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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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unserer Schöpfer. Vielleicht waren es bösartige Götter.
    Nein, verbesserte ich mich. Wenn unsere Welt ein Simulator war, um Erkenntnisse für die höhere Wirklichkeit zu sammeln, dann mussten wir ihnen, wenn nicht Ebenbild, dann doch zumindest sehr ähnlich sein. Auch die Reaktionseinheiten in unserem eigenen Simulator hatten wir so geschaffen, dass sie uns in jedem kleinsten Detail entsprachen. Nur so konnten die Erkenntnisse übertragen werden, nur so machte eine Simulation Sinn.
    »Marc, schau mich an!« Ich weiß nicht, wie lange ich abwesend war. Vielleicht hatte sie mich etwas gefragt. Auf jeden Fall schien sie sehr besorgt. »Es wird alles wieder gut. Vertrau mir.«
    Ich nippte an meinem Tee. Samantha musste so schnell wie möglich verschwinden. Hier bei mir war sie in Gefahr, und helfen konnte sie mir nicht. Immerhin hatte sie einen Wagen, einen Mietwagen allem Anschein nach. Ein Umstand, der meine Neugier weckte, eigentlich meinen Argwohn. »Wie hast du so schnell hergefunden? Woher wusstest du von der Hütte?«
    Sie sah mich seltsam an. »Marc, ich war schon einmal hier. Hast du das vergessen?«
    War das möglich? Wann sollte das gewesen sein? Soweit ich mich erinnern konnte, war ich hier stets allein gewesen. Die Hütte war mein Allerheiligstes, das Privateste, was ich besaß. Nur mein Vater hatte hier Zutritt gehabt.
    »Erinnerst du dich nicht? Ich muss zwölf oder dreizehn gewesen sein. Ich war mit Papa hier. Fast eine Woche. Dort auf der Wiese haben wir Federball gespielt. Und wie oft sind wir auf den See hinausgerudert?!« Ihre Augen leuchteten jetzt. »Ich war sehr in dich verliebt damals.« Sie drückte meine Hand und lächelte.
    Plötzlich war alles wieder da. Die Bootsausflüge mit ihr und Blinzle, der fluchend ruderte und schwitzte, es sich aber dennoch nicht nehmen ließ, uns kreuz und quer über den See zu fahren. Vom Steg am Bootshaus waren wir ins Wasser gesprungen, waren darunter hindurch getaucht, um unbemerkt auf der anderen Seite aus dem Wasser zu steigen und ihn vor Lachen prustend zu erschrecken. Ja, eine wundervolle Woche, die mir viel bedeutet hatte.
    Eine Erinnerungskonserve, verbesserte ich mich. Denn vor zehn Jahren hatte es mich noch gar nicht gegeben. Wenn ich die Inselsimulation als Maßstab nahm, dann gab es mich gerade mal sechs Monate. Damals hatte man mich programmiert.
    Ich musste aufpassen, erkannte ich, ich durfte nicht sentimental werden. Die Erinnerungen waren trügerisch. Sie gaukelten mir etwas vor, was es nie gegeben hatte, eine falsche Wirklichkeit, die mich täuschen und einlullen wollte.
    »Ja«, erwiderte ich leise, »ich hatte es vergessen.«
    Sie schien ernsthaft enttäuscht. Aber das war nur folgerichtig. Sie hatte ja keinen Anlass, an die Echtheit ihrer eigenen Erinnerungen zu zweifeln.
    Lange versuchte ich sie davon zu überzeugen, den Wagen zu nehmen und wieder zurück nach Deutschland zu fahren. Hier konnte sie nichts für mich tun. Im Gegenteil, sie brachte sich und vielleicht auch mich in größere Gefahr. Es war nicht auszuschließen, dass jemand nach ihr suchte, dass jemand sie verfolgte.
    Doch sie blieb unerschütterlich. Ständig wiederholte sie, dass sie bliebe, was auch immer geschähe, dass sie für mich da wäre, dass sie mich nicht noch einmal gehen ließe, jetzt, wo sie mich wiedergefunden hätte.
    Wenn sie Zuversicht verbreiten wollte, gab sie Durchhalteparolen aus. Dann behauptete sie, alle unsere Probleme lösten sich in wenigen Tagen in Wohlgefallen auf und wir könnten endlich so zusammen sein, wie wir es schon immer gewollt hätten. Doch manchmal schien auch sie mutlos und resigniert. Einmal sagte sie: »Lass uns diese letzten Tage zusammen verbringen. Das Ende kommt von alleine und es kommt früh genug.«
    Auch ich war gespalten. Einerseits freute ich mich, dass sie da war, andererseits misstraute ich ihren Motiven. Nach ihrer Reprogrammierung war sie auf mich angesetzt worden. Kaum anzunehmen, dass sie ohne das Wissen der höheren Wirklichkeit hier war. Was wollte sie tatsächlich? Mit welchem Auftrag hatte man sie hierher geschickt? Fragen konnte ich sie natürlich nicht. Sie war nur Mittel zum Zweck in den Händen des großen Steuermannes.
    Den ganzen Tag über war ich unruhig. Über mir, über uns schwebte eine unsichtbare Bedrohung. Jederzeit konnte alles zu Ende sein. Und ich fühlte mich beobachtet. Mehr als einmal hatte ich das deutliche Gefühl, ein Fremder hätte sich in einer Empathieschaltung meiner Gedanken bemächtigt.

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