Der silberne Buddha
Besucher schob.
„Mal sehen, ob ich das auch kann“, sagte Dicki und versuchte das Pfeifen nachzumachen. Der Erfolg war gleich Null.
Die drei schlenderten noch durch die übrigen Räume der Ausstellung, bevor sie um 17 Uhr das Hartford-Haus verließen. Gegen 17 Uhr 45 trafen sie in Julies Wohnung ein, einem Zwei-Zimmer-Appartement in Brompton. Fünf Minuten später wußte Dicki, nach welchem Begriff er vergeblich gesucht hatte:
„Aber... aber das ist ja... das ist ja ein Drachen“, stotterte er überrascht, nachdem er das kleine schmale Päckchen geöffnet hatte.
„Ja, ein Drachen.“ Julie weidete sich an seinem fassungslosen Staunen. Dabei war ihr nicht entgangen, daß in seinen Augen auch ein bißchen Enttäuschung und Mißtrauen standen.
Vorsichtig begann Dicki den zerbrechlich aussehenden, federleichten Drachen auszupacken. Seine Größe — etwa die eines Briefumschlages — ließ ihn vermuten, daß es sich um eine Art Souvenir handelte, doch Julie zerstreute diesen Verdacht.
„Das ist keine Attrappe, Dicki. Der fliegt wirklich. Und zwar schon beim leisesten Lüftchen.“
„Haben Sie es selbst gesehen, oder hat man es Ihnen nur erzählt?“
„Aber hör mal“, entrüstete sich Julie, „wie klingt das denn— ,oder hat man es Ihnen nur erzählt’. Natürlich habe ich es selbst gesehen. Ich laß’ mich doch nicht übers Ohr hauen.“
„Ich hätte nie gedacht, daß es so kleine Drachen gibt.“
„Ich auch nicht, Dicki. Er wiegt zwanzig Gramm. Die Bespannung ist aus ganz dünner Seide, und die Versteifung besteht aus Balsaholz.“
Dicki wollte es immer noch nicht glauben. Am liebsten wäre er auf den Balkon gegangen und hätte es auf der Stelle ausprobiert.
Julie schien seine Gedanken lesen zu können. Sie zeigte zur Balkontür.
„Versuch es, vielleicht weht ein bißchen Wind. Der Perlonfaden ist hundert Meter lang.“
Dicki nickte und war verschwunden.
Schon zwei Minuten später steckte er seinen Kopf zur Tür herein und rief mit begeisterter Stimme: „Er fliegt wirklich. Kommen Sie, Mister Clifton, das müssen Sie sehen!“
Während sich Perry Clifton zu Dicki auf den Balkon begab, ging Julie in die Küche, um die Sahne zu schlagen, die sie, zusammen mit einem extragroßen Eisbecher, Dicki servieren wollte.
Gleichzeitig setzte sie für Perry Clifton und sich Teewasser auf.
Der Plan
Alles ähnelte dem Abend vor vier Tagen.
Wieder war die Gaststube des Black Horse gepfropft voll. Wieder wandte sich Gordon Drake an Albert Parsanyi und ließ sich von dem sauertöpfisch dreinblickenden Barkeeper das Transistorradio aushändigen.
Und wieder bestätigte ihm dieser dabei, daß seine Freunde schon gekommen seien und im ersten Stock auf ihn warteten.
Die einzigen beiden Unterschiede zum vergangenen Sonnabend bestanden in der Abwesenheit des kleinen Chinesen auf der gegenüberliegenden Straßenseite und der Tatsache, daß es erst 19 Uhr 50 war.
„Hallo“, begrüßte Drake Penny Nichols und Mac Withney, nachdem er die Tür hinter sich ins Schloß gezogen hatte. „Alles okay?“
Penny, der wußte, worauf Drake anspielte, nickte und brummte nörgelnd: „Ich kann schon nichts Asiatisches mehr sehen.“
„Dabei hat er sich nur für die bunten Kreischer in den Käfigen interessiert“, äußerte Withney. Doch Penny erhob Einspruch: „Das ist eine glatte Verleumdung. Außerdem gab es keine Kreischer dort, sondern nur hochherrschaftliche Exoten. Ich sage dir, Gordon, Prachtexemplare von Vögeln. Zum Beispiel eine chinesische Turteltaube...“ Gordon Drake, der inzwischen das Radio vor die Tür gestellt hatte, unterbrach Penny Nichols’ Redeschwall. „Alles zu seiner Zeit, Penny. Ich bin gern bereit, mir von dir gelegentlich einen Vortrag über exotische Vögel anzuhören, doch heute sind wir hier, um einen Einbruch zu besprechen!“ Er zog sich einen Stuhl an den Tisch und setzte sich. Dabei klopfte er dem alten Mann mit dem zerknitterten Gesicht versöhnlich auf die Schulter. „Nun spiel nicht gleich wieder den Beleidigten.“
„Ich erzähle schließlich auch nicht pausenlos von Schafen“, warf Mac Withney ein und grinste dabei. Doch da kam er schlecht an bei Penny Nichols.
„Nun hör dir diesen kleinen Hosenscheißer an“, schimpfte er, „der wagt es doch tatsächlich, seine stinkigen Schafe in einem Atemzug mit meinen königlichen Vögeln zu nennen. Und das, wo ein Schaf aussieht wie das andere. Ich will dir mal was sagen, Mac ..
„Bitte, Penny, ich habe es schon einmal
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