Der Simulant
Zeichnung an.
Ich lege seinen Stein auf den Boden und setze mich.
Ich hab ’ s einfach satt, sage ich. Ich habe das Gefühl, die Frauen kommandieren mich alle nur herum. Erst meine Mutter, und jetzt Dr. Marshall. Dazwischen muss ich Nico und Leeza und Tanya bei Laune halten. Gwen, die sich nicht mal von mir vergewaltigen lassen wollte. Die denken alle immer nur an sich. Männer sind für sie was Rudimentäres. Nutzlos. Für die sind wir bloß noch so eine Art sexueller Blinddarm.
Nur noch der biologische Träger einer Erektion. Oder einer Brieftasche.
Von jetzt an, sage ich, gebe ich keinen Zentimeter mehr nach.
Ich trete in Streik.
Von jetzt an können Frauen sich selbst die Tür aufm a chen.
Sie können ihr Essen im Restaurant selbst bezahlen.
Ich helfe keiner mehr, ein schweres Sofa zu schle p pen.
Oder ein verklemmtes Marmeladenglas aufzumachen.
Und niemals mehr werde ich irgendeinen Toilettensitz runterklappen.
Verdammt, von jetzt an pinkle ich auf jede Klobrille.
Mit zwei Fingern mache ich der Kellnerin das internat i onale Zeichen für zwei. Noch zwei Bier, bitte.
Ich sage: »Wollen doch mal sehen, wie die Frauen ohne mich zurechtkommen. Wollen doch mal sehen, ob ihre kleine weibliche Welt dann nicht zusamme n bricht.«
Das warme Bier schmeckt nach Dennys Mund, seinen Zähnen und seinem Fettstift – trotzdem, so nötig habe ich jetzt einen Schluck Alkohol.
»Und«, sage ich, »auf einem untergehenden Schiff steige ich als Erster ins Rettungsboot.«
Wir brauchen die Frauen nicht. Es gibt genug andere Dinge auf der Welt, mit denen man Sex haben kann: Man braucht nur mal zu einer Therapiesitzung für Se x süchtige zu gehen und sich Notizen zu machen. In der Mikrowelle gegarte Wassermelonen. Der vibrierende Griff eines Rasenmähers, genau in Höhe des Scha m beins. Staubsauger und Sitzsäcke. Das Internet. Alle diese alten Sexfreaks, die sich beim Chat als sec h zehnjährige Mädchen ausgeben. Im Ernst, FBI-Rentner sind die schärfsten Miezen im Cyberspace.
Bitte, zeig mir irgendetwas in der Welt, das das ist, wofür man es hält.
Ich sage zu Denny, denn jetzt rede ich, ich sage: »Frauen brauchen keine Gleichberechtigung. Sie h a ben mehr Macht, wenn sie unterdrückt sind. Sie bra u chen die Männer als große feindliche Verschwörung. Ihre ganze Identität gründet sich darauf.«
Und Denny dreht den Kopf wie eine Eule und sieht mich an, er kneift die Augen unter den Brauen z u sammen und sagt: »Mann, jetzt drehst du aber völlig durch.«
»Nein, ich meine das ganz im Ernst«, sage ich.
Ich sage, den Kerl, der den Dildo erfunden hat, könnte ich glatt umbringen. Ist doch wahr.
In die Musik mischt sich Fliegeralarm. Eine neue Tä n zerin stolziert auf die Bühne, ihre Haut leuchtet rosa durch ein hauchdünnes Hemdchen, Busch und Brüste schon fast zum Greifen nahe.
Sie streift sich einen Träger von der Schulter. Sie lutscht an ihrem Zeigefinger. Der andere Träger rutscht herab, und jetzt sind es nur noch ihre Brüste, die das Hemdchen davon abhalten, auf den Boden zu gleiten.
Denny und ich starren sie an. Das Hemdchen fällt.
32
Ein Abschleppwagen des Automobilklubs fährt vor, die Empfangsschwester muss raus, um mit dem Fahrer zu sprechen, und ich sage, ja, natürlich passe ich so la n ge auf den Eingang auf.
Als ich heute vor dem St. Anthony ’ s aus dem Bus stieg, ist mir gleich aufgefallen, dass zwei der Reifen ihres Wagens platt waren. Beide Hinterräder ständen auf den Felgen, erklärte ich ihr und zwang mich, die ganze Zeit Augenkontakt zu halten.
Der Überwachungsmonitor zeigt den Speisesaal: alte Frauen beim Essen, Brei in verschiedenen Graustufen.
Die Abhöranlage ist auf eins gestellt, man hört Zah n arztmusik und irgendwo Wasser laufen.
Jetzt zeigt der Monitor das leere Bastelzimmer. Zehn Sekunden vergehen. Dann erscheint der Tagesraum, der Fernseher ist aus. Zehn Sekunden später die B ü cherei, ich sehe Paige, die meine Mutter im Rollstuhl an den Regalen mit zerlesenen alten Büchern vorbe i schiebt.
Ich schalte am Drehknopf der Abhöranlage herum, und auf Nummer sechs kann ich sie hören.
»Hätte ich doch nur den Mut, nicht immer alles b e kämpfen und bestreiten zu müssen«, sagt meine Mu t ter. Sie streckt die Hand aus und berührt einen Buc h rücken. »Könnte ich«, sagt sie gerade, »doch nur ein einziges Mal sagen: >Das hier. Das ist gut genug. Weil ich mich nämlich dafür entschieden habe.<«
Sie nimmt das Buch heraus, betrachtet den Umschlag und
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