Der silberne Buddha
antwortete der Detektiv mit einer Gegenfrage.
Wang Yin neigte zustimmend den Kopf. „Bitte!“
„Ist Ihnen der Name Tschiang Fu geläufig?“
„Ein Chinese?“
„Ja, soweit ich informiert bin.“
Nur ein kurzes Nachdenken. „Es könnte durchaus sein, daß ich schon einmal einem Mann mit einem solchen Namen begegnet bin. Aber er hat keinerlei Erinnerung in mir hinterlassen.“
„Sagt Ihnen vielleicht der Name Han Moon etwas?“
Diesmal reagierte Wang Yin mit sofortigem Kopfschütteln.
„Habe ich noch nie gehört. Wer ist Han Moon? Wer ist Tschiang Fu? Spielen sie bei diesem Diebstahl eine Rolle?“
„Ja. Wobei hinzu kommt, daß Han Moon und der geheimnisvolle Mister Cheng eventuell die gleiche Person sein könnten.“
Wang Yin sah Perry Clifton starr an. Wie ein Denkmal, durchfuhr es den Detektiv. Ohne seine Körperhaltung zu verändern, bat der Koreaner: „Bitte jetzt Ihren Bericht, Mister Clifton. Es ist wichtig für mich!“
Und Perry Clifton erzählte, was er bis jetzt herausgefunden hatte. Rückhaltlos offenbarte er sich Wang Yin — bis auf zwei Details: Er erwähnte weder die Namen Penny Nichols und Albert Case noch den Besuch Han Moons bei letzterem. Er schloß mit den Worten: „Ab morgen wird die Polizei den Fall bearbeiten. Lassen Sie mich Ihnen die gleiche Frage stellen, die ich bereits an Sir Ernest gerichtet habe: Hätten Sie Einwände dagegen, wenn ich Ihrem goldenen Buddha weiterhin... sagen wir privat nachjage?“
Wang Yins Schweigen währte diesmal über Gebühr lange. Während dieser Zeit sah er an Clifton vorbei auf die Wand, so, als erwarte er von dort Erleuchtung.
Plötzlich erhob er sich, trat mit kurzen, hastigen Schritten zum Fenster und sah sekundenlang hinaus. Dann wandte er sich ebenso abrupt um und setzte sich.
„Sie sehen mich in...“ er stockte, „in Verlegenheit, Mister Clifton“, brachte er endlich mühsam beherrscht hervor.
Perry Clifton zuckte bedauernd mit den Schultern. „Es tut mir aufrichtig leid, daß ich als Bote so schlechter Nachrichten kommen mußte“, versicherte er, ahnungslos, was diese Nachrichten in Wirklichkeit für Wang Yin bedeuteten.
„Diese Umstände zwingen mich, offen zu sein, das heißt, Dinge zu sagen, die eigentlich ungesagt bleiben sollten.“ Die Stimme des Koreaners klang plötzlich eigenartig abweisend.
„Mister Clifton, ich bin nicht der Eigentümer des goldenen Buddhas. Ich habe die Leihgabe nur vermittelt.“
Perry Clifton gab sich keinerlei Mühe, sein Erstaunen zu verbergen.
„Bedeutet das, daß Sie über den wirklichen Besitzer nicht sprechen wollen oder dürfen?“ fragte er.
„Die Statue gehört Mister Fu Li Song! Ich werde ihn verständigen müssen.“
Clifton hatte den Namen schon gehört. „Meinen Sie den Seidenhändler in Chelsea?“ Wang Yin nickte. „Ja, ihn meine ich. Er hatte mich gebeten, die Statue unter meinem Namen zur Verfügung zu stellen. Ich sah keinen Grund, diesen Wunsch abzulehnen.“
„Und warum wollte er nicht selbst in Erscheinung treten?“
„Er befürchtete, man könnte bei ihm einbrechen, wenn bekannt würde, daß er einen so kostbaren Schatz in seinem Haus aufbewahrt. Auf der anderen Seite glaubte er den interessierten Bürgern dieses Landes, in dem er lebt, verpflichtet zu sein. Auch sie sollten sich an der Schönheit des Buddhas erfreuen.“
Clifton sah Yin fragend an. „Wie, glauben Sie, wird er reagieren, wenn Sie ihm den Diebstahl mitteilen? Wird er für Aufregung sorgen? Vielleicht die Presse alarmieren?“
Wang Yins Miene blieb ausdruckslos, als er erwiderte: „Er wird sich voll und ganz auf die Polizei verlassen.“
„Mit anderen Worten, Sie wollen ihm nicht sagen, daß ich ebenfalls hinter den Dieben her bin.“
„Hielten Sie das für richtig, Mister Clifton?“
„Ja“, der Detektiv nickte. „Es könnte immerhin sein, daß ich zu irgendeinem Zeitpunkt Fragen an Mister Fu Li Song zu stellen hätte. Ob er sie beantwortet, bleibt dabei mein Risiko.“
Wang Yin stimmte zu: „Ich werde ihn über Ihre Bemühungen informieren.“
Perry Clifton erhob sich.
Als er wenig später die kleine Empfangshalle durchquerte, telefonierte das Mädchen gerade. Der zeitungslesende Zerberus neben der Tür dagegen war verschwunden...
Zwiegespräche
Es war einige Minuten nach 16 Uhr, als Perry Clifton das Belvedere betrat. Das im Raum herrschende Halbdunkel war daran schuld, daß er Scott Skiffer hörte, bevor er ihn in einer Ecke des kleinen italienischen Restaurants
Weitere Kostenlose Bücher