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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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mathematischen Formel.
    Es war Stefan Kurz, der mich aus meiner Kontemplation riss.
    »Chef, was wird hier eigentlich gespielt?«
    Ich sah ihn fragend an.
    »Die ganzen Neuen, die hier rumspringen. Fassbender, der den Chef mimt. Und Sie, hier.« Er breitete die Arme aus. »Ein schönes TriVid übrigens, was Sie da rausgesucht haben.«
    »Ja, wenn ich nicht wüsste, dass es eine Computeranimation ist, würde ich schwören, ich sei schon einmal da gewesen.« Ich stand auf und näherte mich der gläsernen Scheibe, die so intensiv leuchtete, als schiene tatsächlich die Sonne in den Raum. Ich suchte den Strand ab, dann winkte ich Kurz heran. »Sehen Sie diese Palme da? Dahinter ist ein Gehege, so eine Art Verschlag.«
    »Kann man nicht besonders gut erkennen, wenn Sie mich fragen.«
    »Schauen Sie mal genau hin. Da ist Holz, dunkles Holz. Eine Art Bretterwand.«
    »Hm, ja, was ist damit?«
    »Da werden Riesenschildkröten gehalten. Verletzte Tiere, meine ich, oder solche, die zu schwach sind, um wieder hinaus aufs Meer zu schwimmen.«
    Auf den Seychellen war ich vor Jahren gewesen, aber daran konnte ich mich genau erinnern. An den langen menschenleeren Strand, an die Palmen, die schräg ins Meer hinauswuchsen, an die Kokosnüsse, an die Schildkröten, die man mit etwas Glück aus dem Wasser kriechen sah. Ein einmaliges Paradies.
    Aber war ich tatsächlich dort gewesen? War diese Erinnerung echt oder nur eine gespeicherte Konserve der Simulation? Wie lange lebte ich schon? Aber was hieß schon leben. Vielleicht war ich erst vor wenigen Tagen oder Wochen aktiviert worden. Vielleicht erst nach Blinzles Tod. Alles, was ich davor erinnerte, mochte nur einem künstlichen Gedächtnisspeicher entstammen, einem Reservoir beliebiger Erinnerungen, die jedem hätten gehören können. Insofern konnte die Projektion in meinem neuen Büro identisch mit der Erinnerung an meinen Traumurlaub sein, konnte sogar identisch mit dem Strand sein, den ich mit Kerstin besucht hatte, den Strand in der Blauen Lagune .
    »Stefan, was ich Sie schon immer fragen wollte«, ich zog ihn von diesem seltsamen Fenster ins Nichts ein Stück in die Raummitte zurück. Ich zeigte auf einen der Stühle und setzte mich auf einen anderen. »Wenn wir die Wahrnehmung einer unserer Reaktionseinheiten mit unserer eigenen vergleichen, der Wahrnehmung der Wirklichkeit. « Es klang ein wenig ironisch, wie ich das Wort betonte, aber ich wollte ihn prüfen, schließlich konnte auch er die Kontakteinheit sein. »Wie würden Sie den Unterschied beschreiben? Gibt es überhaupt einen Unterschied?«
    Er sah mich nachdenklich an, vielleicht um zu sehen, wie ernst ich die Frage meinte. »Nun«, sagte er gedehnt, »diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.« Er rieb sich ein paar Mal die Nase. »Im Grunde nehmen die Reaktionseinheiten ja gar nicht wirklich wahr, jedenfalls nicht in der Art, dass irgendwelche Reize auf Sinnesorgane treffen, um dann zum Gehirn geleitet zu werden. Das wäre viel zu kompliziert. Die Wahrnehmung – und setzen wir dieses Wort in Anführungszeichen – entsteht direkt im Gehirn beziehungsweise in der Prozessoreinheit, die das Gehirn simuliert. Aber das wissen Sie ja selbst.«
    »Ja, aber ich frage mich, welche...«, ich suchte nach dem passenden Wort, »praktischen Auswirkungen das hat.«
    »Hm, das ist eine gute Frage.« Er dachte nach. »Unser Sinnesapparat ist eine große Reizverarbeitungsmaschine, die alle einströmenden Stimuli sortiert, klassifiziert, ordnet, gewichtet, filtert. Das geschieht in den Sinnesorganen, in den Nervenbahnen und schließlich im Gehirn. Am Ende erhalten wir ein kohärentes Abbild der Wirklichkeit. Naja, Abbild, es hat mit der Wirklichkeit vermutlich nicht allzu viel zu tun, aber es ist genau genug, dass wir uns orientieren können, dass wir uns sicher fühlen, dass wir glauben , wir sähen, hörten und spürten die wirkliche Welt da draußen.«
    Ich verstand, was er meinte, aber ich wollte es aus seinem eigenen Mund hören, wollte ihn beobachten, nach Anzeichen forschen, die ihn als Kontakteinheit entlarvten.
    »Das alles gibt es in einem Simulator nicht. Dort entsteht das Bild der vermeintlichen Wirklichkeit direkt im Prozessor, und dieses Bild ist natürlich unvollkommen. Selbst eine gute, eine hervorragende Simulation kann nicht alle Details berücksichtigen, alle Eventualitäten, alle möglichen Wechselwirkungen. Deshalb gibt es die Konstanzkontrolle, Blinzles geniale Idee, ohne die der Simulator nur

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