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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Marshalls Augen ist das keine große Sache. So was machten wir täglich. Die Ungeborenen töten, um die Alten zu retten. Im goldenen Licht der Kapelle haucht sie mir ihre Gründe ins Ohr, fragt, ob wir nicht mit jedem Liter Benzin oder jedem Hektar Regenwald, den wir verbrennen, die Zukunft töteten, um die G e genwart zu retten?
    Das Pyramidenschema der sozialen Sicherheit.
    Ihre Brüste zwischen uns eingekeilt, hat sie gesagt: »Ich tue das, weil mir was an deiner Mutter liegt. Du könntest wenigstens deinen kleinen Teil dazu beitr a gen.«
    Ich habe nicht gefragt, was das sein soll, mein kleiner Teil.
    Und Denny sagt: »Also erzähl mir die Wahrheit über dich selbst:«
    Keine Ahnung. Ich hab ’ s einfach nicht gekonnt. Das mit dem Ficken.
    »Nein«, sagt Denny. »Ich meine, hast du das Tag e buch deiner Mutter inzwischen gelesen?«
    Nein, geht nicht. Diese verwickelte Sache mit dem Babytöten geht mir nicht aus dem Kopf.
    Denny sieht mir fest in die Augen und sagt: »Bist du vielleicht ein Cyborg? Ist das das große Geheimnis deiner Mutter?«
    »Was soll ich sein?«, sage ich.
    »Du weißt schon«, sagt er, »ein künstlicher Humano i de. Konstruiert mit einer begrenzten Lebensspanne, mit eingebauten falschen Kindheitserinnerungen, s o dass du dich für einen echten Menschen hältst, nur dass du schon bald sterben musst?«
    Und ich sehe Denny genauso fest an und sage: »Mann, hat dir meine Mutter etwa erzählt, dass ich ein Roboter bin?«
    »Steht das in ihrem Tagebuch?«, fragt Denny.
    Zwei Frauen nähern sich, die eine hält uns eine Kam e ra hin und sagt: »Wären Sie so freundlich?«
    »Lächeln«, sage ich und knipse sie vor dem Kuhstall. Und schon entschwinden sie mit einer weiteren ve r gänglichen Erinnerung, die fast verloren gegangen wäre. Einem weiteren versteinerten Augenblick für ihre Sammlung.
    »Nein, ich habe das Tagebuch noch nicht gelesen«, sage ich. »Ich habe Paige Marshall noch nicht gefickt. Solange ich das nicht getan habe, kann ich überhaupt nichts machen.«
    »Okay, okay«, sagt Denny. Er sagt: »Du bist also in Wirklichkeit nur ein Gehirn, das irgendwo in einer Schüssel schwimmt und mit Strom und Chemikalien dazu gebracht wird, sich einzubilden, es wäre lebe n dig?«
    »Nein«, sage ich. »Ich bin ganz bestimmt kein Gehirn. Darum geht es nicht.«
    »Okay«, sagt er. »Vielleicht bist du eine künstliche Intelligenz, ein Computerprogramm, das in einer s i mulierten Realität mit anderen Computerprogrammen kommuniziert.«
    Ich sage: »Und was bist du dann?«
    »Einer von den anderen Computern«, sagt Denny. Dann sagt er: »Ich versteh schon, Mann. Ich kann ja nicht mal das Wechselgeld für den Bus ausrechnen.«
    Denny kneift die Augen zusammen, legt den Kopf nach hinten, zieht eine Augenbraue hoch und sieht mich an. »Lass mich noch einmal raten«, sagt er.
    Er sagt: »Okay, ich stelle mir das so vor: Du bist Teil eines Experiments, und die ganze Welt, wie du sie kennst, ist bloß ein konstruiertes Gebilde, bevölkert mit Schauspielern, die alle Leute darstellen, die in de i nem Leben wichtig sind; und das Wetter, das sind a l les Spezialeffekte, der Himmel ist blau angestrichen, die Landschaft ist eine Kulisse. Richtig?«
    Ich sage: »Hä?«
    »Und ich bin in Wirklichkeit ein glänzend begabter und talentierter Schauspieler«, sagt Denny, »und tue nur so, als ob ich dein bescheuerter, masturbationssücht i ger bester Freund wäre.«
    Jemand knipst mich, als ich gerade die Zähne fletsche.
    Ich sehe Denny an und sage: »Mann, du bist doch kein Schauspieler.«
    Neben mir steht ein Tourist und grinst mich an. »Vi c tor«, sagt er. »Hier arbeiten Sie also.«
    Absolut schleierhaft, woher der mich kennt.
    Medizinstudium. College. Anderer Job. Oder irgendein Sexsüchtiger aus meiner Gruppe. Komisch. Sieht überhaupt nicht aus wie ein Sexsüchtiger, obwohl, e i gentlich sieht ja sowieso niemand so aus.
    »He, Maude«, sagt er und stupst seine Begleiterin an. »Das ist der Mann, von dem ich dir erzählt habe. Ich habe ihm das Leben gerettet.«
    Und die Frau sagt: »Du liebe Zeit. Dann stimmt die ganze Sache also?« Sie zieht den Kopf zwischen die Schultern und verdreht die Augen. »Reggie prahlt ständig von Ihnen. Und ich habe immer gedacht, er übertreibt.«
    »Ah, ja«, sage ich. »Doch, der gute Reg hier hat mir das Leben gerettet.«
    Und Denny sagt: »Tja, wer hat das nicht?«
    Reggie sagt: »Wie geht ’ s Ihnen denn jetzt so? Ich h a be Ihnen so viel Geld geschickt, wie mir

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