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Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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die leuchtende Flüssigkeit befand, unter der Fellweste hervor. Sofort wurde die Umgebung in ein bläuliches Licht getaucht und Fi schlich weiter voran. Irgendwo gurgelte Wasser und der faulige Fischgeruch wurde mit jedem Schritt intensiver. Als sie endlich die Grotte erreichte, von der Kriwa gesprochen hatte, riss Fi entsetzt die Augen auf. Die riesige Höhle wirkte wie eine Gruft. An zahlreichen Stellen tropfte Wasser von den Wänden, doch Fi hatte nur Augen für einen fast hüfthohen Berg aus abgenagten Knochen, der in der Mitte der Grotte aufgetürmt war. Zahlreiche Totenschädel glotzten sie aus leeren Augen an.
    »Bei allen Schatten«, keuchte sie. Rasch stellte sie die Phiole auf dem Sandboden ab und spannte den Bogen. Schräg über ihr war ein Flattern zu hören und sie entdeckte im bläulichen Dämmerlicht Kriwa, die um merkwürdige tropfenförmige Gebilde herumflog: engmaschige Netze aus geflochtenem Seetang. Fi zählte fast dreißig von ihnen. Sie hatten die gefangenen Seeleute gefunden.
    Fis Blick wanderte zurück zum Knochenberg. Wo war die verdammte Sirene? Nirgends war eine Bewegung auszumachen. Sie hob die Flasche mit dem leuchtenden Zauberelixier wieder auf, steckte sie in den Hosenbund und schlich mit gespanntem Bogen tiefer in die Grotte hinein. Auf dem sandigen Untergrund entdeckte sie breite Schleifspuren, als hätte sich dort ein schwerer Körper entlanggeschlängelt. Rechts und links davon befanden sich in regelmäßigen Abständen Abdrücke wie von Krallen. Da bemerkte Fi zwischen Knochen und Kleiderresten ein Messer. Rasch nahm sie es an sich.
    »Wo ist die Sirene?«, flüsterte sie der Möwe zu.
    »Ich weiß es nicht«, krächzte Kriwa leise. »Wenn wir Pech haben, noch irgendwo auf der Insel. Mit etwas Glück aber auf einem Tauchgang. Sirenen sind immerhin Geschöpfe des Meeres …«
    »Lass gut sein und halt weiter die Augen auf«, unterbrach Fi den Vogel. »Zeig mir lieber, wer von denen da oben Koggs ist.«
    Kriwa stieg zu jenem Tangnetz auf, das unmittelbar über dem Knochenberg hing. Fi seufzte. Die meisten Netze hingen knapp anderthalb Schritte über dem Höhlenboden. Manche von ihnen waren auch höher angebunden. Entschlossen zielte sie auf den Strang, mit dem das Netz an der Höhlendecke befestigt war. Der Pfeil zerfetzte den Strang und das Tangbündel stürzte auf den Berg aus Knochen, von denen sich einige lösten und klappernd herunterfielen.
    Geschwind kletterte Fi zu dem Bündel hinauf und vernahm aus dem Innern ein schmerzhaftes Stöhnen. Nach ein paar beherzten Schnitten mit dem Messer kam unter den Pflanzensträngen ein bärtiges Gesicht mit roter Säufernase und schiefen Zähnen zum Vorschein, dessen Stirn halb von einem verrutschten Dreispitz bedeckt war.
    »Kraken und Polypen, stinkt das hier! Ist ja schlimmer als auf einer Latrine!«, schimpfte Koggs.
    »Geht es bitte etwas leiser«, zischte Fi, während sie dem Kapitän dabei half, sich aus dem Netz zu befreien. Murrend warf er die letzten Stränge ab, kam schwankend auf die Beine und rückte sich den Dreispitz zurecht.
    Fi musterte den kleinen Mann interessiert. Genau wie Kriwa gesagt hatte, handelte es sich bei Koggs Windjammer um einen Klabauter. Er reichte ihr kaum bis zur Brust. Allerdings machte der Seekobold seine mangelnde Körpergröße mit einem ausladenden Schmerbauch wett, der kugelrund unter der knielangen Kapitänsjacke hervorlugte.
    Koggs schniefte und schien erst jetzt den Knochenberg wahrzunehmen, auf dem er stand. Verärgert presste er die Lippen aufeinander und gab ein Geräusch von sich, als stemmte er sich gegen ein unsichtbares Hindernis. Fi sah, dass sein rechter Oberschenkel in einem Holzbein auslief, dessen untere Hälfte im Knochenberg steckte. Wütend zerrte der Klabauter daran.
    »Was glotzt du so, Jungchen«, wetterte er. »Hilf mir lieber!«
    »Leise!« Fi trat zu ihm und mit vereinten Kräften zogen sie an dem Holzstumpf. Mit einem Ruck löste sich das Bein aus den Knochen und Fi kippte zusammen mit dem Seekobold hintenüber. Lärmend rutschten sie den Knochenberg hinunter.
    Spätestens jetzt erwartete Fi, dass die Sirene auftauchen würde, doch in der Grotte blieb es weiterhin still. Nur die steten Tropfgeräusche waren zu hören.
    Neben ihr machte der Klabauter seinem Unmut Luft. »Dreimal verfluchter Seeschlangendreck! So kann man doch nicht arbeiten!« Plötzlich grinste er. Sein Blick ruhte auf den Phiolen, die aus Fis Weste gefallen waren. »Wie ich sehe, weißt du, was dein

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