Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
natürlich nicht allein los. Dystariel wird dich begleiten und wie ein Schutzgeist über dich wachen.«
Fi stöhnte auf, doch Eulertin hörte darüber hinweg. »Sie drängt übrigens darauf, dass ihr zuerst einen Ort namens Lychtermoor aufsucht. Das Dorf liegt ein gutes Stück von Hammaburg entfernt, aber Dystariel wies mich darauf hin, dass dort schon bald ein Fest gefeiert wird, bei dem Irrlichter eine große Rolle spielen. Es macht also Sinn, wenn ihr dort mit euren Nachforschungen beginnt.«
»Habe verstanden.« Fi streichelte die Pferde, kletterte auf den Kutschbock und ergriff die Zügel. »Ich hoffe, ich habe noch etwas Zeit zum Üben, wenn ich in die Rolle eines Gauklers schlüpfen soll.«
»Ja, das hast du.«
»Habt Ihr eigentlich je Tandarins Zauberstab gefunden?«, wandte sich Fi noch einmal an Eulertin.
»Wieso?«
»Es klingt sicher närrisch«, Fi strich mit der Hand über den Kutschbock, »aber ich hätte ihn gern als Erinnerung an Tandarin gehabt.«
»Nun ja, ich hätte den Zauberstab selbst gern untersucht.« Der Däumling neigte sein winziges Haupt. »Leider hat ihn das Meer verschluckt. Aber solche Gegenstände wollen meist gefunden werden. Vielleicht hörst du dich demnächst mal im Hafen um?«
»Gute Idee.« Fi nickte.
»Also, viel Glück!« Magister Eulertin hob seinen Stab und sauste auf dem Blatt in Richtung Hammaburg. Schon bald verlor sich seine winzige Gestalt über den Feldern wie eine Biene, die davonschwirrt.
Fi stieg auf den Kutschbock und entfaltete die Karte. Sieben Dörfer waren darin eingezeichnet. Lychtermoor lag ganz im Süden direkt am Elbstrom. Seufzend legte sie die Karte wieder zusammen, steckte sie weg und betrachtete die Pferde. War es richtig, sich auf Eulertins Auftrag einzulassen? Würde dieser sie nicht bloß davon abhalten, endlich mit Elfenkönig Avalaion in Kontakt zu treten? Andererseits waren all ihre Versuche, ihn aufzuspüren, in den vergangenen Monaten gescheitert. Allmählich wuchsen Zweifel in ihr, dass dies wirklich die ihr zugedachte Aufgabe war. Oder hatte Magister Eulertin Recht und der Elfenkönig war längst auf sie aufmerksam geworden? Warum gab er ihr dann keine weiteren Hinweise?
Fi reckte ihr Gesicht der Sonne entgegen und blinzelte. Zumindest würde sie Eulertins Auftrag von weiteren Grübeleien abhalten. Das Schicksal ließ sich eben nicht erzwingen. Dass sie die Reise allerdings ausgerechnet zusammen mit der Gargyle antreten sollte, behagte ihr gar nicht. Obwohl sie sich eingestehen musste, dass sie gegen Dystariels Schutz nichts einzuwenden hatte. Eigenartig, hatte ihr nicht irgendjemand geraten, mehr Vertrauen zu haben? Vielleicht sollte sie den Rat einfach befolgen.
Und da war noch etwas. Als sie in der letzten Nacht die Kräfte des Glyndlamirs heraufbeschworen hatte, war ihr in ihren Träumen ein tröstliches Licht erschienen. Flackernd und scheu hatte es wie eines dieser Irrlichter gewirkt, die die Stadtmenschen in Laternen sperrten. Fi runzelte die Stirn, denn eigentümlicherweise musste sie ausgerechnet jetzt an das seltsame Bild des Jungen zurückdenken, den sie mit einer Irrlichtlaterne in der Hand im Nixenbrunnen gesehen hatte. Das Licht hatte sie derart mit Liebe und Hoffnung erfüllt, dass sie davon sogar wach geworden war. Sie war danach so aufgewühlt gewesen, dass sie nicht mehr hatte einschlafen können.
Fi griff nach den Zügeln, schnalzte mit der Zunge und Tandarins Wagen rollte an. Ob es ihr vielleicht bestimmt war, dieses Licht zu finden? Fi lauschte in sich. Schließlich lächelte sie. Denn sie fand die Antwort dort, wo es ihr die Feenkönigin einst prophezeit hatte – in ihrem Herzen.
Das Abenteuer geht weiter
in
Das unendliche Licht
ISBN 978-3-473-38382-5
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