Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
Vom Netzwerk:
möglich war. Hat das für den Zahnarzt gereicht? Für den Weisheit s zahn, den Sie sich haben ziehen lassen müssen?«
    Und Denny sagt: »Ich halt das nicht mehr aus!«
    Ein blindes, von oben bis unten mit Scheiße b e schmiertes Huhn, dem der halbe Kopf und die Flügel fehlen, stolpert gegen meine Stiefel; ich bücke mich, um es zu streicheln, und fühle dann, wie es unter dem Gefieder zittert. Es gluckt ganz leise, ein gurrendes Geräusch, das sich fast wie das Schnurren einer Katze anhört.
    Schön, etwas zu sehen, das noch erbärmlicher ist, als ich mich jetzt fühle.
    Dann ertappe ich mich mit einem Fingernagel im Mund. Kuhkacke. Hühnerscheiße.
    Siehe auch: Histoplasmose. Siehe auch: Bandwürmer.
    Ich sage: »Ja, das Geld.« Ich sage: »Vielen Dank.« Ich spucke aus. Spucke noch einmal aus. Und Reggie macht ein Foto von mir. Wieder so ein blöder Auge n blick, den irgendwer für die Ewigkeit festhalten muss.
    Und Denny sieht auf die Zeitung in seiner Hand und sagt: »Also, Mann, kann ich zu dir ins Haus deiner Mutter ziehen? Ja oder nein?«

20
    Der Mann, mit dem die Mutter um drei Uhr verabredet war, erschien mit einem gelben Badetuch, und an dem Finger, an dem der Ehering hätte stecken müssen, war nur der Abdruck davon zu sehen. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, versuchte er, ihr das Geld aufz u drängen. Fing an, die Hose auszuziehen. Er heiße J o nes, behauptete er. Vorname Mister.
    Wenn Männer zum ersten Mal zu ihr kamen, waren sie alle gleich. Sie sagte, das Geld kannst du mir später geben. Sei nicht so hektisch. Lass die Kleider an. Wir haben keine Eile.
    Sie erzählte ihm, in ihrem Terminkalender ständen schon so viele Leute mit Allerweltsnamen wie Jones, Smith oder White, er solle sich lieber einen besseren Decknamen ausdenken. Sie sagte, er solle sich auf die Couch legen. Die Jalousien runterlassen. Das Licht ausmachen.
    Damit konnte sie einen Haufen Geld verdienen. Es verstieß nicht gegen die Bewährungsauflagen, alle r dings nur, weil die Leute von der Bewährungskommi s sion keine Fantasie besaßen.
    Wenn der Mann auf der Couch lag, sagte sie: »Können wir anfangen?«
    Auch wenn einer behauptete, es gehe ihm nicht um Sex, sagte die Mutter, er solle ein Handtuch mitbri n gen. Man brachte ein Handtuch mit. Man bezahlte in bar. Man bat sie nicht, später eine Rechnung zu sch i cken oder die Sache mit einer Versicherung abzurec h nen, weil sie sich mit so was nicht abgeben wollte. Man zahlt bar, und dann meldet man seinen Anspruch an.
    Man hat nur fünfzig Minuten. Die Männer mussten wi s sen, was sie wollten.
    Soll heißen: die Frau, die Stellungen, die Requisiten, die Spielzeuge. Man durfte ihr nicht in letzter Minute mit was Ausgefallenem kommen.
    Sie sagte zu Mr. Jones: Leg dich hin. Schließ die A u gen.
    Lass die Anspannung aus deinem Gesicht fließen. Fang bei der Stirn an; mach sie ganz weich. Entspanne den Punkt zwischen deinen Augen. Stell dir vor, deine Stirn ist ganz glatt und entspannt. Dann die Muskeln um deine Augen, glatt und entspannt. Dann die Muskeln um deinen Mund. Glatt und entspannt.
    Sie wollten alle nur Sex, egal, was sie behaupteten. Ein bisschen abnehmen. Das Rauchen aufhören. Stress bewältigen. Sich das Nägelkauen abgewöhnen. Ihren Schluckauf loswerden. Das Trinken aufgeben. Unreine Haut behandeln. Alles nur Vorwände, weil sie keine Frau im Bett hatten. Egal, weswegen sie ange b lich aufkreuzten, alle bekamen sie hier Sex, und das Problem war gelöst.
    Ob die Mutter ein einfühlsames Genie oder eine Schlampe war – wer weiß das schon.
    Mit Sex kann man so ziemlich alles heilen.
    Sie war die beste Therapeutin der Branche, sozusagen eine Hure, die es nur mit deinem Kopf trieb. Es gefiel ihr nicht, so Knall auf Fall mit den Kunden zur Sache zu kommen, fest steht jedenfalls, dass sie nie vorg e habt hatte, auf diese Weise ihr Geld zu verdienen.
    Zu diesen Sexsitzungen war es durch einen Zufall g e kommen. Ein Kunde, der das Rauchen aufgeben wol l te, wollte sich von ihr an den Tag zurückversetzen lassen, an dem er als Elfjähriger den ersten Zug getan hatte. Damit er sich wieder erinnern konnte, wie schlecht ihm das geschmeckt hatte. Er wollte in die Zeit zurück, als er noch nicht angefangen hatte, um auf diese Weise aufzuhören. Das jedenfalls war die Absicht.
    Bei der zweiten Sitzung wollte der Kunde seinen Vater sehen, der an Lungenkrebs gestorben war, um mit ihm zu reden. Auch das ist noch ziemlich normal. Die Leute wollen andauernd irgendwelche

Weitere Kostenlose Bücher