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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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passierte.
    Von der Alm, auf der meine Hütte stand, führte eine enge, kurvenreiche Straße hinunter zur ersten größeren Ortschaft. Ich kannte die Strecke gut und war sie bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit gefahren. Sie stellte keine besondere fahrerische Herausforderung dar, auch wenn sich manche Kurve gefährlich zuzog und die Bremsen durch das starke Gefälle mehr als üblich beansprucht wurden.
    Es war an einer dieser besonders heiklen Stellen, als ich zu einem wohldosierten Bremsmanöver ansetzte. Ohne jeden Widerstand ließ sich das Bremspedal durchtreten, so als sei der elektronische Mechanismus, der die Illusion aufrecht erhielt, es gebe eine mechanische Verbindung zwischen Pedal und Rad – ein Stahlsein, ein Gestänge, irgendetwas Stabiles – voll ständig ausgefallen. Denn natürlich wurden die Impulse rein elektronisch zur Bremse übertragen, und man hätte genauso gut auf einen Knopf drücken können, anstatt sich mit dem ganzen Körpergewicht auf einen metallenen Bügel zu stellen.
    Ungebremst schoss ich in die Kurve, spürte schon, wie das Heck des Wagens nach außen drängte, der massiven schweizerischen Leitplanke entgegen, als ich geistesgegenwärtig den Elektromotor des Hauptantriebs umpolte. Was man sonst nur zum Rückwärtsfahren brauchte, entfaltete eine deutliche Bremswirkung, brachte aber gleichzeitig die Vorderreifen so ins Rutschen, dass ich mit Wucht in die Fahrbahnbegrenzung krachte.
    Glücklicherweise hatte sich die Geschwindigkeit schon so weit verringert, dass ich unverletzt blieb. Das Auto war allerdings schrottreif. Das sah ich auf den ersten Blick, als ich noch etwas benommen ausstieg.
    Ohne weiter darüber nachzudenken, nahm ich meine Tasche und ging zu Fuß weiter. Bis man mein Fahrzeug fände und die Polizei alarmierte, würde es eine Weile dauern.
    Es war kalt, und der Wind blies immer noch kräftig. Dennoch erreichte ich ohne weitere Vorkommnisse die Ansiedlung. Dort nahm ich den Postbus, der mich zur Bahn brachte.
    Ich hatte mich spontan für Zürich entschieden. Der schweizerische Takt funktionierte noch immer einwandfrei, und so kam ich trotz Umsteigen schnell voran. Zwei Stunden später war ich in der Stadt.
    Auch die ehemalige Finanzmetropole war von der langen Wirtschaftsblockade gezeichnet. Erschienen die Fassaden der Häuser, die Fenster und Türen auf den ersten Blick auch so pompös wie eh und je, erkannte man, sah man genauer hin, die Zeichen des Verfalls: bröckelnder Putz, notdürftig mit Pappe abgedichtete Scheiben, geborstene Simse und Stufen. Viele Geschäfte waren geschlossen, verbarrikadiert, als habe man sie bereits vor Jahren aufgegeben.
    Auf der Suche nach einem einfachen Hotel ging ich zum See hinunter. Dort nahm ich mir ein Zimmer im Baur au Lac , einem drittklassigen Haus, das seine besten Zeiten schon lange hinter sich hatte. Aber es lag schön, und ein großer verwilderter Garten erstreckte sich bis zum Seeufer.
    Todmüde, aufgerieben von den Ereignissen dieses und der vorangegangenen Tage, ließ ich mich, angezogen wie ich war, aufs Bett fallen und schlief sofort ein.
    Als ich erwachte, war es bereits dunkel. Vermutlich hatte ich mehrere Stunden geschlafen. Etwas hatte mich geweckt, ein Geräusch, irgendetwas, was nicht hierher gehörte. Plötzlich hellwach, verkrampfte sich mein Körper. Ich spähte in die undurchdringliche Dunkelheit, horchte in den Raum hinaus, um dem verklungenen Geräusch nachzuspüren.
    Jemand war im Zimmer, das war gewiss. Langsam tastete ich nach dem Lichtschalter. Millimeterweise bewegte ich meine Hand, bis ich das Kabel berührte und den Knopf drückte. Eine altertümliche Energiesparlampe leuchtete auf, einen kümmerlichen Lichtkreis erzeugend. Genug Licht aber, dass ich sofort meinen ungebetenen Besucher erkannte.
    Samantha saß in dem kleinen Sessel neben dem Bett. Sie hatte die Beine übereinander geschlagen und schaute mich ausdruckslos an. Wer weiß, wie lange sie schon dasaß.
    Unwillkürlich schrie ich auf. Sie beugte sich zu mir vor, und ich setzte mich blitzschnell auf, rutschte nach hinten bis zur Wand. »Nein!« rief ich.
    Wenn man sie zurückgeschickt hatte, dann nur, um mich zu töten. Auszuschalten, auszulöschen oder wie immer sie sich ausgedrückt hätten.
    »Ich bin’s nur«, sagte sie leise, »erkennst du mich nicht?«
    »Ich weiß, wer du bist«, antwortete ich. Fieberhaft überlegte ich, was zu tun sei. War sie bewaffnet? Konnte ich noch fliehen?
    Sie stand auf und setzte sich aufs Bett. Ich

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