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Der Simulant

Der Simulant

Titel: Der Simulant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Zimmer. Und machte die Fenster auf.
    Sie sagte zu Mr. Jones: Lass die ganze Anspannung deines Körpers in die Zehen strömen, und dann lass sie ganz abfließen. Die ganze Spannung. Stell dir vor, dein ganzer Körper wird schlaff. Entspannt. Schwer. Entspannt. Sehr schwer. Entspannt. Leer. Entspannt.
    Atme mit dem Bauch, nicht mit der Brust. Einatmen, ausatmen.
    Einatmen, ausatmen.
    Einatmen.
    Und ausatmen. Ruhig und regelmäßig.
    Deine Beine sind müde und schwer. Deine Arme sind müde und schwer.
    In der Erinnerung des dummen kleinen Jungen hat die Mutter mit Haussäuberungen angefangen, allerdings nicht mit Besen und Staubsauger, sondern spirituell, als Exorzistin. Das Schwierigste dabei war, die Ve r antwortlichen bei den Gelben Seiten zu überreden, die Anzeige unter der Überschrift »Exorzismus« abzudr u cken. Man verbrennt Salbei. Man sagt das Vaterunser auf und geht umher. Man schlägt dabei vielleicht auch eine Trommel aus Ton. Man erklärt das Haus für g e reinigt. Mehr braucht man nicht zu tun, um an das Geld der Kunden zu kommen.
    Kalte Räume, üble Gerüche, unheimliche Gefühle – die meisten Leute brauchen keinen Exorzisten. Sie bra u chen einen neuen Heizkessel, einen Klempner oder einen Innenarchitekten. Was man selber denkt, spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass die Leute überzeugt sind, ein Problem zu haben. Die meisten dieser Aufträge kommen von Immobilienmaklern. Wir haben in dieser Stadt ein Gesetz, das die Offenlegung von Mängeln an Immobilien vorschreibt, und die Leute geben die bl ö desten Mängel zu, nicht nur Asbest und vergrabene Öltanks, sondern auch Gespenster und Poltergeister. Alle wollen sie ein aufregenderes Leben, als sie jemals eines haben werden. Hauskäufer, die schon fast so weit sind zu unterschreiben, verlangen noch eine let z te Sicherheit. Der Makler ruft an, man zieht seine kle i ne Show ab, verbrennt ein bisschen Salbei, und alle sind zufrieden.
    Die Leute kriegen, was sie haben wollen, und dazu noch eine Geschichte, die sie erzählen können. Ein Erlebnis.
    Dann kam Feng Shui, erinnert sich das Kind, und die Kunden verlangten nicht mehr nur einen Exorzismus, sondern wollten von der Mutter auch wissen, wo sie ihr Sofa hinstellen sollten. Die Kunden fragten, wo das Bett hinmüsse, damit es nicht in den Weg des von der Kante des Kleiderschranks strömenden Chi gerate. Wo sie Spiegel aufhängen sollten, um den Fluss des Chi von offenen Türen weg oder in die obere Etage zu le n ken. Solche Sachen musste die Mutter jetzt machen. Ein abgeschlossenes Englischstudium, und dann so was.
    Schon ihr Lebenslauf reicht als Beweis für die Reinka r nation.
    Mit Mr. Jones ist sie das Alphabet rückwärts durchg e gangen. Sie sagte: Du stehst auf einer grünen Wiese, die Wolken senken sich herab, sinken immer tiefer, legen sich auf dich, bis du ganz von dichtem Nebel umgeben bist. Dichter, leuchtender Nebel.
    Stell dir vor, du stehst in kühlem, hellem Nebel. Die Zukunft liegt rechts von dir. Die Vergangenheit links. Der Nebel ist kühl und feucht auf deiner Haut.
    Wende dich nach links und geh los.
    Stell dir vor, sagte sie zu Mr. Jones, vor dir im Nebel taucht eine Gestalt auf. Geh weiter. Du spürst, wie der Nebel sich hebt. Du spürst die Sonne hell und warm auf deinen Schultern.
    Die Gestalt rückt näher. Mit jedem Schritt wird sie deutlicher.
    Hier in deinem Kopf bist du völlig ungestört. Hier gibt es keinen Unterschied zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte. Hier holst du dir keine Kran k heiten. Oder Filzläuse. Hier brichst du kein Gesetz. Hier gibst du dich mit nichts Geringerem zufrieden als dem Besten, was du dir vorstellen kannst.
    Du kannst alles tun, was du dir vorstellen kannst.
    Zu jedem Kunden sagte sie: Einatmen, ausatmen.
    Du kannst jede haben. Überall.
    Einatmen. Ausatmen.
    Nach Feng Shui kam Channeling. Alte Götter, erleuc h tete Krieger, tote Haustiere – alles holte sie herbei. Vom Channeling kam sie zur Hypnose und zur Verse t zung in frühere Leben. Und dieses Letztere brachte ihr schließlich neun Kunden pro Tag, die jeder zweihu n dert Dollar pro Sitzung zahlten. Das Wartezimmer wurde niemals leer. Ehefrauen riefen an und keiften dem kleinen Jungen ins Ohr:
    »Ich weiß, dass er da ist. Ich weiß ja nicht, was er behauptet, aber er ist verheiratet.«
    Ehefrauen, die vor dem Haus im Auto saßen, die übers Autotelefon anriefen und sagten:
    »Glauben Sie nicht, ich wüsste nicht, was da oben vor sich geht. Ich bin ihm nachgefahren.«
    Es

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