Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
Vom Netzwerk:
Stückwerk geblieben wäre, ein Spielzeug für Kinder.«
    »Und diese Konstanzkontrolle sollte nicht versagen, niemals, unter keinen Umständen.« Ich dachte an meine nächtliche Fahrt durch den Odenwald, an die Straße, die plötzlich aufhörte, doch Stefan Kurz hatte meine Bemerkung offenbar als Kritik an den Vorkommnissen um Frau Hauser aufgefasst, denn er beeilte sich zu versichern, er habe das Problem zwischenzeitlich gelöst und könne garantieren, dass sich ein solcher Zwischenfall nicht wiederholte.
    »Nein, Stefan, darauf wollte ich nicht hinaus. Stellen Sie sich vor, sie fahren nachts auf einer Landstraße, die plötzlich aufhört. Stellen Sie sich ein Bild vor, das nur halb gemalt ist, eine Grenze, hinter der das Nichts beginnt. Kann es so etwas geben?«
    »In einer Simulation?« Ich nickte. »Sicher, das kommt sogar recht häufig vor. Sie kennen das ja von Computerspielen: verpixelte Bilder, große Artefakte, teilschwarze Bildschirme...«
    »Und das alles gibt es auch im Simulator?« Obwohl ich mit Blinzles Konstanzkontrolle grundsätzlich vertraut war, ihre eigentliche Programmierung nahmen Kurz und sein Team vor. Ich selbst war für die Makroprogrammierung auf soziologischer und psychologischer Ebene zuständig.
    »Ja, natürlich, auch ein Simulator ist nicht vollkommen.«
    »Und wie geht es dann weiter?«
    »Na, ich würde sagen, nach wenigen Sekundenbruchteilen ist das Bild wieder da. Solange wie das System eben braucht, um die fehlenden Inhalte ein zweites Mal abzurufen.«
    »Und die Reaktionseinheit?«
    »Die merkt davon nichts.«
    »Sicher?«
    »Ja, natürlich, dafür sorgt die Konstanzkontrolle. Sie löscht die fehlerbehaftete Wahrnehmung und überschreibt sie mit der richtigen.«
    Das hatte ich mir bereits selbst gedacht. Offenbar versagte die Konstanzkontrolle des großen Simulators bei mir. Auch wenn ich keine Erklärung dafür hatte. Was war das Besondere an mir? Warum funktionierte ich nicht wie alle anderen?
    »Stefan, wie groß, denken Sie, ist der Bildschirm dort?« Ich zeigte auf die Wand mit dem Strand.
    »Na, ich würde sagen, zweimeterfünfzig mal drei Meter. Etwas in der Art.«
    »Und die Tür dort?« Ich zeigte auf die einzige Tür im Raum.
    »Das ist eine ganz normale Tür. Zwei Meter hoch und ein Meter breit.«
    »Meinen Sie, der Bildschirm passt durch diese Tür?«
    Er stutzte, dann hellte sich sein Gesicht auf. »Ja, genau, auch so was kommt gelegentlich vor, logische Ungereimtheiten, die das System nicht absehen konnte und die ad hoc gelöst werden müssen.«
    »Wie sieht eine solche Lösung aus?«
    »Ganz einfach, man baut eine zusätzliche Bedingung ein, die den logischen Widerspruch auflöst.«
    »Ich verstehe«, antwortete ich lächelnd. »Und wie ist der Bildschirm hier reingekommen?«
    Stefan Kurz dachte einen Augenblick nach. Dann grinste er. »Chef, ich glaube, Sie wollen mich auf den Arm nehmen. Haben Sie vergessen, dass die Wand mit der Tür nachträglich eingezogen wurde? Dieses Büro war zu Blinzles Zeiten noch Teil eines großen TriVid-Konferenzraumes.« Er stand auf und klopfte an die Wand. Sie klang hohl. »Sehen Sie? Dünne Platten, mehr nicht.«
    Ich ließ ihn gehen. Stefan Kurz war nicht die Kontakteinheit, das zumindest hatte mein eigenwilliges Verhör erbracht. Da war ich mir sicher. An einen Konferenzraum konnte ich mich allerdings nicht erinnern.
    Blieb noch Kerstin.
    Ich sagte laut: »Eine Verbindung mit Kerstin Klier«, und fügte unnötigerweise ein ‚bitte’ hinzu. Das Sinex-Hologramm erschien und kurze Zeit später auch Kerstins sorgfältig frisierter Kopf.
    »Hi, Marc, was kann ich für dich tun?« Heute konnte ich nichts Anzügliches aus ihrer Stimme heraushören.
    »Ich muss mit dir sprechen.« Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mir keine überzeugende Erklärung für meinen Anruf zurechtgelegt hatte.
    »Beruflich oder...?«
    »Über Kowalski«, sagte ich aufs geradewohl.
    Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Was...«
    Ich unterbrach sie. »Nicht jetzt, nicht über das interne Kom-System.«
    »Okay.« Sie überlegte. »Wollen wir uns später in der Stadt treffen?«
    In Erinnerung an die Blaue Lagune schüttelte ich den Kopf.
    »Dann bei mir? Auf einen Drink unter Freunden? Sagen wir um neun?« Ich nickte. Sie sagte: »Gut, dann bis später, ich freue mich.« Es klang nicht überzeugend.
    Den Rest des Tages blieb ich in meinem neuen Büro. Ich experimentierte mit dem TriVid-Schirm, probierte verschiedene Einstellungen und Programme aus. Nach einigem

Weitere Kostenlose Bücher