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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Zentralprovinzen auswendig, was geschehen war.
    Vielleicht hatten einige potentielle Bewerber von dem Vorfall gehört und entschieden, daß die hartnäckige Lady mehr Arger versprach, als ihr Reichtum und ihr Titel wert waren, vielleicht hielten auch anhaltende Vermutungen über Lord Buntokapis Ehrlosigkeit und Tod manche fern. Sicherlich wartete der Großteil der möglichen Bewerber einfach erst einmal ab, um zu sehen, ob Mara überhaupt noch längere Zeit überleben würde.
    Selbst von jemandem, der seine Interessen so offen zeigte wie Hokanu von den Shinzawai, konnte man nicht erwarten, daß er sich in Geduld übte, während Mara in ihren Narrheiten schwelgte. Jede Nacht, die Mara mit Kevin vertändelte, war eine Stunde weniger, in der sie einen Edlen unterhalten konnte. Nacoya warf mürrisch ihre Hände in die Luft und ließ ein angewidertes Geräusch hören. »Mylady, wenn Ihr ihn schon zurückholen müßt, bittet wenigstens die Kräuterfrau, Euch etwas Empfängnisverhütendes zuzubereiten. Körperentspannung ist etwas Gutes, aber nicht, wenn Ihr unglücklicherweise zufällig schwanger werdet.«
    »Hinaus!« Mara wurde erst knallrot, dann blaß, schließlich errötete sie wieder. »Ich rufe meinen Sklaven zurück, um ihn zu tadeln, nicht aus wilder Lust!«
    Nacoya verbeugte sich und trat so schnell, wie es ihre alten Knochen erlaubten, den Rückzug an. Draußen auf dem Flur stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Wofür wollte sie ihn denn tadeln? Für seine gute Arbeit und den angemessenen Respekt Höherrangigen gegenüber? Oder dafür, daß er mehr Arbeitskraft aus seinen barbarischen Landsleuten herausgeholt hatte als jeder andere? Mit einem Blick unendlicher Geduld ging Nacoya zum Gebäude der Bediensteten und sprach selbst mit der Kräuterfrau, damit noch vor dem Abend ein Elixir aus Teriko-Kraut in die Gemächer der Lady gebracht würde. Jetzt, da die Minwanabi es auf das Blut der Acoma abgesehen hatten, war das letzte, was die Familie der Acoma brauchte, um den Wahnsinn komplett zu machen, eine Herrscherin, die unter den Beschwerden einer Schwangerschaft litt.

    Der Nachmittag war zum großen Teil vorüber, als der erschöpfte Schreiber endlich mit Kevin vom hintersten Teil der Acoma-Güter zurückkehrte. Mara hatte vergessen, daß sie nicht ihren Läufer geschickt hatte, und ihre Stimmung hatte sich durch die Verzögerung nicht gebessert – und schon gar nicht durch die Erkenntnis, daß ihre Entscheidung von ihren Gefühlen umnebelt gewesen war. Sie war hungrig, aber zu verärgert, um etwas essen zu können, und so wartete sie in ihrem Arbeitszimmer, während ein Poet auf dem nackten Holzboden kniete und seit mehr als zwei Stunden Verse vortrug, denen sie kaum lauschte. Bei jedem Schritt, der vom Flur zu ihnen drang, brachte Mara den Mann mit einer wilden Handbewegung zum Schweigen. Und jedes Mal, wenn sich herausstellte, daß die Geräusche von Bediensteten stammten, übte sich der Poet in Geduld. Immerhin war die Lady seine Gönnerin, und er hatte es ihr zu verdanken, daß er seine Dichterexistenz nicht auf den Straßen von Sulan-Qu fristen und Verse für Vorbeiziehende schmieden mußte. Schließlich trafen die Erwarteten ein, und nach einer anmutigen Verbeugung zog er sich zurück. Mara war auf ihre Weise großzügig, und wenn er sich auch von ihrer Unaufmerksamkeit während des Nachmittages beleidigt fühlte, würde sie diese Unhöflichkeit später wiedergutmachen.
    Schwere, große Schritte neben ungleich schnelleren kündigten den langbeinigen Barbaren und den wesentlich kleineren Diener an, der emsig bemüht war, Schritt zu halten. Mara bat die beiden herein, bevor auch nur einer von ihnen klopfen konnte. Der Schreiber, völlig am Ende, schob den Laden auf und verkündete mit hochrotem Gesicht: »Lady … Kevin.«
    Mara war viel zu verwirrt, um etwas wie Reue empfinden zu können, und schickte ihn fort, damit er sich erholen konnte und sie allein mit dem Sklaven war. Als der Laden sich wieder schloß, sah sie Kevin an. Einen langen Augenblick sprach keiner von ihnen, dann forderte Mara ihn mit einer knappen Handbewegung auf, näher zu kommen.
    Kevin gehorchte. Seine Haut war gebräunt, und er hatte Sommersprossen auf der Nase, die einen verblüffenden Kontrast zu seinen blauen Augen bildeten. Die Sonne hatte seine Haare aufgehellt, und rotgolden schimmernde Locken fielen auf nackte Schultern, da er kein Hemd trug. Vom stundenlangen Graben mit der Arbeitsgruppe hatte er Schwielen an den Händen, und

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