Der silberne Sinn
Volk?«
Fast wollten Yeremis Knie nachgeben, die Frage hatte sie völlig überrumpelt. Missbilligend blickte sie in Sandras Richtung.
Ihre Freundin hob abwehrend die Hände. »Ich habe nichts verraten.«
»Doch. Hast du. Gerade jetzt«, knirschte Yeremi.
»Hören Sie, Mrs Bellman«, sagte Accolon ungeduldig. »Die Medien sprudelten über von Ihrer Entdeckung im guyanischen Urwald, den Spekulationen über ein empathisch begabtes Volk, dem unerwarteten Massensterben. Dann höre ich von Miss Schroeder Ihren Namen, erfahre von Ihren Ermittlungen im Hinblick auf militärische Forschungen paranormaler Phänomene… Sie sollten mich nicht für dumm verkaufen.«
»Das steht mir fern, Mister…«
»Accolon genügt.«
»Ein Deckname aus Ihrem früheren Leben?«
»Das tut nichts zur Sache.«
»Sandra deutete an, Sie könnten mir etwas über Telepathieprojekte beim Militär oder im Geheimdienst erzählen. Ich gehe davon aus, diese Informationen sind streng geheim. Wie viel kostet mich Ihre Gesprächigkeit?«
»Keinen Cent.«
Yeremi strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte den ehemaligen Major forschend an. »Das müssen Sie mir erklären.«
»Der Tod eines ganzen Volkes im Dschungel von Guyana hat mir die Augen geöffnet. Ich darf nicht länger schweigen. Es könnten Dinge außer Kontrolle geraten sein, die nicht nur dem Ansehen unserer Nation schaden, sondern – verzeihen Sie meine pathetische Ausdrucksweise – sogar dem Wohl der ganzen Menschheit.«
»Übertreiben Sie da nicht ein wenig?«
»Kennen Sie schon die Nachrichten von heute?«
»Ehrlich gesagt, war ich etwas zu beschäftigt, um…«
»Ich sage Ihnen, was passiert ist: In Russland wurde ein terroristischer Anschlag auf die Hauptpipeline verübt, die Europa mit Erdgas versorgt. Dies ist nur einer von vielen Vorfällen in jüngster Zeit, die das Land in ein Chaos zu stürzen scheinen. Die Vereinigten Staaten können den Verfall jeglicher Ordnung in einem Land, das immer noch über ein stattliches Atomarsenal verfügt, nicht beliebig lang dulden.«
»Soweit ich weiß, setzt man alle diplomatischen Hebel in Bewegung, um der Sache Herr zu werden.«
»Und wenn das nicht reicht? Soll die russische Mafia unsere Nation mit Nuklearwaffen erpressen?«
»Was hat Russland mit dem Tod des Silbernen Volkes zu tun, Mr Accolon?«
»Vielleicht nichts. Möglicherweise aber auch alles. Sie haben Kontakt mit mir aufgenommen, weil Sie etwas über amerikanische Telepathieprojekte erfahren wollten. Nun, ich kann Ihnen versichern, es hat solche Aktivitäten gegeben, und ich bin überzeugt, es gibt sie immer noch.«
»Wie können Sie das mit solcher Gewissheit sagen?«
»Ich war selbst an entsprechenden Operationen beteiligt. Das liegt allerdings schon mehr als fünfzehn Jahre zurück. Wir haben damals nach versteckten Massenvernichtungsmitteln im Irak gesucht. Saddam Hussein war nicht sehr kooperativ, als die UN Inspekteure in sein Land schicken wollte. Deshalb beschloss unsere Regierung auf Anraten der Vereinigten Stabschefs, ›jedes verfügbare Mittel‹ einzusetzen, um den biologischen oder chemischen Waffen, die wir im Irak vermuteten, auf die Spur zu kommen.«
»Und? Waren Sie erfolgreich?«
»Das kann man wohl sagen. Wir haben Mental Health um Hilfe gebeten…«
»Sagten Sie, der Name der Firma lautete Mental Health?«
»Sie kennen den Laden?«
Yeremi sah Accolon aus großen Augen an und nickte. »Entschuldigen Sie. Fahren Sie bitte fort.«
»Ja, also dieses Unternehmen hatte eine Niederlassung in der Nähe von Washington, die sich im Regierungsauftrag mit der Erforschung von PSI-Technologien, insbesondere auch mit Telepathie, beschäftigte. Angeblich gehörte der Laden einem ehemaligen CIA-Mann; bin ihm aber nie vorgestellt worden. Ich war damals Verbindungsoffizier zwischen dem Pentagon und der Washingtoner Zweigstelle von Mental Health. Dort sind sechs Leute von uns ausgebildet worden. Diese Gruppe hat dann später zwei Lager für biologische Kampfstoffe ausfindig gemacht.«
Yeremis Blick wanderte unruhig zu Saraf. Nach Professor McFarells Schilderungen hatte sie Mental Health nur als Firma gesehen, die auf dem nicht immer seriösen Feld der Psychohygiene Geld verdiente und sich mit der empathischen Telepathie ein neues, lukratives Geschäftsfeld erschließen wollte. Dann kamen Carls Andeutungen über streng geheime Forschungsprogramme des CIA im Allgemeinen und das Anfang der Achtzigerjahre gegründete Unternehmen Flatstones im
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