Der Simulant
Hosenscheißer gi n gen einmal in einen Zoo. Dieser Zoo war so berühmt, dass er rundherum von riesigen Parkplätzen umgeben war. Man gelangte also mit dem Auto dorthin, und draußen stand eine lange Schlange von Kindern und Müttern, die alle mit ihrem Geld da rein wollten.
Das war nach dem falschen Alarm auf der Polizeiw a che, wo die Polizisten dem Jungen erlaubt hatten, a l lein zur Toilette zu gehen. Draußen wartete die Mutter im Auto und sagte: »Willst du mir helfen, die Tiere zu befreien?«
Es war das vierte oder fünfte Mal, dass die Mutter ihn zu sich zurückholte.
Es war die Sache, die später vor Gericht als »grob fahrlässige Beschädigung von städtischem Eigentum« bezeichnet wurde.
An diesem Tag hatte die Mutter ein Gesicht ähnlich dem mancher Hunde, denen die Lider an den Seiten so tief in die Augen hängen, dass sie ganz schläfrig au s sehen.
»Mist, wie ein Bernhardiner«, sagte sie, als sie sich im Rückspiegel betrachtete.
Sie trug ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift Unruh e stifter, das sie sich irgendwo besorgt hatte. Es war neu, aber an einem Ärmel klebte schon wieder etwas Nasenblut.
Die anderen Mütter und Kinder unterhielten sich alle.
Die Warterei in der Schlange wollte kein Ende ne h men.
Keine Polizisten in der Nähe, jedenfalls waren keine zu sehen.
Während sie warteten, sagte die Mutter, wenn du einmal als Erster in ein Flugzeug einsteigen willst und wenn du deinen Hund mit reinnehmen willst, nun, das ist beides kein Problem. Wenn ein Verrückter sein Tier auf dem Schoß halten will, müssen die Fluggesel l schaften das zulassen. Das sagt die Regierung.
Wieder so eine wichtige Information, an die man sich halten konnte.
Während sie in der Schlange standen, gab sie ihm ein paar Briefumschläge und Adressenetiketten, die er da draufkleben sollte. Dann gab sie ihm ein paar Gu t scheine und Briefe, die er falten und in die Umschläge stecken sollte.
»Du rufst einfach bei der Fluggesellschaft an«, sagte sie, »und erklärst, du müsstest dein >Trosttier< mit an Bord nehmen.«
So nennen die Fluggesellschaften das wirklich. Das kann ein Hund sein, ein Affe, ein Kaninchen, nur Ka t zen sind verboten. Dass Katzen irgendwen trösten könnten, kommt der Regierung wohl nicht in den Sinn.
Die Fluggesellschaft kann nicht von dir verlangen, zu beweisen, dass du verrückt bist, sagte die Mutter. Das wäre diskriminierend. Man verlangt von einem Blinden ja auch nicht, zu beweisen, dass er blind ist.
»Wenn du verrückt bist«, sagte sie, »ist es nicht deine Schuld, wie du aussiehst und was du tust.«
Auf den Gutscheinen stand: Gültig für ein Gratisessen im Clover Inn.
Sie sagte, Verrückte und Behinderte werden von den Fluggesellschaften bevorzugt behandelt, also kannst du mit deinem Affen vorn in der ersten Reihe sitzen, egal, wie viele Leute schon vor dir eingestiegen sind. Sie zog den Mund nach einer Seite und schniefte krä f tig durch das auf diese Weise erweiterte Nasenloch, dann zog sie den Mund nach der anderen Seite und schniefte noch einmal. Eine Hand hatte sie ständig an der Nase, befühlte sie, rieb sie. Kniff sich in die N a senspitze. Schnüffelte unter ihren glänzenden neuen Fingernägeln. Sie schaute in den Himmel und schniefte einen Tropfen Blut hoch. Verrückte, sagte sie, sind sehr einflussreich.
Sie gab ihm Briefmarken, die er lecken und auf die Umschläge kleben sollte.
Die Schlange bewegte sich langsam vorwärts, und am Schalter sagte die Mutter: »Könnte ich bitte ein T a schentuch haben?« Sie reichte die Briefumschläge hinein und sagte: »Würden Sie die bitte für uns ei n werfen?«
Im Zoo waren Tiere hinter Gittern, hinter dickem Pl e xiglas, hinter tiefen Wassergräben, und die meisten Tiere lagen einfach auf dem Boden herum und leckten sich zwischen den Hinterbeinen.
»Zustände sind das!«, sagte die Mutter viel zu laut. »Da gibt man einem wilden Tier einen hübschen sa u beren sicheren Platz zum Leben, man gibt ihm jede Menge gutes gesundes Essen«, sagte sie, »und das ist dann der Dank.«
Die anderen Mütter bückten sich, flüsterten ihren Ki n dern was ins Ohr und zerrten sie dann zu irgendwe l chen anderen Käfigen.
Vor ihren Augen holten sich Affen einen runter und spritzten ab, dickes weißes Zeug. Der Glibber lief an der Innenseite der Plastikscheibe runter. Älteres Zeug klebte auch schon da, zu einer dünnen, fast durchsic h tigen Schicht eingetrocknet.
»Da erspart man ihnen den Kampf ums Überleben, und dann machen
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