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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Finger in der Luft. »Ganz offensichtlich seid ihr kultiviert und gebildet, und die Makler in euren Diensten sind auch nicht dumm. Doch dieser konfuse Ehrenkodex, den ihr habt, treibt mich zum Wahnsinn. Ihr schneidet euch die Zehen ab, um die Füße zu ärgern, laßt lügende, faule oder einfach nur unfähige Leute in hohen Machtpositionen, nur weil sie in einem ehrenvollen Haus geboren sind, während bessere Männer an Arbeiten verschwendet werden, die geringe Anforderungen stellen und schlecht belohnt werden.« Er blieb plötzlich stehen, wirbelte herum und blickte Mara an. »Kein Wunder, daß dein Vater und dein Bruder getötet wurden! Wenn deine Leute ab und zu etwas logischer und gradliniger denken würden statt in diesem Gewirr aus Pflicht und Traditionen, könnte deine geliebte Familie noch leben.«
    Mara wurde bleich. Kevin bemerkte es nicht, sondern ereiferte sich weiter: »Und meine Leute aus dem Königreich wären nicht in solchen Nöten, wenn eure Generäle in der Lage wären, einen vernünftigen, logischen Krieg zu führen. Aber nein, mal preschen sie hier vor, verwüsten ohne jede Gnade dort eine Stadt, dann ziehen sie sich plötzlich ohne irgendeinen ersichtlichen Grund zurück, verschwinden einfach und verwüsten einen anderen Ort. Und dann hocken sie monatelang in ihrem Feldlager und tun gar nichts.«
    Mara bemühte sich verzweifelt, die Reste ihrer schwindenden Haltung aufrechtzuhalten. »Willst du damit sagen, daß meine Leute Narren sind?« Die Erinnerung an die Verschwörung der Minwanabi, durch die ihre Familie getötet worden war, erwachte in ihrem Kopf wieder zum Leben. Der Gedanke, daß das Schicksal möglicherweise Mittel bereitgehalten hatte, die sie heil nach Hause gebracht hätten, wenn sie nur nicht so auf die Einhaltung der tsuranischen Ehre konzentriert gewesen wären, bereitete ihr unerwartete Qualen. Obwohl der Verlust jetzt schon Jahre zurücklag, hielt die Trauer darüber immer noch an.
    Kevin holte Atem und wollte schon wieder zu neuen Tiraden ansetzen, als Mara ihn unterbrach. »Sag nichts mehr.« Ihre Stimme brach, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Als Tochter eines stolzen Hauses versuchte sie dagegen anzukämpfen, doch es war aussichtslos. Rasch wandte sie ihr Gesicht ab, um diese Schande zu verbergen, doch sie war nicht schnell genug.
    Kevin sah den Glanz in ihren Augen, und seine Wut verflog sofort. Er kniete sich vor sie hin und legte unbeholfen eine Hand auf ihre Schulter. »Mara«, sagte er mit einer Stimme, die vor Aufrichtigkeit plötzlich ganz heiser klang. »Ich habe dich nie verletzen wollen. Ich war wütend, ja, aber hauptsächlich, weil ich glaubte, es hätte dir mit mir gefallen, bevor du mich weggeschickt hast.« Er holte tief Luft und zuckte mit den Schultern. »Ich bin nur ein Mann, und wie die meisten mag ich es nicht, wenn ich herausfinde, daß ich mich geirrt habe.«
    »Du hast dich nicht geirrt.« Mara sprach leise, ohne ihren Kopf zu drehen. »Aber du hast mir angst gemacht. Viele deiner Gedanken sind förderlich, aber andere sind ein Affront gegen die Götter – gegen das, was ich glaube. Ich kann das Risiko nicht eingehen, daß die Acoma in den Boden gestampft werden, weil ich auf deine fremde ›Logik‹ gehört und mich dabei der Weisheit verschlossen und das göttliche Gesetz verschmäht habe.«
    Ihre Schultern wurden von einem tiefen Schluchzer geschüttelt, und Kevin wurde weich ums Herz. Hätte er sich die Zeit genommen und nachgedacht, er hätte sicherlich gezögert, doch es war nicht seine Gewohnheit, Gefühle zu analysieren. So nahm er die kleine, angespannte Gestalt einfach in seine Arme. »Mara«, sprach er weich in ihre Haare. »Manchmal interpretieren mächtige, gierige Männer die Gesetze des Himmels so, wie es ihnen paßt. Ich habe von deinen Landsleuten ein wenig über deine Götter gelernt. Eure Lashima ist unserer Kilian sehr ähnlich, und Kilian ist eine gütige und liebende Göttin. Glaubst du wirklich, daß Lashima in all ihrer Güte deine Hand verdorren läßt, wenn du Mitleid mit den Armen hast und ihnen ein paar Münzen gibst?«
    Mara zitterte in seinen Armen. »Ich weiß es nicht. Bitte sprich nicht weiter. Keyoke und Lujan führen unsere Krieger in einen Kampf gegen die Minwanabi, und zu einer solchen Zeit dürfen die Acoma die Wut der Götter nicht heraufbeschwören.«
    Seine Hände beruhigten sie, drehten sanft ihr Gesicht zu sich. Seine Schwielen fühlten sich rauh an, und seine Haut und seine Haare rochen nach

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