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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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all seine Verwandten, und obwohl Mara wußte, daß sie sich auf die alte Frau verlassen konnte und das Protokoll perfekt eingehalten werden würde, war es sehr wahrscheinlich, daß die anderen Mitglieder des Haushalts noch einige Tage unter ihrer griesgrämigen Laune würden leiden müssen.
    »Euer Hadonra ist in der Küche und paßt auf, daß die Köche nur das beste Obst für die Erfrischungen verweden«, antwortete die frühere Amme kurz angebunden.
    Mara wölbte eine Augenbraue. »Er hat mehr von einer alten Frau als du. Den Köchen muß man doch nicht erklären, wie sie eine Mahlzeit zuzubereiten haben. Wenn es um die Ehre der Acoma geht, versuchen sie sogar noch mehr zu geben als ihr Bestes.«
    »Ich habe Jican befohlen aufzupassen«, flüsterte Nacoya. »Die Köche könnten nur zu leicht die Gelegenheit nutzen, einem Mitglied der Anasati etwas weniger Genießbares aufzutischen – ihre Vorstellung von Ehre ist nicht die gleiche wie Eure, meine Tochter.« Es stimmte, auch in der Küche hatte Buntokapi sich nicht gerade beliebt gemacht. Doch Mara behielt den Gedanken für sich, daß nicht einmal der Erste Koch der Acoma ihrem Haus Schande zufügen würde, indem er Jiro heimlich faules Obst unterschob – ganz egal, wie sehr er eine solche Tat auch genossen hätte.
    Mara sah Nacoya an und überlegte still, wie sehr sie ihr Hauspersonal bereits als Teil des Mobiliars betrachtete. Die Mitglieder ihres Haushalts hatten sich in einer Weise über Buntokapis Brutalität geärgert, die ihr niemals zu Bewußtsein gekommen war; jetzt erinnerte sie sich, wie hart er mit ihnen umgegangen war. Ihre Bediensteten mochten während Buntokapis Amtszeit sogar Schlimmeres durchgemacht haben als sie, und zu spät dachte Mara daran, ihnen ihr Mitgefühl auszusprechen. Wäre sie eines der Küchenmädchen gewesen – oder deren Bruder, Vater oder Geliebter – und in Buntos Bett gezerrt worden, würde auch sie möglicherweise versucht sein, seinem Bruder den Abfall zuzuschieben, der für die Jiga-Vögel beiseite gelegt worden war. Mara mußte bei der Vorstellung ein Lächeln unterdrücken. »Ich muß mehr auf die Gefühle meines Personals achten, Nacoya, wenn ich nicht in die gleiche Gedankenlosigkeit verfallen will wie Buntokapi.«
    Nacoya nickte nur. Die Zeit zum Reden war vorüber, da jetzt die rotgelb bemalte Sänfte und etliche Krieger in den Innenhof strömten. Mara tastete nach dem Armband aus Smaragden und Jade an ihrem Handgelenk und bemühte sich um eine angemessene Haltung, als die Ehrenwache der Anasati stehenblieb und jiros Träger die Sänfte vor der Tür absetzten.
    Im allerletzten Augenblick eilte Jican zu ihnen und nahm seinen Platz neben Nacoya und Tasido ein, der als dienstältester Befehlshaber der Acoma die Ehrenwache der Lady befehligte. Mara hätte es insgeheim vorgezogen, wenn Keyoke oder Lujan an seiner Stelle gewesen wären, und sie betrachtete die Soldaten der Anasati argwöhnisch mit zusammengekniffenen Augen. Sie standen nicht gelöst da, sondern behielten eine Haltung bei, die es ihnen erlaubte, notfalls sofort die Waffen zu ziehen. Mara hatte nichts anderes erwartet, und trotzdem war es kein angenehmes Gefühl, mit einem alten Offizier als Befehlshaber einer solch feindselig gestimmten und kampfbereiten Truppe gegenüberzustehen. Der alte Tasido hatte Arthritis und Grauen Star; in besseren Zeiten hätte er sich längst ehrenhaft zur Ruhe setzen können. Doch als Lord Sezu in der barbarischen Welt verraten und getötet worden war, hatten die Streitkräfte der Acoma zu viele Verluste erlitten, und so konnte Mara keinen einzigen ihrer Offiziere entbehren. Im nächsten oder übernächsten Jahr würde der alte Mann eine Hütte in der Nähe des Flusses erhalten, um dort seine letzten ihm verbleibenden Jahre in Frieden zu verleben. Doch heute brauchte sie sein Schwert.
    . Er war gut gekleidet seit ihrem Hochzeitstag vor beinahe vier Jahren nicht mehr gesehen. Mit neugierigen und vorsichtigen Blicken verfolgte sie den jungen Mann, der jetzt aus der Sänfte stieg. Er war gut gekleidet, doch nicht in dem grellen Stil, den sein Vater bevorzugte. Seine Robe war aus schwarzer Seide, nur die Säume waren sparsam mit roten Troddeln verziert. Der Gürtel war mit geschmackvollen Perlmutt-und emaillierten Einlegearbeiten versehen, und die Haare waren so kurz geschnitten wie bei einem Krieger. Er war größer als sein Bruder Buntokapi, auch schlanker und anmutiger. Die hohen Wangenknochen und der hochmütige Mund erinnerten

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