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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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»Nein, er nennt sich nur so, weil er seine wahre Identität nicht preisgeben will. Accolon hat in der Army gedient. Major. Inzwischen pensioniert.«
    Yeremi blickte sich nach allen Seiten hin um.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Sandra.
    »Das hoffe ich. Unser Haus in Pacific Grove wird beobachtet. Ein Motorrad hat uns verfolgt. Möglicherweise hören sie auch mein Telefon ab.«
    »Wer sind sie?«
    Yeremi zuckte die Achseln. »Wenn ich das so genau wüsste! Vermutlich Flatstones Leute, vielleicht der CIA, möglicherweise gibt es da auch keinen Unterschied.«
    Sandra pfiff leise durch die Zähne. »Einen leichtgewichtigeren Gegner konntest du dir wohl nicht aussuchen? Na, vielleicht beruhigt es dich ja, wenn du das hier siehst.« Sie öffnete den Klettverschluss einer der unzähligen Taschen, die ihrer weiten Hose ein sehr zweckmäßiges Aussehen verliehen, griff hinein und förderte einen gewaltigen Schlüssel zu Tage.
    Sarafs Augenbrauen hoben sich, und Yeremi fragte: »Du willst damit unsere Kontrahenten erschlagen. Gute Idee!«
    »Quatsch! Ich habe der Parkverwaltung von meinen Recherchen für einen Artikel über die beiden Windmühlen erzählt. Im nächsten Jahr wird es fünfundzwanzig Jahre her sein, dass diese hier…« – sie zeigte auf das Backsteingebäude – »vor dem Verfall gerettet wurde. Das muss doch auf den Lokalseiten des Chronicle gebührend gewürdigt werden, oder? Jedenfalls haben sie mir den Schlüssel gegeben, damit ich innen ein paar Fotos machen kann.«
    Yeremi grinste. »Du warst schon immer ein Schlitzohr. Weiß Accolon, wo wir ihn erwarten?«
    »Er ist im Bilde, Cousinchen. Und jetzt lasst uns in die Mühle huschen. Es ist gerade niemand zu sehen.«
    Sie liefen auf den von Parkbänken gesäumten Weg um das malerische Bauwerk herum. Die vier Flügel des zum Wind hin drehbaren Oberteils standen gerade über dem Eingang. Sandra steckte den Schlüssel ins Schloss, bekam die Tür aber nicht auf. Erst als Saraf sich des widerspenstigen Schlosses annahm, gab es mit metallischem Knirschen nach. Hintereinander betraten sie die Mühle.
    Yeremis Augen mussten sich erst an das Halbdunkel gewöhnen. An der Wand sah sie eine steile Holztreppe, die in die oberen Stockwerke hinaufführte. Von oben senkte sich die stählerne Welle der stillgelegten Wasserpumpe in den Boden. Ansonsten war der kreisrunde Raum völlig leer. Als sie sich zu dem gleißenden Ausschnitt der noch offen stehenden Tür umwandte, schrak sie zusammen.
    Die Silhouette des Mannes war wie aus dem Nichts erschienen. Sandra stieß einen spitzen Schrei aus. Nur Saraf blieb so ruhig, als hätte er den Fremden bereits erwartet. Im Gegenlicht konnte Yeremi nicht viel mehr als Konturen erkennen. Es handelte sich um eine etwa ein Meter achtzig große Gestalt von massigem Körperbau. Sie trug eine Baseballkappe und ein lose herabfallendes Hemd.
    »Accolon?«, fragte Sandra zaghaft.
    »Wen erwarten Sie denn noch?«, knurrte mürrisch eine tiefe Stimme. »Hätten Sie mir erzählt, dass Sie hier eine Party veranstalten wollen, wäre ich zu Hause geblieben.«
    Yeremi sah kurz Saraf an, dann wieder den Mann in der Tür. »Das ist Mr Silverman. Er gehört zu mir.«
    »Und wer sind Sie?«
    Yeremi nannte ihren Namen. Einen Moment lang glaubte sie, Accolon würde sofort wieder verschwinden. Seine Unentschlossenheit war für sie förmlich spürbar. Zu ihrer Rechten hörte sie Saraf Argyrs gleichmäßigen Atem, der wie ein Metronom die nervöse Stimmung in einen ruhigeren Takt zu führen schien. Quälend lange Sekunden verstrichen. Dann trat Accolon in den Mühlenraum.
    Es mochte zur Tarnung von Sandras Informanten gehören, sich völlig unmilitärisch zu geben. In der blauen Jeans, dem offenen Flanellhemd mit großen schwarz-weißen Karos und der schwarzen Mütze hätte er ebenso gut ein Hilfsarbeiter von den Docks sein können. Yeremi glaubte allerdings in den vordergründig lässigen Bewegungen Accolons eine Wachsamkeit zu bemerken, die nicht spontan, sondern durch jahrelange Einsätze in gefährlichen Umgebungen erworben war. Sie schätzte den Mann auf Ende sechzig. Wie die Narben vergangener Seelenpein trug er einen verbitterten Ausdruck im Gesicht.
    »Miss Schroeder hatte nur von Ihnen gesprochen«, sagte er, und es klang fast wie eine Entschuldigung.
    Yeremi deutete mit dem Kopf auf Saraf. »Eigentlich geht es hier um ihn. Ich helfe Mr Silverman nur, weil er mit den Gepflogenheiten in unserem Land nicht so vertraut ist.«
    »Gehört er zum Silbernen

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