und damit kommen wir gleich zum Kapitel Überraschungen.“
„Du machst es wirklich spannend, Gordon“, stellte Withney mit einem Unterton des Mißfallens fest.
„Ja, es ist fast wie im Kino!“ lästerte auch Penny. „Hoffentlich ist es wenigstens eine erfreuliche Überraschung.“
Gordon Drake griff zum zweiten Mal an diesem Abend in seine Jackentasche. Diesmal zog er zwei Fotos heraus und legte sie nebeneinander auf den Tisch. Sie waren von einer Polaroidcamera aufgenommen und zeigten das fast gleiche Motiv.
Verständnislos starrten
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